Wien wird zum Schauplatz sensibler Nahost-Gespräche: Außenministerin Meinl-Reisinger empfängt ihre Amtskollegen aus Deutschland und Israel. Im Fokus stehen die Lage in Gaza, humanitäre Hilfe – und der schwierige Weg zu einem dauerhaften Frieden.
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) empfängt am Donnerstag ihre Amtskollegen aus Deutschland,
Österreich "weit mehr als ein Nachbar"
Der deutsche Außenminister betonte am Donnerstag vor seiner Abreise nach Wien, dass Österreich für Deutschland "weit mehr als ein Nachbar" sei, "mit dem uns Sprache, Geschichte, Familienbande und Freundschaften zusammenschweißen. Uns eint die Verantwortung, die wir für ein starkes und geeintes Europa übernehmen." Die Verantwortung drücke sich in gegenseitigem Vertrauen aus, das gerade jetzt gebraucht werde, wo die brutalen Angriffe" des russischen Präsidenten Wladimir Putin "auf die Ukraine unsere friedliche Zukunft als Europäer und die Sicherheit Europas als Ganzes herausfordern", hieß es in der Stellungnahme Wadephuls. Gemeinsam arbeite man mit Österreich daran, den Druck auf Putin zu erhöhen und weitere EU-Sanktionen zu beschließen.
Österreich und Deutschland eint nach Ansicht von Wadephul "auch ein klarer Auftrag, der sich als Verantwortung aus unserer Geschichte ergibt: Der gemeinsame Kampf gegen Antisemitismus." Gleichzeitig betonte er, dass nie wieder "ein Massaker wie am 7. Oktober 2023 verübt werden" dürfe. Die palästinensische Terrororganisation Hamas müsse die Waffen niederlegen und alle Geiseln freilassen, damit das Sterben ein Ende finde. Noch immer seien deutsche Staatsbürger in Geiselhaft im Gazastreifen. Daher werde sein Land weiterhin alles unternehmen, um einen Waffenstillstand mit zu vermitteln.
Wadephul forderte Israel zudem auf, "alles daran zu setzen, hunderttausende Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen vor dem Hungertod zu bewahren und zu versorgen. Das ist Israels Pflicht." Die internationalen Hilfsorganisationen müssten sofort umfassenden Zugang erhalten, um die humanitäre Hilfe zu den Menschen bringen zu können, mahnte der deutsche Außenminister.
Meinl-Reisinger und Wadephul unlängst in Israel
Bei dem Treffen in Wien stünden die Bemühungen um dauerhaften Frieden, einen Waffenstillstand in Gaza, die Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung mit humanitärer Hilfe sowie das iranische Nuklearprogramm, hatte das österreichische Außenministerium im Vorfeld mitgeteilt. Meinl-Reisinger hatte den Nahen Osten vergangene Woche besucht und war auch mit Saar zusammengekommen. Dabei hatte sie deutliche Kritik an der Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen geübt. Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) sei "kein verlässlicher Partner" und die Lage im Gazastreifen "unerträglich", hatte sie betont.
Auch Wadephul hat Israel vor nicht allzu langer Zeit besucht. Bei einem Treffen mit Saar im Mai forderte er Israel zu ernsthaften Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Gazastreifen auf. Beim Gegenbesuch Saars in Berlin im Juni sagte Wadephul Israel weitere Waffenhilfe zu. Er verlangte aber auch rasche humanitäre Hilfe im Gazastreifen und äußerte scharfe Kritik am Siedlungsbau im Westjordanland. Ebenso wie Meinl-Reisinger stellt sich Wadephul gegen ein auf EU-Ebene diskutiertes Aussetzen des Assoziierungsabkommens zwischen Israel und der EU. Im Artikel 2 des Abkommens wird das humanitäre Völkerrecht als Grundlage der Zusammenarbeit genannt.
Bemühungen um Waffenruhe
Auslöser des Gazakriegs war der Terrorangriff der palästinensischen Islamistenorganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Nach wie vor befinden sich rund 50 Geiseln in der Hand ihrer Kidnapper, nach israelischem Erkenntnisstand dürften davon noch mindestens 20 am Leben sein. Seither dem 7. Oktober wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 57.500 Palästinenser in Gaza getötet.
Aktuell laufen Bemühungen um eine 60-tägige Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln unter der Vermittlung von Katar, den USA und Ägypten. Israel ist nach Angaben von Insidern bereit, einzuwilligen. Bedingung sei allerdings die Entwaffnung der Hamas. Die Hamas ihrerseits hat zuletzt eigenen Angaben zufolge der Freilassung von zehn israelischen Geiseln zugestimmt. Eine ungelöste Frage sei aber noch der teilweise Rückzug der israelischen Streitkräfte während der Waffenruhe, berichteten Medien.
Für Aufsehen sorgten jüngst außerdem israelische Pläne für den Bau eines Lagers für 600.000 innerhalb des Gazastreifens vertriebene Palästinenser im Süden des Küstengebiets. Es soll laut Medienberichten während der angestrebten 60-tägigen Feuerpause entstehen und von internationalen Partnern verwaltet werden. Das Lager soll auch dazu dienen, einen "Emigrationsplan" für die Palästinenser umzusetzen. (APA/bearbeitet von skr)