Sie waren ein konservatives Traumpaar: Doch nun verklagt Donald Trump seinen einstigen Verbündeten, Fox-News-Chef Rupert Murdoch. Wie kam es zu dem Bruch? Ein Experte erklärt, wie dies das Ende einer politischen Partnerschaft sein und das konservative Amerika spalten könnte.
Ist es das Ende einer Allianz?
Noch pikanter: Das Blatt gehört zum Medienimperium von
Herr Kamps, erleben wir gerade das Ende einer konservativen Allianz zwischen Donald Trump und Rupert Murdoch?
Klaus Kamps: Allianz klingt mir zu kriegerisch. Es ist eher eine Partnerschaft, in der man ähnliche Ziele verfolgt. Man sieht die Überschneidungen bei gemeinsamen Interessen. Beide brauchen das rechtskonservative Amerika – der eine als Wahlvolk, der andere als Publikum für seine Medien.
Ist diese Partnerschaft nun am Ende?
Sie zu hat zumindest erneut einen Knacks bekommen. Das gab es in der Vergangenheit mehrfach, wenn etwas Trump-Kritisches auf Fox News lief – was tatsächlich gelegentlich vorkam. Neu ist die Qualität dessen, was das "Wall Street Journal" veröffentlicht hat. Das scheint sehr tief an Trump zu nagen.
Wie muss man sich die persönliche Ebene zwischen Trump und Murdoch vorstellen? Kennen und schätzen sie sich?
Murdoch hält von Trump offenbar relativ wenig. Jedenfalls behaupten Insiderberichte über viele Jahre schon, dass Murdoch Trump eher als nützlichen Partner sieht und als Person keinesfalls schätzt.
Mussten die Journalisten des "Wall Street Journals", die diesen Artikel veröffentlicht haben, bei Murdoch oder jemandem, der ihm nahesteht, anrufen, um grünes Licht dafür zu bekommen?
Man kann sich kaum vorstellen, dass so eine Veröffentlichung ohne Absprache mit einer Hierarchie-Ebene über der Chefredaktion passiert. Es könnte natürlich auch schlicht ein Fehler gewesen sein, oder aber das "Wall Street Journal" wollte nur einmal eine gewisse Unabhängigkeit signalisieren. Das bleibt spekulativ.
Was wäre, wenn Fox News über den schlüpfrigen Brief berichtet hätte, den Trump offenbar 2003 als Geburtsgruß dem 2019 verstorbenen pädophilen Milliardär Jeffrey Epstein schickte?
Das wäre der größte denkbare Eklat gewesen. So wirkt es eher wie eine Seitentür, als ob das als Test wäre, um zu sehen, was passiert.
Murdoch ist 94 Jahre alt und hat sich vor zwei Jahren offiziell zurückgezogen. Ist er noch derjenige, der solche Entscheidungen trifft, ob so ein Brief veröffentlicht wird und wo?
Ich bin mir nicht sicher, ob er davon wusste. Vielleicht war einer seiner Söhne informiert, der die Geschäfte mit führt. Vielleicht hat man auch schlicht unterschätzt, welche Reaktionen aus dem Weißen Haus darauf kommen würden. Wie gesagt: Das bleibt spekulativ.
Gibt es eine Strategie des Murdoch-Lagers, sich nun gegen Trump zu wenden?
Nein, ich habe zumindest nichts gefunden, was auf eine solche Strategie hinweist. Die Murdoch-Familie und ihr Management sehen Politik nicht unbedingt ideologisch, sondern als Notwendigkeit, Profit zu machen. Es könnte aber ein Versuch sein, sich von Trump zu lösen.
Rupert Murdoch kennen hierzulande viele nur als Gründer von Fox News oder Besitzer von Sky Deutschland. Aber er hatte über Jahrzehnte international Erfolg, mit Zeitungen und Fernsehsendern im konservativen Lager, mit sensationeller Berichterstattung. Treiben ihn dabei persönliche Ansichten oder hat er nur erkannt, wo Geschäfts-Möglichkeiten liegen?
