Während Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer gefühlt täglich in den heimischen Medien präsent ist, geht der einst medial so umtriebige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zwischen den Zeilen verloren - so hat es den Anschein.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Florian Schauer-Bieche sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Selbst das Cover des international renommierten Times-Magazins musste Heinz-Christian Strache sich jüngst mit dem Dritten Nationalratspräsidenten teilen. Und auch Straches Hochzeit, vergangene Woche, blieb in den meisten Medien nur eine Randnotiz – jene Berichte, die es gab, stellten einmal mehr Norbert Hofer als Hochzeitsgast in den Fokus.

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Es liegt also auf der Hand zu fragen, ob Hofer seinem Parteichef nicht allmählich den Rang abläuft. Neuen Nährboden bekamen diese Spekulationen am Dienstag. In einer Pressekonferenz distanzierte sich der Parteiobmann Strache von Hofers umstrittenen Buch "Für ein freies Österreich. Souveränität als Zukunftsmodell".

Strache über Hofer-Buch: "Nicht so gescheit"

"Nicht so gescheit" finde er manche Passagen, sagte Strache vor Journalisten. Doch was hat es mit dieser Aussage auf sich? War es lediglich eine sanfte Entschuldigung für den Strahlemann Hofer? Oder hat Strache die Möglichkeit zu einem Seitenhieb auf einen ernstzunehmenden Konkurrenten genutzt?

Dass Hofer als potenzieller Strache-Nachfolger gehandelt wird, ist spätestens seit seinem Wahlerfolg beim ersten Durchgang der Präsidentschaftsstichwahl im Mai kein Geheimnis mehr.

Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmele sagte damals dazu: "Wenn es nun für die FPÖ darum geht, auf Platz eins zu kommen, ist Hofer sehr wohl als Konkurrent zu sehen, da könnte sich vielleicht eine innerparteiliche Debatte auftun. Mit der Aggressivität unter Strache ist die Partei sehr weit gekommen, ab hier könnte Hofer übernehmen."

"Good Cop, Bad Cop"

Anders sieht das Politikwissenschaftler Hubert Sickinger. Er konnte der Konkurrenzdebatte zwischen Hofer und Strache noch nie etwas abgewinnen. Viel mehr würden die beiden von Anbeginn auf eine Good-Cop-Bad-Cop-Strategie setzen. Während Hofer zunächst der "Good Cop" war, könnten sie nun die Rollen gewechselt haben.

Blaue Machtkämpfe hat es in der Vergangenheit schon öfter gegeben. Einer der bekanntesten: die Rangelei zwischen Jörg Haider und Susanne Riess (vormals Riess-Passer). Geht es nach FPÖ-Berater Lothar Höbelt, hätten Strache und Hofer zumindest daraus gelernt. Ausschließen wollte aber auch er einen Machtkampf nicht, wie er gegenüber dem "Standard" betonte.

Zu einem spannenden Zeitpunkt kommt Straches Kritik an Hofers Buch jedoch allemal: Schließlich soll in kaum zwei Monaten ein neuer Bundespräsident gewählt werden, der auch Norbert Hofer heißen könnte.

Neuwahlen fördern FPÖ-internen Machtkampf

Dass sich ein interner Machtkampf in der FPÖ abzeichne, gerade angesichts drohender Neuwahlen, sei eine logische Konsequenz, sagt Innenpolitikjournalist Wolfgang Rössler im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Angesichts eines sich abzeichnenden Duells von Sebastian Kurz gegen Christian Kern, steigt in der FPÖ zweifellos die Nervosität. Strache läuft dabei Gefahr nach mehr als zehn Jahren als Oppositionspolitiker alt auszusehen. Zugleich ist ihm mit Hofer ein parteiinterner Rivale erwachsen, der schon bei der Bundespräsidentenwahl gezeigt hat, dass er deutlich besser mobilisieren kann, als es Strache jemals konnte."

Insofern sei es nachvollziehbar, dass sich der blaue Parteichef von Hofer, der doch zu einer zweiten Macht geworden sei, absetzen wolle.

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