Der Untersuchungsausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" ist am Dienstag im Chaos versunken.

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Die von der ÖVP forcierte Thematisierung der Grazer FPÖ-Finanzcausa im Untersuchungsausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" ist am Dienstag über weite Strecken wirr und chaotisch verlaufen. Mühten sich doch die Abgeordneten ab, einen Bezug zum Untersuchungsgegenstand herzustellen, was jedoch nur selten gelang. Verfahrensrichter Wolfgang Höller hatte zuvor vor beliebigen Fragen gewarnt und pochte darauf, den Bezug zum Thema herzustellen.

Alexis Pascuttini, ein ausgeschlossener Grazer FPÖ-Gemeinderat, der einen eigenen Klub gegründet hatte, war von der ÖVP eingeladen worden, die unbedingt die Grazer Affäre im U-Ausschuss thematisieren will - auch wenn diese thematisch nicht hineinpasst. Die Auskunftsperson hatte nach dem Rauswurf aus der Partei einen eigenen "korruptionsfreien" Klub gegründet und bereits bei einer Pressekonferenz im Vorfeld angekündigt, alle Fragen beantworten zu wollen.

Kritik an Pascuttinis Befragung

Bereits vor Pascuttinis Stellungnahme hatte die FPÖ dessen Befragung kritisiert. Fraktionsführer Christian Hafenecker stellte in den Raum, dass auch dessen Vertrauensperson von der ÖVP finanziert worden sein könnte. Mit einem Antrag auf Ausschluss des Anwalts blieb er aber alleine. Das anschließende einleitende Statement Pascuttinis strotzte vor Mutmaßungen und strafrechtlichen Vorwürfen, was den Verfahrensanwalt sogar dazu zwang, den Politiker auf dessen strafrechtliche Verantwortung hinzuweisen.

Noch deutlicher wurde vor Beginn der Befragung der Verfahrensrichter. Er machte darauf aufmerksam, dass die Finanzcausa der Grazer FPÖ den Untersuchungsgegenstand verfehle, da sie nicht die Bundesvollziehung betrifft. Dies könne dazu führen, dass theoretisch ein gesamter Untersuchungsausschuss nicht zum vereinbarten Gegenstand geführt werden könne und der Ausschuss damit ein "beliebiger" werde. Vorsitzender Wolfgang Gerstl (ÖVP) kündigte schließlich an, die Zulässigkeit jeder Frage zu prüfen.

Wirre Fragen und Ablenkungsmanöver

Das passierte dann auch im weiteren Verlauf. Die Fraktionen scheiterten aber großteils am Untersuchungsgegenstand und am Verfahrensrichter. Wenn eine Frage doch zulässig war, wie die Wahrnehmungen zur Werbeagentur Ideenschmiede und deren Nachfolgeragentur Signs, fielen die Antworten knapp aus. Zu Signs habe er keine Wahrnehmungen, auch sei Signs in der Buchhaltung, die ihm übergeben worden sei, nicht aufgetaucht.

Im Gegensatz dazu schweifte Pascuttini bei seinen Stellungnahmen zur Grazer Finanzcausa wiederholt aus. Dabei zitierte er bisweilen aus Medienberichten oder fasste die Ermittlungsschritte zusammen, in die er zum Teil als Zeuge involviert war. Außerdem warf er seiner Ex-Partei erneut Einschüchterungsversuche vor, die die FPÖ-Vertreter im Ausschuss vehement zurückwiesen.

Kickl zieht Wanderung Befragung vor

Verärgert waren zuvor alle Fraktionen außer der FPÖ, dass der freiheitliche Parteichef Herbert Kickl, der bereits einmal geladen war, für seine zweite Befragung mit Verweis auf eine Bergtour abgewunken hatte. Eva-Maria Holzleitner von der SPÖ bedauerte die Absage von Kickl und dessen ehemaligem Geschäftspartner in der Werbeagentur Ideenschmiede, Thomas Sila, sehr: "Wir hätten sehr viele Fragen an die beiden gehabt, die nach der ersten Befragung von Kickl offen geblieben sind." Etwa zu Treuhandverträgen zwischen den beiden, aber auch dazu, welche Gelder Kickl zusätzlich zu seinem Abgeordnetengehalt bezogen und nicht gemeldet habe.

Auch die NEOS orteten ein "skandalöses Vorgehen" im Nichterscheinen Kickls. Es sei desen Bürgerpflicht und keine "Spaßveranstaltung". Es gebe viele Entschuldigungsgründe, Bergsteigen sei jedenfalls keiner davon. Die grüne Fraktionsführerin, Meri Disoski, will überhaupt höhere Beugestrafen bei Nichterscheinen. Die Grünen werden diesbezüglich an die anderen Fraktionen herantreten.

Hanger nennt Kickl "Feigling der Nation"

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger zeigte "Verständnis" für die Absage Kickls angesichts der "Skandalserie, mit der die FPÖ konfrontiert ist". Es sei jedoch ein "demokratiepolitischer Skandal" und Kickl der "Feigling der Nation", so die abermalige Kritik von Hanger. Hanger schlug wie auch Yannick Shetty (NEOS), Disoski und Holzleitner zuvor vor, Kickl für den Reservetag am 23. Mai zu laden. Dafür brauche es aber Einhelligkeit unter allen Fraktionen.

Diesbezüglich winkte sogleich FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker ab. Kickl sei bereits einmal erschienen und habe auch Fragen beantwortet, die nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst gewesen seien. Die Statements zuvor kritisierte er als "Panoptikum". Zudem erinnerte er daran, dass Investor Rene Benko, Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer oder die Unternehmer Stefan Pierer und Siegfried Wolf im Gegensatz zu Kickl gar nicht erschienen sind.

Nach Pascuttini wird Reinhard Teufel befragt, der einst Kickls Kabinettschef im Innenministerium war. Er ist mittlerweile Klubchef im niederösterreichischen Landtag, wo die Freiheitlichen in einer Koalition mit der ÖVP sind. Teufel hatte bereits für den ersten U-Ausschuss-Tag zugesagt, war dann von der ÖVP aber wieder aus- und später wieder eingeladen worden. (SDA/lag)

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