Neue Studien haben beziffert, wie hoch der Beitrag reicher Menschen am Klimawandel ist und wie viele Menschen im Laufe ihres Lebens von extremen Klimaereignissen betroffen sein werden. Außerdem: Österreichs Wälder entwickeln sich vom Klimaretter zum Klimarisiko. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und ihre Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
Studie: Reichste zehn Prozent für zwei Drittel der Erderwärmung seit 1990 verantwortlich
In der Forschung herrscht Konsens darüber, dass der Mensch für die gegenwärtige Klimakrise verantwortlich ist. Doch nicht jeder Mensch trägt gleichermaßen dazu bei: In einer neuen Studie haben Forschende nun beziffert, wie hoch der Beitrag sehr reicher Menschen zum Klimawandel ist – und damit auch zu Klimaereignissen wie Hitzewellen und Dürren.
Mithilfe eines neuartigen Modellierungsansatzes, der wirtschaftliche Daten mit Klimasimulationen kombiniert, konnten die Forschenden die Emissionen verschiedener globaler Einkommensgruppen zurückverfolgen und ihren Beitrag zum Klimawandel bewerten.
Die Ergebnisse sind eindeutig:
- Zwei Drittel der Erderwärmung seit 1990 sind dem reichsten Zehntel der Weltbevölkerung zuzuschreiben. Das reichste Prozent der Welt ist allein für fünf Prozent der Erwärmung verantwortlich.
- Der individuelle Beitrag der reichsten zehn Prozent ist damit 6,5-mal höher als der durchschnittliche Pro-Kopf-Beitrag der Weltbevölkerung. (Reichstes Prozent: 20-mal höher.)
- Durch ihre Emissionen trugen die oberen zehn Prozent siebenmal mehr (reichstes Prozent: 26-mal mehr) zum Anstieg extremer Hitzemonate – also solcher, die statistisch nur einmal in 100 Jahren auftreten – bei als der Durchschnitt der Weltbevölkerung.
- Auch bei den Dürren im Amazonasgebiet waren die reichsten zehn Prozent sechsmal (reichstes Prozent: 17-mal) so stark beteiligt wie der weltweite Durchschnitt.
"Wenn alle Menschen so wenig CO2 ausgestoßen hätten wie die ärmsten 50 Prozent der Weltbevölkerung, hätte es seit 1990 kaum zusätzliche Erderwärmung gegeben", sagt Co-Studienautor Carl-Friedrich Schleussner.
Das Fazit der Autorinnen und Autoren: Wer ernsthaften Klimaschutz betreiben will, kommt nicht daran vorbei, auch die Rolle der oberen Einkommensschichten zu adressieren. Reiche Menschen beim Klimaschutz stärker einzubeziehen, könne nicht nur die gesellschaftliche Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen fördern, sondern auch dringend benötigte Mittel für Klimaanpassung und Schadensbehebung in besonders betroffenen Ländern bereitstellen.
Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker als ältere
Die Zukunft junger Menschen ist deutlich stärker von den Folgen des Klimawandels bedroht als die älterer Generationen. Was bislang jedoch wenig beleuchtet wurde, ist die Frage, wie viele Menschen im Laufe ihres Lebens von extremen Klimaereignissen betroffen sein werden. Genau hier setzt eine neue Studie der Vrije Universiteit in Brüssel an.
Die Forschenden untersuchten anhand von Klimamodellen und demografischen Daten, wie sich die Belastung durch Wetterextreme auf unterschiedliche Alterskohorten auswirkt. Demnach könnten etwa 52 Prozent der heute Fünfjährigen in ihrem Leben mehrfach mit außergewöhnlich intensiven Hitzewellen konfrontiert werden – selbst dann, wenn die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzt wird. Zum Vergleich: Bei Menschen, die im Jahr 1960 geboren wurden, liegt dieser Anteil lediglich bei 16 Prozent.
Die Forschenden simulierten drei mögliche Entwicklungen der globalen Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100: einen Anstieg um 1,5, um 2,5 oder um 3,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Im optimistischsten Fall – einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad – wären weltweit rund 62 Millionen der im Jahr 2020 Geborenen im Laufe ihres Lebens mit extremen Hitzewellen konfrontiert (52 Prozent).
In einem Szenario mit 3,5 Grad Erwärmung steigt dieser Anteil auf alarmierende 92 Prozent – etwa 111 Millionen der heutigen Kinder wären betroffen. Auch bei Ernteausfällen (29 Prozent) und Flussüberschwemmungen (14 Prozent) zeigt sich eine deutliche Zunahme unter diesem Szenario.
Nach aktuellem Stand steuert die Welt auf eine Erwärmung um 2,7 Grad bis zum Jahr 2100 zu – selbst wenn alle bisherigen Klimazusagen eingehalten würden. Gelingt es, die Erwärmung tatsächlich auf 1,5 Grad zu begrenzen, könnten insgesamt 613 Millionen Menschen im Vergleich zu 2,7 Grad im Laufe ihres Lebens von extremen Hitzewellen verschont bleiben. Auch andere Extremereignisse ließen sich in erheblichem Maße vermeiden.
