Die Absetzung der US-Late-Night-Show von und mit Jimmy Kimmel löste nicht nur in den USA eine Welle der Empörung aus. Andere befürworteten den Schritt des Senders, darunter US-Präsident Donald Trump. Nun kommt Kimmel doch sehr schnell zurück – zur Freude der Trump-Kritiker. Was bedeutet das? US-Experte Thomas Greven ordnet ein.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Rebecca Sawicki sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Und er kommt doch zurück. Jimmy Kimmel geht am Dienstag wieder auf Sendung. Das teilte der Disney-Konzern am Montag mit, dessen Tochter ABC Kimmels Show bisher ausgestrahlt hatte. Die Absetzung des Late-Night-Moderators war damit nur von kurzer Dauer – Trump-Kritiker sehen das als Triumph. Aber ist das wirklich so?

Thomas Greven jedenfalls teilt diese Einschätzung nicht. Greven forscht und lehrt als Privatdozent an der Freien Universität Berlin. Sein Schwerpunkt: US-Politik. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt er: "Die Repression und die Cancel Culture, die von der radikal-rechten Regierung ausgehen, sind damit nicht beendet." Vielmehr handele es sich um einen Zwischenstand. "Man klopft sich auf die Schulter, aber gewonnen ist nichts."

Kimmels Kritik an Trump-Administration kam dort nicht gut an

Der Kehrtwende von Disney vorangegangen war eine anhaltende Debatte über die Meinungs- und Pressefreiheit in den USA. Andere Late-Night-Hosts wie Jimmy Fallon oder Jon Stewart solidarisierten sich mit Kimmel. Zu Kimmels Absetzung kam es, nachdem dieser der US-Regierung von Präsident Donald Trump vorgeworfen hatte, die Ermordung des rechten Aktivisten Charlie Kirk politisch zu instrumentalisieren.

Trump und sein Umfeld machen die Rhetorik der "radikalen Linken" für das Attentat verantwortlich. Kirk war vor fast zwei Wochen erschossen worden, am Wochenende gab es eine große Gedenkfeier für den Trump-Anhänger. Dem mutmaßlichen Mörder einem 22-Jährigen droht die Todesstrafe.

Nach ersten Erkenntnissen handelte er allein. Über sein Motiv herrscht bislang keine abschließende Klarheit. Ermittler erklärten unter Berufung auf Angehörige und sichergestellte Textnachrichten, der junge Mann der aus einem konservativen Elternhaus stammen soll habe zuletzt eine linke politische Haltung eingenommen.

Der Mord an Kirk sei ein Attentat, das nun von der US-Regierung instrumentalisiert wird, sagt Greven. Für die Regierung Trump spielten die Hintergründe und Motivationen keine Rolle – stattdessen sei es eine gute Möglichkeit, die Linken pauschal zu Schuldigen zu erklären, "einschließlich der an Harmlosigkeit nicht zu überbietenden Demokraten". "Damit man sie weiter in der Öffentlichkeit diffamieren und verteufeln kann – und das funktioniert", sagt Greven.

Kimmel nach wenigen Tagen wieder auf Sendung

Nach einer Drohung der Trump-nahen Medienaufsichtsbehörde FCC mit einem Lizenz-Entzug für ABC verkündete der Sender daraufhin das Aus für Kimmels Show auf "unbestimmte Zeit". Trump jubilierte auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social: "Tolle Neuigkeiten für Amerika. Glückwunsch an ABC, dass sie endlich den Mut hatten, das zu tun, was getan werden musste", wird der Präsident etwa bei der "Tagesschau" zitiert. Am Ende sollte die "unbestimmte Zeit" nur wenige Tage andauern.

In der Zwischenzeit stand Disney unter Druck. Hollywoodstars protestieren, es wird zum Boykott aufgerufen. Disney-Plus-Abos sollten gekündigt, Freizeitparks nicht besucht und Merchandise-Artikel nicht gekauft werden. Am Montag dann rudert der Konzern zurück. "Wir haben die vergangenen Tage damit verbracht, intensive Gespräche mit Jimmy zu führen, und nach diesen Gesprächen haben wir beschlossen, die Show am Dienstag wiederaufzunehmen", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den Konzern.

