"Grillen ist definitiv in einem neuen Zeitalter angekommen", sagt Johann Lafer. Während viele Menschen am Vatertag "angrillen", nutzt der Spitzenkoch den Grill längst ganzjährig als "vollständiges Ersatzgerät für die Küche". Wir haben ihn gefragt, welche Lebensmittel auf den Grill gehören und wie das perfekte Steak gelingt.
Die Zeiten, in denen ausschließlich Würstchen, Steaks und Bauchfleisch auf dem Grill gelandet sind, gehören der Vergangenheit an. Unabhängig vom Grillgut empfiehlt
Im Interview mit unserer Redaktion gibt der Österreicher Tipps für die Grillsaison und nennt die Vorteile des indirekten Grillens. Zudem erklärt Lafer, welche Fehler beim Grillen unbedingt vermieden werden sollten.
Herr Lafer, die Grillsaison ist eröffnet. Wie hat sich die Grillkultur in den vergangenen Jahren verändert?
Johann Lafer: Grillen ist definitiv in einem Zeitalter angekommen, das mit der Vergangenheit nichts mehr zu tun hat. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich mich vor fast 20 Jahren bei einer Messe in Karlsruhe mal mit Händen und Füßen dagegen wehrte, etwas zu grillen. Das hatte etwas mit meinen Kindheitserfahrungen zu tun. Ich lebte in der Steiermark. Und wenn wir damals grillen wollten, dann zündete mein Vater den Grill immer mit seinem Moped-Benzin an. Ich konnte das Zeug nicht essen, weil alles nach Auspuff schmeckte (lacht).
Wenn Männer damals grillten, dann ließen sie das Fleisch außen verkokeln und schütteten obendrein noch Bier darüber. Das hilft aber nicht dem Grillgut, sondern nur der Brauerei. Heute weiß ich, dass Grillen für die Aromen und das besondere Garen entscheidend ist.
Wie gelingt das perfekte Steak auf dem Grill?
Zunächst einmal muss man wissen, dass ein gegrilltes Fleisch, zum Beispiel Rindfleisch, in der Mitte 55 Grad haben muss – wenn es schön medium sein soll. Nun legt man das Fleisch aber auf einen Grill, der ungefähr 200 Grad heiß ist. Durch diese extreme Hitze wird das Fleisch zwar außen sofort braun, innen bleibt es aber weitestgehend roh. Horst Lichter würde sagen: "Da kannst du die Kuh auch gleich in den Arsch beißen." Das Fleisch muss also gleichmäßig garen. Da man die Temperatur auf einem Holzkohlegrill aber nicht so gut steuern kann wie auf einem Gas- oder Elektrogrill, ist es sehr wichtig, das Steak vorzuwärmen.
Auf welche Weise?
Es gibt mehrere Möglichkeiten. Zum Beispiel kann das Fleisch anderthalb Stunden in einem Sous-Vide-Beutel bei 60 Grad ins Wasserbad gelegt werden. Für eine Zubereitung im Backofen gilt dieselbe Temperatur. Eine Alternative ist das sogenannte indirekte Grillen. Möchte man das Grillgut auf einem Holzkohlegrill vorwärmen, muss die Kohle komplett zur Seite geschoben werden, damit das Fleisch außen nicht sofort bräunen kann. Das vorgewärmte Fleisch braucht man danach nur noch je zwei Minuten bei direkter Hitze (Glut unten drunter) auf beiden Seiten grillen. Da darf der Grill auch schön heiß sein, damit diese karamellig-nussigen Röstaromen zum Vorschein kommen.
Wann wird das Fleisch gewürzt?
Beim Grillvorgang würde ich auf keinen Fall salzen und pfeffern, weil Pfeffer schnell verbrennt und dann bitter schmeckt. Daher sollte man das Steak komplett nackt wie beschrieben grillen. Ich empfehle, erst danach ein gutes Oliven- oder Nussöl leicht über die Oberfläche zu pinseln. Streut man dann die Gewürze darüber, bleiben sie haften.
Rezept zum Nachkochen
Zudem ist es wichtig, das Fleisch nach dem Grillen mindestens fünf bis zehn Minuten ruhen zu lassen. Würde man es sofort auf dem Brett schneiden, würde der Fleischsaft, der ja auch ein Aroma-Träger ist, auslaufen. Lässt man das Fleisch aber ruhen, hat man beim Anschnitt eine gleichmäßige Farbe. In der Mitte muss es von oben nach unten gleichmäßig rosa sein. Grundsätzlich sollte man beim Grillen immer von Innen nach Außen denken.
Sind Sie "Team trocken" oder "Team flüssig", was die Marinade angeht?
Ich rate zur Trockenmarinade. Einfach verschiedene Gewürze mörsern und diese im Anschluss in das Fleisch einreiben. Es ist empfehlenswert, das gewürzte Steak in einem Vakuumbeutel zu verschließen und diesen für einen Tag in den Kühlschrank zu legen, damit die Aromen eindringen können. Es nützt nichts, die Gewürze erst kurz vor dem Grillen über das Fleisch zu streuen.
Von Feuchtmarinaden halte ich nichts, weil diese auf die Holzkohle tropfen. Wenn das passiert, brennt der Grill. Und das ist der größte Fehler, den man beim Grillen machen kann. Wer mit Feuchtmarinaden oder Joghurt arbeiten möchte, sollte Grillschalen verwenden.
Welche Lebensmittel sind zum Grillen geeignet, nur weiß es längst nicht jeder?
Der Grill ist ein vollständiges Ersatzgerät für die Küche, auf dem man von einem Kuchen über eine Pinsa bis hin zu grünem Spargel nahezu alles zubereiten kann. Ich habe sogar schon Soufflés und das Huhn auf der Bierdose auf einem Grill zubereitet. Auch vegetarische oder vegane Lebensmittel eignen sich hervorragend – zum Beispiel ein Grüner-Spargel-Salat mit Erdbeeren und einem Limonendressing. Ich persönlich lege auch gerne Auberginenscheiben direkt aufs Rost. Nach dem Grillen träufele ich dann ein bisschen Teriyakisauce darüber – das schmeckt wie ein Stück Fleisch.
Rezept zum Nachkochen
Grillen nur mit Holzkohle – oder werden auf dem Gas- bzw. Elektrogrill ähnliche Ergebnisse erzielt?
Neben Holzkohle-, Gas- und Elektrogrill gibt es ja mittlerweile auch noch den Pelletgrill, der es aus Amerika zu uns geschafft hat. Während Spontan-Griller eher auf Gas, Elektro oder Pellet zurückgreifen, ist für inszenierte Griller die Holzkohle von großer Bedeutung. Geschmacklich – und das ist der entscheidende Punkt – gibt es aber keine Unterschiede. Der Rauch überträgt sich nämlich nicht auf das Gargut, sondern nur auf den Nachbarn, der es riechen kann (lacht). Übrigens empfehle ich, alternativ zur Kohle auch mal altes Olivenholz zu verwenden. Es ist das einzige Holz, bei dem ich das Gefühl habe, dass sich der Geschmack des Holzes auf das Grillgut überträgt.
Über den Gesprächspartner
- Johann Lafer ist ein österreichischer Koch, Autor und Unternehmer. Mitte der 90er übernahm er mit seiner Ehefrau die "Stromburg" im Hunsrück. Rund 25 Jahre lang betrieb Lafer dort ein Feinschmecker-Restaurant, 2019 verließ er die "Stromburg". Einem breiten Publikum ist er als TV-Koch (u.a. "Lafer! Lichter! Lecker!") bekannt.