Schnell ist klar: "September 5" ist der Abräumer beim Deutschen Filmpreis. Für den bewegendsten Moment sorgt aber der Pianist Igor Levit - und die plötzliche Nachricht vom Tod Margot Friedländers.
Es ist der bewegendste Moment bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises in Berlin gewesen: Die Nachricht vom Tod Margot Friedländers platzte mitten in die Verleihung des Deutschen Filmpreises. Starpianist
"Sie war ein Wunder von Mensch", sagte Levit in Berlin und rief zu einem Schweigemoment auf. Das Publikum stand auf, einige Schauspieler hatten Tränen in den Augen. "Es gibt Momente, die sind größer als der Preis, als jeder Preis, als wir alle", sagte Levit, der eigentlich für eine Laudatio für die beste Filmmusik auf der Bühne stand, aber dann für Friedländer eine Würdigung improvisierte.
Er rang dabei sichtlich um Fassung, immer wieder stockte seine Stimme. Er habe erst kurz vor seinem Auftritt vom Tod Friedländers erfahren. Sie habe immer den Appell mit sich getragen, menschlich zu sein. Sie sei eine warmherzige und unglaubliche Person gewesen.
Friedländer 2024 selbst beim Deutschen Filmpreis
Am Ende seiner Rede schaute Levit auf seine Karten und sagte, den "Schmu" könne man doch echt wegwerfen. Moderator
Margot Friedländer starb am Freitag (9. Mai) im Alter von 103 Jahren. Sie war nach Jahrzehnten als Emigrantin in New York im hohen Alter nach Deutschland zurückgekehrt. Erst im vergangenen Jahr hatte sie sich beim Deutschen Filmpreis auf der Bühne mit einem dringlichen Appell an die Filmschaffenden gewandt.
Levit nutzte die Würdigung aber auch für eine politische Botschaft: Es gebe keine Rechtfertigung dafür, auch nur einen einzigen Millimeter jenen zu überlassen, die all das, für das Friedländer 103 Jahre lebte, zerstören wollten.
Politische Statements prägten den Deutschen Filmpreis
Generell war die Verleihung des Deutschen Filmpreises am Freitagabend geprägt von politischen Statements. Moderator Friedel betonte gleich zu Anfang die Wichtigkeit der Künste: "Empathie ist Stärke und Kunst und Kino können dabei helfen und das ist auch ein Grund, weshalb man niemals an der Kultur sparen sollte."
Schauspielerin Iris Berben betonte, man dürfe nicht länger tatenlos dabei zuschauen, wie andere etwa unsere Stimme einnähmen. "Wir müssen alle sehr viel lauter sein", sagte bei ihrer Laudatio für den besten Dokumentarfilm. Am Rande der Verleihung sagte die 74-Jährige der Deutschen Presse-Agentur: "Dass dieser Rechtsruck jetzt in so einer massiven Weise weltweit zu sehen ist, ist besorgniserregend". Man dürfe nicht sprachlos sein, man müsse die Kultur bündeln und laut sein.
Auch Regisseur Florian Gallenberger, der zusammen mit der Schauspielerin Vicky Krieps die ausrichtende Deutsche Filmakademie leitet, betonte, Vielfalt bedeute Bereicherung. Ohne Vielfalt gebe es keine Kultur, keine Kunst und kein Kino.
Neuer Kulturstaatsminister Wolfram Weimer auf Bewährungsprobe
Eine Art erste Bewährungsprobe wurde die Gala so für den neuen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, dessen Vorgängerin Claudia Roth auch im Publikum saß. Nach Bekanntwerden seiner Personalie für das Amt des Staatsministers für Kultur und Medien gab es teils scharfe Kritik aus der Kulturszene.

Seine sehr konservativen Äußerungen der Vergangenheit trafen auf Vorbehalte. Gallenberger fragte
Der Kulturstaatsminister entgegnete: "Der einzige Kulturkampf, den ich führen werde, ist der Kampf für die Kultur". Die Politik sollte Freiräume ermöglichen und die Kulturpolitik bleibe an der Seite der Kultur und der Freiheit. Schauspielerin Karoline Herfurth nahm das später zum Anlass, in Richtung Weimer zu sagen: "Freiheit. Das ist ein Wort, Herr Weimer. Da sprechen wir vielleicht noch einmal drüber, aber nicht jetzt."
Weimer positionierte sich auch zu Donald Trumps geplanten Zöllen auf ausländische Filme mit den Worten: "Es fehlt nur noch, dass er morgen Zölle auf Witze einführt, damit man sich nicht mehr über ihn lustig macht."
"September 5" als großer Gewinner des Abends
Und abseits der Politik? Schnell zeichnete sich ab, wer der große Abräumer des Abends wird: "September 5", ein Film über die Geiselnahme von israelischen Sportlern durch palästinensische Terroristen während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München, räumte insgesamt neun Preise ab, darunter den für die beste Regie, das beste Drehbuch, die beste Kamera und den besten Schnitt. Leonie Benesch wurde für die beste weibliche Nebenrolle geehrt.
Mit Silber wurde der heimlich im Iran gedrehte Film "Die Saat des heiligen Feigenbaums" ausgezeichnet, ein Politthriller über die Proteste im Iran nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. Die Bronze-Lola bekam die Filmbiografie "In Liebe, Eure Hilde" über die NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi.
Beste Hauptdarstellerin: Liv Lisa Fries
Als bester Hauptdarsteller wurde Misagh Zare für seine Rolle in "Die Saat des heiligen Feigenbaums" ausgezeichnet. Damit stach er Sam Riley aus, der dieses Jahr sogar zweimal in der Kategorie nominiert war.
Beste Hauptdarstellerin wurde Liv Lisa Fries für ihre Darstellung im Drama "In Liebe, Eure Hilde". Die 34-Jährige nutzte ihre Dankesrede, die sie auf einem Zettel vorbereitet hatte, für einen Appell. "Ich widme diesen Preis der Liebe, die Kraft, die uns trägt, wenn es ernst wird. Und es ist ernst", sagte sie. "Es braucht unser Engagement füreinander, für Mitgefühl, Weichheit, Frieden und Freiheit".
Bester männlicher Nebendarsteller und Ehrenpreis
Als bester männlicher Nebendarsteller wurde Godehard Giese ausgezeichnet, der in "Sad Jokes" zu sehen ist. Der beste Dokumentarfilm ist "Petra Kelly - Act Now" geworden, die Lola für den besten Kinderfilm bekam "Akiko, der fliegende Affe".
Der Ehrenpreis ging dieses Jahr an Casting-Direktorin An Dorthe Braker. Sie fand etwa die richtige Besetzung für Filme wie "Der Untergang", "Lola Rennt" und "Der Baader Meinhof Komplex". (mia/spot/dpa/bearbeitet von ari) © 1&1 Mail & Media/spot on news