"100 Jahre Gute Laune" das klingt nach einem ambitionierten Projekt für einen 50-Jährigen: Am 4. Juli erscheint Ross Antonys neues Album, das deutsche Coverversionen internationaler Hits aus dem letzten Jahrhundert vereint.

Ein Interview

Im Interview mit unserer Redaktion spricht Ross Antony über seine neuen Songs, seinen Imagewandel und das Abschneiden von Abor & Tynna beim ESC. Zudem gewährt der Schlagerstar Einblicke in sein Zusammenleben mit einem Mann, einem Hund und drei Enten.

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Herr Antony, sind Sie der lebende Beweis dafür, dass gute Laune jung hält? Wenn man Ihren Albumtitel nämlich beim Wort nimmt, verbreiten Sie seit nunmehr 100 Jahren gute Laune.

Ross Antony: (lacht) Tatsächlich hat mir meine Mutter immer mit auf den Weg gegeben, dass gute Laune jung hält. Viele Leute sagen mir, dass ich überhaupt nicht wie ein Anfang 50-Jähriger wirke und aussehe. Ich bin froh darüber, dass ich immer fünf, sechs Jahre jünger geschätzt werde. Insofern bin ich nach wie vor 45 Jahre jung. Wobei man dazu sagen muss, dass 50 das neue 40 ist.

Ist das alleine auf Ihr sonniges Gemüt zurückzuführen?

Das ist ein Grund, der andere ist mein wunderbarer Mann. Er sorgt dafür, dass ich faltenfrei durchs Leben gehen darf. Außerdem leben bei uns zu Hause drei Enten. Wenn ich die Enten und natürlich meinen Hund Aura sehe, bin ich glücklich. Auch die Musik hat mich jung gehalten. Als ich vor 15 Jahren in diese Schlager-Blase eingestiegen bin, habe ich mich sofort wohl und sicher gefühlt. In dieser Schlager-Welt bewegen sich viele Menschen, die vielleicht ein bisschen anders sind – egal ob schwul, lesbisch oder hetero. Daher ist es so wichtig, dass dieses Musikgenre erhalten bleibt.

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Sind die Enten Ihnen zugeflogen?

Nein, wir haben sie selber aufgezogen. Die Eier haben wir auf einem Bauernhof gekauft und dann in einen Inkubator gelegt – 28 Tage später sind sie geschlüpft. Da ich der erste Mensch war, den sie gesehen haben, denken sie vielleicht, dass ich ihre Mama bin. Die warten jeden Morgen vor der Schiebetür, bis wir rauskommen.

In Ihrer Neuinterpretation des Katrina-and-the-Waves-Hits "Walking On Sunshine" heißt es eingangs: "Mein Morgen beginnt mit Gefluche". Sind Sie etwa ein Morgenmuffel?

Das nicht, aber wenn ich nach dem Aufstehen feststelle, dass ich keine Zahnpasta mehr habe, fluche auch ich. Wir haben übrigens gerade erst das Video zu meiner Version ["Und der Tag wird gut"; Anm. d. Red.] gedreht. Darin verarsche ich mich in einer Tour selbst. Der Song passt total zu mir, weil auch bei mir natürlich nicht alles funktioniert.

Was geht in Ihrem Alltag denn meistens schief?

Erst heute Morgen habe ich die Tasse nicht richtig in die Kaffeemaschine gestellt. Natürlich ist fast der gesamte Kaffee auf den Boden gelaufen. So etwas passiert – und es wird immer wieder passieren. Zumindest mir wird es immer wieder passieren, denn ich bin ein sehr tollpatschiger Mensch (lacht). Gestern Abend habe ich mir bei dem Versuch, Brot zu schneiden, fast einen Finger abgeschnitten. Als ich das ganze Blut sah, musste ich lachen – bis es nach einer Minute anfing zu schmerzen.

Von welchen Superstars Ross Antony nie einen Song covern würde

Das Album besteht zum Großteil aus deutschen Coverversionen englischsprachiger Hits. Gibt es auch Songs, an die Sie sich nicht herantrauen würden?

Oh ja, die gibt es. Zum Beispiel würde ich nie einen Song von Whitney Houston oder Mariah Carey covern. Dabei kannst du nur verlieren. Sogar bei "Nah Neh Nah", im Original von der Band Vaya Con Dios gesungen, war ich zu Beginn unsicher, ob dieser Song zu mir passen würde. Da ich diesen Ohrwurm aber nicht mehr aus dem Kopf bekam und nachts sogar davon träumte, nahmen wir den Titel einfach mal auf – in einer zeitgemäßen Version. Im Tonstudio merkte ich dann, wie gut gelaunt ich während der Aufnahme war.

Die Songs sind allesamt zeitlos. Würden auch Sie sich als einen zeitlosen Menschen bezeichnen?

Definitiv. Ich versuche immer, mit der Zeit zu gehen – auch was meine Bühnenoutfits angeht. Diesbezüglich habe ich meinen Stil ein bisschen verändert. Auf der Bühne trage ich mittlerweile häufiger Lederjacken als pinke Glitzeranzüge, wobei ich auch diese Facette behalten möchte.

