Vergangenes Jahr gewann Enissa Amani den Deutschen Comedypreis, jetzt moderiert sie ihre erste eigene Show auf ProSieben. Auf dem Sendeplatz von Stefan Raab. Doch wirklich überzeugen konnte die Premiere von "Studio Amani" nicht.

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Nein, sie werde natürlich nicht Nachfolgerin von Stefan Raab, wurde Enissa Amani vor dem Start ihrer ersten Show nicht müde, in Interviews zu erwähnen. Der habe schließlich die letzten Jahre das Fernsehen wie kein anderer geprägt.

Es ist aber auch klar, dass ProSieben nach dem Abgang des Moderators gravierende Lücken im Programm füllen muss, die ausnahmsweise nicht durch Wiederholungen von "The Big Bang Theory" abzudecken sind.

Und eines der neuen Gesichter dieses neuen ProSieben soll Enissa Amani sein. Sie gewann im letzten Jahr die Nachwuchs-Kategorie beim Deutschen Comedy Preis, ist laut eigener Aussage die Tochter eines "Sozialisten und einer Hardcore-Feministin" und moderiert jetzt ihre erste eigene Show. Auf dem Sendeplatz von Stefan Raab. In seinem alten Studio. So entgeht man den Vergleichen mit dem Moderator nicht.

Doch damit würde man der 32-Jährigen Deutsch-Iranerin Unrecht tun. Im Wesentlichen ist "Studio Amani" eine Late Night Show. Die Deko ist eine Mischung aus Shisha-Bar und Clublounge, das Publikum gewohnt frenetisch, die Pausen füllt eine Band - beziehungsweise in diesem Fall ein DJ. Und los geht es natürlich mit einem Eröffnungsmonolog.

Wenig Überraschendes

Amani trägt einen hautengen Rollkragenpullover, die Lockenmähne wallt weit über ihre Schultern. Es ist ein wenig, als würde Jennifer Lopez Witze erzählen. Man merkt ihr an, dass sie selbst noch nicht so richtig glauben kann, dass sie hier ist.

Es geht um Stereotypen, Deutsche, "Kanaken", das Standard-Repertoire von Comedians mit sogenanntem Migrationshintergrund. Das ist wenig überraschend, die Gags sind rar und der Stand-up will nicht so richtig in Fahrt kommen, aber damit unterscheidet sie sich nicht von Jan Böhmermann oder Jimmy Fallon, deren Stärken auch in anderen Bereichen liegen.

Dann wird es politisch. "Stellung beziehen und Haltung zeigen", will Amani. Das hatte sie im Vorfeld ihrer Show gesagt. Das Ergebnis dieser Haltung ist ein Meerschweinchen mit der Frisur von Donald Trump, das das Studio in den kommenden Folgen bevölkern wird. Sein neuer Mitbewohner: Hector, ein Artgenosse mit mexikanischem Migrationshintergrund. Es soll ihm Toleranz beibringen. Dazu gesellen sich noch ein paar NPD-Witze. Die einfachen Ziele eben. Aber wie immer, wenn politisches Sendungsbewusstsein und Humor aufeinander treffen: Das funktioniert nur, wenn es alle Seiten abkriegen. Die "heute-show" macht das besser.

Torten für das Publikum

Es folgen weitere bekannte Versatzstücke aus dem Late-Night-Fundus: eine Parodie auf einen Sanifair-Werbespot, mehr oder weniger lustige Fundstücke aus dem Netz, Amanis eigener Auftritt in einem Shopping-Kanal. Die sind schnell vergessen, ebenso wie Gast Antoine Monot jr., Schauspieler und besser bekannt als "Tech-Nick" aus der TV-Werbung einer Elektronik-Kette. Der muss Zuschauerfragen wie: "Wie reinigst du deinen Bart" oder "Was sagst du, wenn du wütend bist?", beantworten. Kreatives Fernsehen geht anders.

So richtig in Fahrt kommt die Show der Komikerin, die sich selbst als Tussi bezeichnet und an Miss-Wahlen teilnahm, in ihrer ersten Ausgabe nicht. Es ist offensichtlich, dass Amani das klassische Late-Night-Format einengt. Sie ist die Bühne gewöhnt, die direkte Reaktion des Publikums. Aber das ist keine Schande, an dieser Art der Unterhaltung haben sich in Deutschland schon andere versucht und sind daran gescheitert. Auch die ersten Ausgaben von Böhmermanns "Neo Magazin" waren keine Meisterleistungen.

Torte ins Gesicht des Publikums

Schuld daran ist aber weniger Amani als das Konzept der Sendung. Die Versatzstücke passen noch nicht richtig zusammen. Die Late-Night-Elemente sind schwach, bricht die Show aus diesem Korsett aus, kopiert "Studio Amani" Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf . Etwa in einer Rubrik, in der die Zuschauer "besonders krasse" Geschichten erzählen. Bereits nach Sekunden landen per Katapult Torten in ihrem Gesicht.

Eigenständig ist die Show der Komikerin nur am Ende, als sie in einer Art Comedy-Battle gegen Kollege Marek Fis antritt. Da ist sie in ihrem Element, umringt vom Publikum, das bei jeder Pointe johlt. Hier erfüllt sich auch der Wunsch für ihre Show, den sie im Interview mit "Die Welt" äußerte: "kreatives Chaos". Das hat sich in der ersten Ausgabe von "Studio Amani" nur zum Teil erfüllt: Chaotisch war die Premiere der Show. Jetzt muss sie nur noch kreativ werden.

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