Wie die "Bild" berichtet, gibt es bei den Absprachen allerdings ein dickes "Aber". Denn: Kimmels Show wird wohl nicht auf allen Sendern übertragen, wo sie bislang im Programm war. Der Grund: Der Moderator soll eine Entschuldigung verweigern.

Präsident Trump dürfte von den Entwicklungen nicht begeistert sein, sagt Greven. Denn: "Trotz des Drucks hinter den Kulissen hat es diesmal nicht geklappt, die Show komplett einzustellen." Der Forscher spricht in diesem Zusammenhang einen vergleichbaren Fall an. Die Sendung von Late-Night-Host Stephen Colbert beim Sender CBS wird im kommenden Frühjahr abgesetzt. Der Mutterkonzern steht laut "Tagesschau" vor einer Fusion und erklärt die Entscheidung mit wirtschaftlichen Gründen – doch auch hier wird vermutet, dass es hinter den Kulissen Druck gegeben hat.

Was Disney letztlich wirklich dazu bewogen hat, Kimmel zurückzuholen, kann Greven auch nicht mit Sicherheit sagen. Vorstellen kann er sich aber durchaus, dass das Unternehmen auf die Boykottaufrufe und den Druck der Öffentlichkeit reagiert hat.

Trump: Negative Berichte über ihn sind "Betrug"

US-Präsident Donald Trump unterstellt den Medien, dass die überwiegend negative Berichterstattung über ihn, betrügerische Absichten habe.

Meinungs- und Pressefreiheit in den USA unter Druck

Doch ist mit der Kehrtwende von Disney alles wieder gut in Sachen Meinungsfreiheit in den USA? Der Fall Kimmel nur ein kleiner Schluckauf im System?

Nein, ist US-Experte Greven überzeugt. Dass Kimmel nun trotz der Einmischung der FCC zurückkommt, sei eine "Schlappe" für die Regierung. "Trump wird sicherlich wütend sein, aber das wird ihn nicht stoppen. Er hat in den vergangenen Jahren immer wieder von einer Hexenjagd gegen sich gesprochen – und davon, dass er, wenn er regiert, seine Feinde verfolgen will. Das wird trotz dieser Schlappe weitergehen."

Präsident Trump feiert nicht nur die Absetzung von kritischen Late-Night-Hosts. Er bringt die Presse- und Meinungsfreiheit auch anderswo in die Bredouille.

Und der Präsident hat es offenbar auch auf Print-Medien abgesehen, er wollte etwa die "New York Times" auf eine Milliardensumme verklagen. Auf Truth Social schrieb er dazu: Das Blatt sei "eine der schlechtesten und verkommensten Zeitungen in der Geschichte unseres Landes", sie sei "zu einem regelrechten 'Sprachrohr' der radikalen linken Demokratischen Partei geworden".

Die Zeitung reagierte deutlich: "Die 'New York Times' wird sich von Einschüchterungstaktiken nicht abschrecken lassen."

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US-Experte Greven: "Die Zeichen stehen weiterhin auf Sturm"

Laut des US-Experten Thomas Greven hört die Repression nicht bei der Pressefreiheit auf. "Ganz klar werden hier Schritte unternommen, um das Land in eine Autokratie zu verwandeln." Dabei werde nicht nur auf Sender und Zeitungen Druck ausgeübt, sondern auch auf die Zivilgesellschaft, Universitäten und die Opposition.

"Der Prozess ist im Gange, mit aller Wucht, und darüber sollte man sich nicht täuschen lassen. Wenn man jetzt so ein zwischenzeitliches Ergebnis auch feiern mag, die Zeichen stehen weiterhin auf Sturm."

Verwendete Quellen