Zwölf Paviane wurden im Nürnberger Tiergarten getötet, da die Gruppe zu groß für das Gehege geworden war. Die Entscheidung des Zoos führte im Vorfeld zu heftigen Protesten, die am Dienstag eskalierten. Tierschutzorganisationen wie Peta kündigten an, Strafanzeige zu erstatten.

Der Nürnberger Tiergarten hat am Dienstagnachmittag bestätigt, dass zwölf Paviane getötet wurden. Die Entscheidung ist laut Zoo notwendig gewesen, da die Gruppe zu groß für das vorhandene Gehege geworden sei. Versuche, Tiere abzugeben oder die Gruppe anderweitig zu verkleinern, seien gescheitert.

Zu den Details äußert sich der Tiergarten zunächst nicht. Die Reaktionen zu den Informationen hätten "jedes tolerierbare Maß" überschritten, heißt es zur Begründung. Jedes Tier im Tiergarten werde tierschutzkonform getötet und mit der schonendsten Methode für das Individuum.

Tiergarten: Tötung der Paviane keine einmalige Aktion

Die Tötung von Pavianen wird nach Angaben des Nürnberger Tiergartens keine einmalige Aktion bleiben. Auch in den nächsten Jahren werde der Tiergarten Paviane für den Erhalt der Population töten müssen - allerdings nicht in der Größenordnung wie jetzt, sagte Direktor Dag Encke bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend.

Die Paviane wurden dem Tiergarten zufolge einzeln mit einem Kugelschuss in einer Transportkiste erschossen. Weibchen seien zunächst unter Narkose untersucht worden, ob diese trächtig seien. Dabei seien zwei Weibchen gestorben, die sonst erschossen worden wären, sagte Encke. Es soll nun untersucht werden, was die Ursache dafür war. Nach den Tötungen habe der Tiergarten wissenschaftliche Proben für die Forschung von den Pavianen entnommen. Die Tierkörper sollen anschließend an die Raubtiere verfüttert werden.

Immer noch zu viele Affen

Dadurch befinden sich laut Encke nun 26 erwachsene Paviane in der Gruppe und damit drei zu viele. Doch das habe man in Kauf genommen - wohl wissend, dass das Gehege dadurch schneller wieder an seine Grenzen stoße, sagte Encke. Sonst hätte der Tiergarten mehr junge Tiere töten müssen.

Die Tötung der Paviane sei das Ergebnis jahrelanger Abwägungen gewesen, betonte Encke. Eine Abgabe oder Auswilderung von Tieren sei nicht möglich gewesen, auch Verhütung habe nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Schließlich sei die Gruppe so groß geworden, dass die Haltung in dem Gehege nicht mehr tierschutzkonform gewesen sei. Deshalb habe der Zoo zwischen dem Lebensschutz einzelner Tiere und dem Wohlergehen der Population abwägen müssen. Tieraktivisten stürmen Gelände

Die Tötung der Tiere hatte bereits im Vorfeld für Proteste gesorgt – am Dienstag eskalierte die Situation: Mehrere Tieraktivisten drangen auf das Gelände des Tiergartens vor und klebten sich dort fest. Die Polizei nahm mehrere Personen wegen Hausfriedensbruchs fest.

Laut Polizeisprecherin Janine Mendel verschafften sich die Aktivisten über ein Tor Zugang zum Gelände. Einige von ihnen mussten von Einsatzkräften gelöst werden. Der Tiergarten blieb am Dienstag aus "betrieblichen Gründen" geschlossen.

Tierschützer protestieren seit Monaten gegen die Entscheidung des Zoos. Sie werfen dem Tiergarten vor, nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um die Tötung der Tiere zu verhindern.

Strafanzeige erstattet

Tierrechts- und Tierschutzorganisationen haben angekündigt, dass sie Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz stellen werden. Der Tiergarten bereitet sich deshalb darauf vor, dass es zum Prozess kommen könnte. "Wir hoffen, dass es zu einer grundsätzlichen Klärung kommt", sagt Dag Encke, Direktor des Tiergarten Nürnberg.

Unter anderem die Tierschutzorganisation Peta sieht in der Tötung der Paviane einen "offensichtlichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz" - und kündigte an, Strafanzeige gegen die Verantwortlichen im Tierpark Nürnberg zu erstatten. "Wer einfühlsame Lebewesen zu Unterhaltungszwecken züchtet und sie tötet, betreibt keine Arterhaltung, sondern Missbrauch", argumentiert Biologin und Peta-Fachreferentin Yvonne Würz laut Mitteilung von Peta.

Empfehlungen der Redaktion

Auch Pro Wildlife äußert Kritik. "Das Argument des Artenschutzes ist vorgeschoben", sagt Laura Zodrow. "Reservepopulationen machen nur dann Sinn, wenn Wiederauswilderungs-Programme existieren – davon ist bei den Guinea-Pavianen jedoch nicht die Rede." Artenschutz finde vor Ort statt, indem man den Lebensraum und die Tiere schütze. "Mit den Pavianen wird ein gefährliches Exempel statuiert - es wird nicht bei dieser einen Tierart bleiben, wenn diese Praxis des Tötens ungewollter Zootiere erst etabliert ist."

Tierschutzgesetz nicht genau genug definiert?

Das deutsche Tierschutzgesetz besagt, dass kein Tier ohne vernünftigen Grund getötet werden darf, ohne diesen genauer zu definieren. Als vernünftige Gründe gelten etwa das Schlachten von Nutztieren, Jagd, Fischerei, die Tierseuchenbekämpfung und das Erlösen eines leidenden Tiers.

Zur Tötung von Zootieren sagt das Tierschutzgesetz nichts. Auch deshalb hat der Tiergarten Anfang 2024 öffentlich angekündigt, einige Paviane töten zu wollen. (dpa/bearbeitet von amb/sbi)

Teaserbild: © picture alliance/dpa/Daniel Karmann