Klimawandel verschärfte Jahrhundertsturm im Mississippi-Tal deutlich
Ein historischer Unwetterkomplex, der Anfang April verheerende Überschwemmungen und mindestens 15 Todesopfer in den US-Bundesstaaten des zentralen Mississippi-Tals forderte, wurde laut einer neuen wissenschaftlichen Analyse durch den menschengemachten Klimawandel massiv begünstigt.
Zwischen dem 3. und 6. April 2025 fielen rekordverdächtige Regenmengen in acht südlichen und mittleren Bundesstaaten – darunter Mississippi, Arkansas, Missouri, Illinois, Indiana, Kentucky, Tennessee und Alabama. Die sintflutartigen Regenfälle führten zu katastrophalen Überschwemmungen, zerstörten Häuser, vernichteten Ernten und verursachten Stromausfälle.
Lesen Sie auch
Laut einer Studie der Initiative "World Weather Attribution" (WWA) waren die Niederschläge infolge des Klimawandels etwa neun Prozent intensiver und traten 40 Prozent wahrscheinlicher auf als in einer Welt ohne Erwärmung durch fossile Energieträger. Die Unsicherheiten in den Modellen deuten sogar darauf hin, dass der tatsächliche Einfluss des Klimawandels noch höher liegen könnte.
Ein Hauptgrund für die Extremniederschläge waren demnach überdurchschnittlich warme Meerestemperaturen im Golf von Mexiko. Laut WWA ist die Oberfläche des Ozeans heute rund 1,2 Grad Celsius wärmer als in vorindustriellen Zeiten. Solche Bedingungen sind inzwischen 14-mal wahrscheinlicher als früher. Die WWA-Forschenden warnen: Ohne deutlich schnellere Abkehr von fossilen Brennstoffen könnten solche Extremereignisse künftig doppelt so häufig und noch intensiver auftreten.
Trotz des dramatischen Ausmaßes hätte die Opferzahl noch weitaus höher ausfallen können – wenn nicht der US-Wetterdienst (National Weather Service, NWS) mit 728 Warnmeldungen für Unwetter und Tornados rechtzeitig reagiert hätte. Es war die dritthöchste Anzahl solcher Warnungen seit Beginn der Aufzeichnungen.
Doch der NWS steht unter Druck: Kürzungen durch Präsident Donald Trump in seiner ersten Amtszeit haben in den letzten Jahren zu Stellenabbau geführt. Laut CNN sind aktuell fast die Hälfte aller NWS-Büros mit 20 Prozent unterbesetzt – doppelt so viele wie noch vor einem Jahrzehnt.
Österreichs Wälder werden zum Klimarisiko
Bäume nehmen CO2 aus der Luft auf und speichern es – das macht Wälder zu wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel. Doch laut einem Bericht in der Tageszeitung "Der Standard" entwickelt sich diese Funktion der Wälder in Österreich derzeit in die entgegengesetzte Richtung. Demnach haben die Wälder in Österreich im Jahr 2023 mehr Kohlendioxid ausgestoßen als sie aufgenommen haben.
Laut Daten des österreichischen Umweltbundesamts sind 2023 rund 5,4 Millionen Tonnen CO2 aus den Wäldern entwichen. Im Jahr 2000 dagegen habe der Wald noch 18,6 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gebunden – und war damit die größte CO2-Senke des Landes.
Dass die Wälder inzwischen eher zur Quelle von Treibhausgasen werden, liegt an den Folgen der globalen Erwärmung: 2023 war auch in Österreich das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – und höhere Temperaturen beschleunigen den Abbau von organischem Material im Boden. Hinzu kommt, dass Wälder bei Trockenheit langsamer wachsen und dadurch weniger CO2 aufnehmen können. Durch die steigenden Temperaturen breiten sich zudem Schädlinge wie der Borkenkäfer aus, die den Wald zusätzlich schwächen.
Für das Jahr 2024 liegen noch keine Zahlen vor, doch der Trend dürfte sich fortsetzen. Diese dramatische Entwicklung betrifft jedoch längst nicht nur Österreich: Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) warnte im März, dass die CO2-Speicherfähigkeit der Wälder weltweit durch den Klimawandel stark gefährdet sei.
Verwendete Quellen
- Studie im Fachmagazin Nature Climate Change, Schöngart et al., 2025: "High-income groups disproportionately contribute to climate extremes worldwide"
- Artikel im Fachmagazin Nature Climate Change: "Climate justice: The rich bear their fair share of climate costs"
- Studie im Fachmagazin BioScience, Ripple et al., 2024: "The 2024 state of the climate report: Perilous times on planet Earth"
- Studie im Fachmagazin Nature, Grant et al., 2025: "Global emergence of unprecedented lifetime exposure to climate extremes"
- worldweatherattribution.org: "Effective emergency management prevented larger catastrophe after climate change fueled heavy rains in Central Mississippi river valley"
- Standard.at: "Vom Retter zum Risiko: Österreichs Wald wird fürs Klima zum Problem"
- Fachmagazin Nature, Windisch et al., 2025: "Hedging our bet on forest permanence for the economic viability of climate targets"
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Pressemitteilung "Schwindende CO2-Speicherfunktion der Wälder könnte Klimaziele unerreichbar machen"