So wie ich ihn einschätze, ist er tatsächlich ein konservativer Mensch, aber nicht unbedingt ein ideologischer Erzkonservativer. Da überwiegt wohl sein Geschäftssinn. Er hat erkannt, dass es im Geschäftsfeld der Medien Nachfrage nach solchen Inhalten gibt und diese Lücke konsequent besetzt.
Hat sich dieses Modell von Fox News aus seiner Sicht denn wirtschaftlich bewährt? Also dieser Kurs, dass man extrem mit einer Partei und der einen Hälfte Amerikas verschmilzt?
Ja, das betreibt man mittlerweile seit mehreren Jahrzehnten. Fox News hat sich spätestens während der Obama-Regierung sehr stark in die Opposition begeben und sich selbst als politischen Akteur positioniert, nicht nur als Journalismus. Diese Ausrichtung hat sich als Erfolgsmodell erwiesen.
Wäre es Fox News überhaupt noch möglich, Politik und Programm gegen Trump zu machen?
Man könnte sagen, dass Fox News in einer Art Zwangsehe mit Trump ist. Sie sind nicht unbedingt ideologisch auf einer Linie, aber sie ziehen das durch, weil es eben ihr Geschäft ist.
Könnte der aktuelle Skandal ein Weg sein, aus dieser ungelebten Ehe herauszukommen?
Möglicherweise. Fox News berichtete kaum über den Brief. Aber viele im Sender hätten wohl nichts gegen eine andere republikanische Regierung, eine andere Person, einen anderen Stil als Trumps.
Trump zeigt ohnehin Tendenzen, die klassischen Medien links liegenzulassen und sich auf Podcasts und Influencer zu stützen. Ist das für einen Sender wie Fox News problematisch?
Ja, Fox News erlebt seit Jahren einen Bedeutungsverlust. Sie haben zwar immer noch ein gewisses Niveau, aber dieser Verlust reicht aus, um gelegentlich Panik auszulösen, so wie etwa nach der Wahl 2020.
"Es ist interessant, dass ausgerechnet das Trump-Lager Desinformation beklagt. So als würde die Nacht schreien: Hier ist es ja dunkel."
Warum führt eine vermeintliche Kleinigkeit wie ein Geburtstagsgruß zu dieser Eskalation?
Das ist in der Tat merkwürdig. Es zeigt, dass die Beziehung zwischen Trump und dem Murdoch-Lager sehr angespannt ist. Trump droht mit Klagen und fordert Loyalität auf eine Art und Weise ein, die nicht immer rational erscheint – und weniger strategisch.
Worum geht es inhaltlich in dem Prozess? Wird es am Ende mit einem teuren Vergleich enden, so wie bei vielen Medienkonzernen in den USA, die sich Trumps Willen gebeugt haben?
Für derartige Diffamierungsklagen müsste die Trump-Seite nachweisen, dass in böswilliger Absicht Unwahrheiten verbreitet wurden. Das ist schwierig. Aber es ist interessant, dass ausgerechnet das Trump-Lager Desinformation beklagt. So als würde die Nacht schreien: Hier ist es ja dunkel.
Gibt Murdoch klein bei oder sagt er: Ich bin so alt und so reich, das kann ich durchziehen?
Ich weiß nicht, wie sehr Rupert Murdoch als Person noch involviert ist. Die Summe ist interessant, eine völlige Fantasiesumme von 10 Milliarden, die Trump verlangt. Sie soll wohl signalisieren: Der Präsident ist ziemlich beleidigt. Und dass es dann an die Existenz gehen kann.
Sind 10 Milliarden Dollar Schadensersatz viel für Unternehmen wie die Murdoch-Gruppe?
Sie würden das überleben, aber schon richtig schlucken müssen.
Wirkt das alles so wenig rational, weil es hier um die Egos zweier alter Machtmänner geht?
Empfehlungen der Redaktion
Wahrscheinlich wird auf dieser Ebene häufig weniger strategisch gedacht, als wir es von außen unterstellen. Vielleicht passieren solche Dinge einfach ohne Kalkül, weshalb das alles in der Betrachtung auch so spekulativ bleiben muss.
Zum Experten:
- Prof. Dr. Klaus Kamps ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Öffentlichkeit, Politische Kommunikation und Medienpolitik in den USA.