"Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" war 1997 schon nicht sonderlich einfallsreich. Jetzt läuft das Remake – mit einigen der alten Stars. Besser macht das den Film nicht.
Wenn es nach der Zuversicht der Filmvorführerin an diesem Abend geht, wird "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" sehr schnell wieder in der Dunkelkammer des Vergessens landen. Im kleinsten Saal eines spärlich besetzten Kinos läuft das Remake aus den 1990ern. Ein junger Mann schleicht sich noch in den Saal, die Mitarbeiterin ruft ihm zu: "Sie können sich hinsetzen, wo Sie wollen, wir werden nicht vor Überfüllung schließen."
Pressevorführungen hat es für "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" erst gar nicht gegeben. Und auch im Film heißt es irgendwann: "Es ist genau wie 1997. Ist das nicht nostalgisch?" Die Antwort: "Nostalgie ist überbewertet."
1996 landete Drehbuchautor Kevin Williamson mit "Scream" einen Riesenhit. Der Film reanimierte das sogenannte Slasher-Genre, das immer nach den gleichen Regeln abläuft: Eine Gruppe Jugendlicher wird von einem irren Killer verfolgt und nach und nach abgemetzelt. Am Ende bleibt das sogenannte "Final Girl" übrig, das es in der Fortsetzung wieder mit dem Serienmörder aufnehmen muss.
Das Drehbuch zu "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" hatte Williamson schon vorher geschrieben, konnte es aber nicht verkaufen. Als "Scream" so erfolgreich wurde, rissen sich die Studios um den Film. Im Fahrwasser der neuen Slasher-Welle funktionierte das ziemlich gut – "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" spielte 1997 mehr als 125 Millionen Dollar ein. Warum der Film so erfolgreich war, ist im Nachhinein gar nicht mehr so klar.
Stars vor dem Durchbruch als Erfolgsrezept
"Scream" funktionierte, weil es das Genre und dessen Regeln ironisch brach. Die Kritik bewertete "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" als Rückschritt zu Williamsons cleverem Vorgänger. Der wahre Grund für den Erfolg von "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" lag vermutlich woanders, in der Kombination junger Stars kurz vor dem Durchbruch, die den Streifen zu einem der erfolgreichsten Horrorfilme des Jahres machten.
In der Popkultur blieb der Slasher-Film vor allem durch Karikaturen des Nachrichten verteilenden Killers und die immer länger werdenden Titel bekannt. Auf "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" folgte "Ich weiß noch immer, was du letzten Sommer getan hast". Das Ende der Trilogie: "Ich werde immer wissen, was du letzten Sommer getan hast". Der landete mit komplett neuer Besetzung direkt in den Videotheken. Ein Serien-Remake von Prime Video wurde 2021 nach nur einer Staffel eingestellt.
Gleiche Geschichte, langweiliger erzählt
Die Neuauflage versucht erst gar nicht, das Original neu zu erfinden. Wieder ist es eine Gruppe junger Erwachsener, die am amerikanischen Nationalfeiertag einen Unfall verursacht. Doch während Jennifer Love Hewitt und Co. damals einen Passanten überfuhren und den noch lebenden Mann in einem See versenkten, ist 2025 alles ein wenig braver. Teddy (Tyriq Withers) steht betrunken auf der Straße, ein Pickup-Truck muss ausweichen und durchbricht die Leitplanke der Küstenstraße. Die gut erzogenen Danica (Madelyn Cline), Ava (Chase Sui Wonders), Milo (Jonah Hauer-King) und Stevie (Sarah Pidgeon) rufen die Polizei und verschwinden.
Das ist schon der erste Punkt, in dem "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" nicht so richtig zusammenpasst. Ein Reiz des Originals war, dass die Schuld die Freundesgruppe auseinander trieb. Im Remake fragt man sich als Zuschauer die ganze Zeit, warum die neue Gang eigentlich Fahrerflucht begeht - zumal niemand von ihnen gefahren ist. Wobei "Remake" nicht ganz richtig ist, weil auch drei der Hauptdarsteller von 1997 wieder dabei sind.
Ein Jahr später erhält Danica eine mysteriöse Nachricht, auf der steht: "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast." Danach beginnt ein Killer mit Haken, die Freundesgruppe und andere Menschen, die sterben müssen, um den Film zu verlängern, zu dezimieren. Und weil das alles schon einmal 1997 passiert ist, kontaktieren sie Julie James (Jennifer Love Hewitt) und Barry Cox (Freddie Prinze Jr.).
Die Fortsetzung wird bereits angedroht
Was folgt, ist brutaler als das Original, aber genauso wenig gruselig. Der Anfang wurde gestrafft, dafür gibt es Längen in der Mitte. Die simple Geschichte ist durch die Verwebung der Vorlage und des Remakes unnötig kompliziert. Der Haken-Killer, der einst übermächtig erschien, muss sich diesmal ziemlich vielen Handgemengen stellen. Der neue Cast ist bereits mit dem Einsetzen des Nachspanns vergessen, der alte wird sich das hoffentlich nicht noch einmal antun.
In den 90er- und Nullerjahren wäre dieser laue Aufguss von "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" wahrscheinlich direkt in der Videothek gelandet, heute läuft er auf der großen Leinwand und Brad Pitt und George Clooney drehen direkt für Streaming-Anbieter. Das sagt viel über den aktuellen Zustand des Kinos aus.
Empfehlungen der Redaktion
Trotz Horror-Revival und bekannter Vorlage gibt es eigentlich kaum einen Grund, sich das noch einmal anzuschauen. "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" ist nicht gruselig, bis auf die gruselig schlechten Wendungen am Schluss. Trotzdem gibt der Film einen Hinweis auf eine mögliche Fortsetzung. In einer Art Epilog darf ein längst vergessener Star von "Ich weiß noch immer, was du letzten Sommer getan hast" auferstehen. Der Titel für den Nachfolger dürfte klar sein: "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast, aber langsam reicht es auch mal".