Was war der Auslöser für den Imagewechsel?

Ich hatte einfach Lust, etwas Neues auszuprobieren. Die Leute können mich in keine Schublade stecken. Und ich möchte, dass das auch so bleibt. Ich stehe für meine verschiedenen Facetten. Dazu gehört auch, dass ich meine Frisur etwas verändert und 27 Kilo abgenommen habe. Nun fühle ich mich wie neugeboren. Allerdings wollte ich mich nicht ändern, sondern nur anders präsentieren.

Wen sehen Sie da, wenn Sie heute in den Spiegel schauen?

Als ich vor kurzem meinen Ankleideraum betrat, sah ich in einer Ecke meine alten Bro'Sis-Outfits. Das war für mich die Gelegenheit, einmal hineinzuschlüpfen und zu schauen, ob sie mir mit fast 30 Kilo weniger auf den Rippen vielleicht passen würden. Ich wiege aktuell wieder fast genauso viel wie damals. Und siehe da, die Klamotten passen mir. Dieser Moment gab mir ein tolles Gefühl und eine große Inspiration, mich weiter fit zu halten.

"Wenn ich ein Stück Schokolade essen möchte, dann mache ich das. Es muss ja nicht gleich die ganze Packung sein …"

Wie haben Sie es geschafft, von den Kilos runterzukommen?

Mit mehr Disziplin. Und viel Zeit, es hat jetzt fast zwei Jahre gedauert. Mein Mann Paul und ich haben das gemeinsam geschafft – ohne Hilfsmittel. Wir haben uns einfach nur anders ernährt, mehr Obst und Gemüse zu uns genommen. Und wir haben auf eine Mahlzeit am Tag verzichtet. Frühstück und Abendessen: Damit kommen wir gut aus. Außerdem bewegen wir uns inzwischen viel mehr – von Golf und Tennis über Schwimmen bis hin zu längeren Spaziergängen mit unserem Hund. Dennoch verzichte ich auf nichts. Wenn ich ein Stück Schokolade essen möchte, dann mache ich das. Es muss ja nicht gleich die ganze Packung sein, so wie früher bei mir üblich (lacht) …

Sie sind ein bekennender ESC-Fan. Welche Platzierung hat Sie dieses Jahr eher überrascht: Platz 15 für Deutschland oder Platz 19 für Ihr Heimatland Großbritannien?

Als Engländer haben wir akzeptiert, dass wir immer auf einem der letzten Plätze landen. Insofern war ich eher positiv überrascht, dass Remember Monday 19. geworden sind. Immerhin waren sieben andere Länder schlechter platziert. Die Mädels haben es also super hingekriegt – und sie haben auch grandios gesungen. Hingegen hat mich der Sieg Österreichs nicht überrascht. Die Nummer von JJ ist außergewöhnlich, die Performance war auf demselben Level wie die von Conchita Wurst vor einigen Jahren. Grundsätzlich macht es mich immer glücklich, wenn die ESC-Acts in ihrer Landessprache singen.

"Ich hätte mir von Stefan Raab gewünscht, dass er Abor & Tynna noch mehr unterstützt hätte."

Abor & Tynna haben das getan. Warum hat es für den deutschen Beitrag "Baller" nicht für weiter vorne gereicht? Trägt Stefan Raab als ihr Mentor eine Mitschuld?

Man kann Stefan Raab nicht die Schuld für das Abschneiden geben. Am Ende müssen die Künstler überzeugen. Stefan ist Stefan. Er ist ein cooler Typ, doch ich hätte mir von ihm gewünscht, dass er Abor & Tynna noch mehr unterstützt hätte. Ich möchte ihm nichts unterstellen, vielleicht hat er das ja getan. Doch zumindest bei mir kam diese letzte Überzeugung irgendwie nicht ganz rüber. Das gilt aber nicht nur für ihn …

Sondern für wen noch?

In England wurden die Mädels ohne Ende gehypt, nahezu das gesamte Land stand hinter ihnen. Die Menschen in der Heimat sind mit Platz 19 völlig zufrieden, weil sie gesehen haben, dass die Sängerinnen alles gegeben und das Beste aus sich herausgeholt haben. In Deutschland wurde schon im Vorfeld immer wieder infrage gestellt, ob es die richtige Entscheidung war, Abor & Tynna nach Basel zu schicken. Ja, es war die richtige Entscheidung – schließlich hat die Mehrheit die beiden gewählt. Sie hätten mehr Unterstützung verdient gehabt.

Über den Gesprächspartner

  • Ross Antony ist ein deutsch-britischer Sänger und Moderator. Der Stern des früheren Musicaldarstellers ging kurz nach der Jahrtausendwende als Mitglied von Bro'Sis auf. Die Band, der auch Giovanni Zarrella angehörte, ging aus der Castingshow "Popstars" hervor. Im Jahr 2013 startete Antony als Solokünstler seine Schlager-Karriere.