Endlich wird er serviert, der vierte Gang der Erfolgsserie "The Bear". Mehr denn je bekommt es Kochgenie Carmy mit seinen größten Widersachern zu tun: der Zeit - und sich selbst.
Der visuell dargebotene "Wettlauf gegen die Zeit" ist beinahe so alt wie das Medium Film selbst. Ob Meister ihres Fachs, von Alfred Hitchcock bis Orson Welles, oder ein gewisser James Bond: Sie alle wussten, dass der unbarmherzige Countdown - den letztgenannter Topspion in der Regel bei genau 007 Sekunden zu stoppen vermag - zuweilen der ärgste Gegenspieler unserer Helden sein kann.
Wohl keine Serie schafft es so gut wie "The Bear", das Gefühl von dahinrasender Zeit und den damit einhergehenden Stress zu versinnbildlichen. Wirkt der Kampf gegen die Uhr oftmals wie ein plumper Kniff zur Spannungserzeugung, passt er in das Restaurant-Setting der Disney+-Serie wie die Faust aufs Fettauge. Tag für Tag, Gericht für Gericht, Zutat für Zutat müssen sich unsere Küchenkämpfer ihrem Feind stellen. Und nicht nur das: Seit Beginn der zweiten Season schwebt zusätzlich ein teures Damoklesschwert über "The Bear", das in der nun anstehenden vierten Staffel, die ab 26. Juni bei Disney+ erscheint, endgültig auf unsere Figuren niederzusausen droht.
Friss oder stirb - hier ließ uns Staffel drei zurück
Ihrem "Onkel" Jimmy "Cicero" Kalinowski (Oliver Platt, 65) mussten Carmy (Jeremy Allen White, 34) und seine Schwester Natalie (Abby Elliott, 38) 500.000 Dollar aus den inzwischen gar nicht mehr so wohlhabenden Rippen leiern, um die Neueröffnung ihres Restaurants "The Bear" zu stemmen. Nur 18 Monate gab er ihnen, um die Summe zurückzuzahlen, andernfalls würde das Grundstück nebst Restaurant in seinen Besitz übergehen. In Staffel drei erfuhren wir, dass auch für Cicero die Geschäfte nicht mehr gut laufen und er bei seinen Spendierhosen den Gürtel enger schnallen muss. Der finale Supergau ist also nur noch eine Messerspitze entfernt.
Das geliehene Geld gaben Carmy und Co. in Windeseile aus und brachten ihr Restaurant optisch auf Cuisine-Kurs. Einzig: Den Sand vermochten sie damit bislang noch nicht aus dem Getriebe zu spülen. Hinter der Schwingtür zur Küche wird mehr geschimpft als bei einem Treffen Tourette-kranker Rohrspatzen, stets zur Unzeit hängt der Haussegen mit dem Service-Team schief und wenn überraschend doch mal alles läuft, funkt das turbulente Privatleben dazwischen.
Kein Wunder, dass zuletzt Carmys Chefin de Cuisine Sydney Adamu (Ayo Edebiri, 29) ernsthaft in Erwägung zog, ein verlockendes Jobangebot anzunehmen, das ihr heimlich unterbreitet wurde. Doch bringt sie es übers Herz, ihre "The Bear"-Familie während der größten Herausforderung das Küchenmesser in den Rücken zu rammen?
Die stete Gefahr, sich in der Küche zu verkünsteln
Für viele Folgen der dritten Staffel wählten die Macher von "The Bear" einen künstlerischen Ansatz. Das war gewohnt hochwertig anzusehen, die Handlung blieb dabei jedoch zuweilen etwas auf der Strecke. Erstaunlicherweise passte das aber perfekt zu der Aussage, die die Erzählung in Staffel drei einschlug: Verkünstelt sich Carmy bei seinem Versuch, einzigartige Gerichte zu kreieren? Und tritt er ausgerechnet beim Versuch, Avantgarde zu sein, auf der Stelle?
Der Cliffhanger hatte es zudem in sich: Ein Restaurantkritiker hatte "The Bear" unbemerkt besucht und minutiös unter die Lupe genommen. Im Finale von Staffel drei wurde enthüllt, dass soeben dessen Review veröffentlicht worden ist - und es mal eben über die Zukunft des Restaurants und all seiner Mitarbeiter entscheiden könnte.
Beständig unbeständig?
Der Trailer zu den neuen zehn Folgen deutet bereits an, wie das Fazit des Kritikers ausfällt und in welche kulinarische Richtung es für Serienfeinschmecker somit gehen wird. Ist etwa die einzige Beständigkeit, die es in "The Bear" zu erleben gibt, dessen Unbeständigkeit? "Ich will nicht, dass alles im Chaos versinkt", beteuert Carmy zwar seiner Kollegin und Freundin Sydney. Hin und wieder scheint er das aber selbst nicht so recht glauben zu wollen. Ist sein größter Widersacher womöglich gar nicht der Zeitdruck - sondern er selbst?
Seit Folge eins verquirlt "The Bear" gekonnt persönliche Dramen mit pointiertem Humor und schmeckt es mit viel Liebe zur Kochkunst ab. Das Auge isst bekanntlich mit, nach diesem Motto kredenzen uns die Serienmacher Episode um Episode Gerichte auf den Bildschirm, bei denen einem das Wasser im Mund zusammenläuft.
Mehr denn je rückt Staffel vier nun die Wagenburgmentalität in den Fokus, die es offenbar braucht, um im gnadenlosen Gastrogewerbe überleben zu können: "Manchmal ist deine Arbeitsfamilie dir näher als deine Familienfamilie", sinniert Jamie Lee Curtis (66), die auch in den neuen Folgen wieder als ambivalente Berzatto-Matriarchin zu sehen sein wird. Ihr emotional ähnlich gebeutelter Sohn Carmy ergänzt: "Es gibt eine wirklich absolut zutreffende Wahrheit bei Restaurants: Du bist nie allein."
Da ist sie wieder, die Kernbotschaft, die in "The Bear" seit jeher über allem steht und die aus der Serie trotz all der Hektik eine Feel-Good-Erfahrung macht. Ein ehrliches und erfrischend unzynisch gemeintes "Zusammen sind wir stark". Die lebensbejahende Rezeptur von Serienmacher Christopher Storer (44) ist es, die seiner Schöpfung über die Jahre bereits 21 Primetime Emmys und fünf Golden Globes einbrachte - gut möglich, dass von beiden renommierten Awards noch einige hinzukommen werden.
Den vierten Gang von "The Bear" serviert Disney+ am 26. Juni. Die schöne Nachricht für alle Ausgehungerten: Alle zehn Episoden werden zusammen veröffentlicht und laden zum genussvollen Binge-Gelage ein. (stk/spot) © spot on news