Eigentlich ist der Nato-Gipfel für Trump ein Grund zum Feiern. Die Alliierten beugen sich seiner Forderung, mehr Geld in Verteidigung zu stecken. Der Start seiner Reise nach Europa beginnt aber mit schlechter Stimmung.

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Als Donald Trump in den Regierungsflieger Richtung Europa steigt, ist er bereits der Gewinner des Nato-Gipfels. Stunden vorher hat Trump eine Waffenruhe zwischen Iran und Israel angekündigt. Doch es läuft dann doch nicht so, wie er will. Die Waffenruhe wackelt. Der US-Präsident ist sauer und flucht in aller Öffentlichkeit: "They don't know what the fuck they're doing." (zu Deutsch: "Sie wissen nicht, was zum Teufel sie da tun.")

Der Kraftausdruck "what the fuck", der im Deutschen etwa "Was zum Teufel" oder "So ein Sch..." bedeutet, zeigt einen Trump, der nicht immer Herr der weltweiten Lage ist, auch wenn er es gern wäre.

Trump als Friedensstifter?

Dass die Waffen schweigen, wollte Trump eigentlich maximal auskosten. Noch vor beiden Ländern war er es, der den Erfolg verkündete. Mit der Waffenruhe kann sich Trump als Friedensstifter präsentieren.

Trotz der aktuell unsicheren Lage in Nahost: Trump hat Rückenwind, wenn er sich mit den Nato-Verbündeten auf dem zweitägigen Gipfel trifft. Pakistan - ein Nachbarland des Iran - hatte vor Tagen verkündet, den US-Präsidenten wegen seiner Vermittlung im Konflikt zwischen den Atommächten Indien und Pakistan für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen.

Trumps Triumph: mehr Verteidigungsausgaben

Der Gipfel im niederländischen Den Haag markiert für den Republikaner aber auch unabhängig von der Entwicklung in Nahost einen Triumph: Die Nato-Verbündeten werden ihre Verteidigungsausgaben erheblich nach oben schrauben. Daran hatte Trump schon in seiner ersten Amtszeit gearbeitet, immer wieder Druck gemacht jetzt fährt er die Ernte ein.

Die USA hatten den Ton schon vor Tagen gesetzt: Der Gipfel wird "historisch" sein, wie zum Beispiel US-Nato-Botschafter Matthew Whitaker versicherte.

Ein Problem (vorerst) gelöst

Mit der Waffenruhe löst sich zumindest vorerst für Trump ein Problem, das er im Reisegepäck gehabt hätte: Die Ungewissheit, wie der Gegenschlag Irans aussehen würde, nachdem die USA am Wochenende in den Krieg an der Seite Israels eingetreten waren. Nach Trumps Befehl hatten US-Militärflugzeuge bunkerbrechende Bomben auf Atomanlagen im Iran abgeworfen.

Trump drohte mit noch größeren Attacken, sollte die iranische Seite nicht einen Weg des Friedens einschlagen. Das genaue Ausmaß seiner Entscheidung war unklar, die weltweiten Folgen nicht absehbar. Und auch zu Hause hatte sich der US-Präsident mit der Entscheidung zum militärischen Eingriff einem politischen Risiko ausgesetzt. Viele Amerikanerinnen und Amerikaner sind kriegsmüde.

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Nicht wenige haben den Republikaner gerade deshalb gewählt, weil er im Wahlkampf versprochen hatte, sich aus Konflikten herauszuhalten, um sich stärker um die Probleme im eigenen Land zu kümmern. Mit den Angriffen gegen Iran ging Trump ein Risiko ein.

Was beim Gipfel mitschwingt

Trump hatte am Wochenende quasi einen militärischen Alleingang gegen den Iran hingelegt während andere Länder aus Europa noch um Diplomatie bemüht waren. Deutschland, Frankreich und Großbritannien galten als düpiert. Interessant wird sein, ob von dem Gipfel dennoch ein Zeichen der Geschlossenheit ausgehen wird.

Ukraine-Krieg wieder im Fokus

Eigentlich ist der Nato-Gipfel noch von einem anderen Krisenthema geprägt: dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Russland ist überhaupt der Grund, warum die jährlichen verteidigungsrelevanten Ausgaben der Bündnisstaaten bis 2035 auf mindestens fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht werden sollen. Ein Betrag von mindestens 3,5 Prozent des BIP soll dabei auf klassische Militärausgaben entfallen. Das ist die größte Aufrüstung der Nato seit Ende des Kalten Krieges.

Die Europäer und Trump haben bislang beim Thema Ukraine keinen Gleichklang gefunden. Der US-Präsident befindet sich in einem Spannungsfeld: Einerseits betont er immer wieder enge Bünde zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, die beiden telefonierten jüngst mehrmals. Passiert ist unterm Strich nichts.

Andererseits muss sich Putin scharfe Töne gefallen lassen. Nach einem massiven russischen Drohnenangriff hatte Trump über Putin geschrieben: "Er ist absolut verrückt geworden! Er tötet unnötigerweise eine Menge Menschen, und ich spreche nicht nur von Soldaten", schrieb Trump. "Raketen und Drohnen werden auf Städte in der Ukraine geschossen, ohne jeglichen Grund."

Vor seinem Wahlsieg hatte der 79-Jährige immer wieder postuliert, er könne den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden. Das ist dem Republikaner nicht gelungen.

Bleibt Trump diesmal bis zum Ende?

Eine Frage bleibt vor dem Treffen auch: Wird Trump vorzeitig vom Nato-Gipfel abreisen oder zieht er sein Programm bis Mittwoch durch? Mitte Juni hatte Trump überraschend den G7-Gipfel in Kanada vor dem Ende verlassen.

Nach seiner Landung gegen 19:00 Uhr trifft der US-Präsident mit anderen Verbündeten das niederländische Königspaar bei einem Dinnerabend. Am Mittwoch sollen Sitzungen folgen und bilaterale Gespräche. Laut weißem Haus will Trump am Mittwochnachmittag wieder zurückfliegen. (Anna Ringle und Luzia Geier, dpa/bearbeitet von ng)