Wie kann es sein, dass ein Mann bei der Stellung aus psychologischen Gründen untauglich ist und trotzdem legal Waffen besitzt? Diese und andere Fragen rund um den Waffenbesitz treiben die Österreicherinnen und Österreicher nach der Amoktat in Graz um. Und nicht nur sie.

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Nach dem Amoklauf in Graz mit elf Toten an einer Grazer Schule besprechen die Koalitionsparteien nun, wie und wo man die Hürden für den Waffenbesitz höher stellen kann. Es gebe bereits politische Gespräche, hieß es am Freitag aus dem Bundeskanzleramt auf APA-Anfrage. Über konkrete Inhalte wollte man sich vorerst nicht äußern.

Amokläufer von Graz besaß Tatwaffen legal

Der Täter hatte die Waffen, mit denen er an der Schule Menschen tötete, legal besessen. Er hatte im März bei einer zivilen Behörde einen psychologischen Test absolviert und hatte sich damit legal eine Pistole beschaffen können. Das Bundesheer hatte hingegen die psychische Instabilität des Grazers festgestellt.

Warum es dennoch zum Erhalt der Waffen gekommen war, war auch Thema beim Sicherheitsrat Donnerstagabend. Dass grundsätzlich Maßnahmen folgen müssen, befürworten alle Parteien, selbst die FPÖ will sich "sinnvollen Verbesserungen" nicht verschließen. Sicherheitssprecher Gernot Darmann schlug etwa die Anhebung der Altersgrenze für den Ankauf von Kategorie-C-Waffen vor, die derzeit bei 18 Jahren liegt.

Stellungsdaten sind grundsätzlich vertraulich

Auf Unverständnis auch bei den Freiheitlichen stößt allerdings die Tatsache, dass für den Erhalt der Waffenbesitzkarte keine Stellungsdaten herangezogen werden. Diese sind als "vertraulich" klassifiziert und dürfen ohne Zustimmung des Betroffenen nicht weitergegeben werden. Stattdessen muss bei einer zivilen Behörde ein psychologischer Test absolviert werden.

Laut Kanzleramt soll neben den allgemeinen Kriterien für den Waffenbesitz auch die Verwendung der Stellungsdaten politisch diskutiert werden. Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS seien bereits am Laufen, hieß es. Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach sich vor dem Innenministerrat in Luxemburg für einen Zugriff auf Daten der Stellungsbehörden aus.

Forderung nach Zentralregister seit 2007

Der frühere Polizist, Verhandlungsspezialist und ÖVP-Landtagsabgeordnete Hamedl erinnerte am Freitag daran, dass es im September 2007 bereits einen Antrag des steirischen Landtags an die Bundesregierung gegeben habe, in dem eine Novellierung des Waffengesetzes gefordert wurde. Dabei ging es um eine zentrale Verwaltung der Daten betreffend die Verlässlichkeitsprüfungen, insbesondere der in Auftrag gegebenen psychologischen Gutachten.

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Das Einrichten einer zentralen Datei zu absolvierten waffenpsychologischen Tests würde vor allem im Hinblick auf die Tätigkeit von Gutachtern mehr Transparenz bewirken, hatten Hamedl und sein Abgeordneten-Kollege Peter Rieser damals argumentiert. Zudem hätte es ihrer Ansicht nach zweifelsohne positive Auswirkungen für eine effiziente Vollziehung des Waffengesetzes.

Hamedl hatte in seiner Funktion als Verhandler bei Geisellagen und Suizidabsichten mehrfach dazu beigetragen, Menschenleben zu retten. Er hatte auch den "Männernotruf" in der Steiermark initiiert, der Männern eine Anlaufstelle bieten soll, um unter anderem Gewaltausbrüche zu verhindern.

Knapp 72.000 Unterschriften für Waffenverbot für Private

Mittlerweile haben knapp 72.000 Personen (Stand: 13. Juni, 17:10 Uhr) eine Petition der Initiative #aufstehn nach einem Waffenverbot für Private unterschrieben. Die Forderung richtet sich an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und die Bundesregierung.

"Österreich hat eines der lockersten Waffengesetze in Europa", kritisiert Philine Dressler, Kampagnenleiterin bei #aufstehn. Offiziell seien mehr als 1,5 Millionen Schusswaffen im österreichischen Privatbesitz registriert, bei steigender Tendenz. (APA/bearbeitet von ank)