Die Maskenaffäre von Jens Spahn sorgt auch Jahre nach der Corona-Pandemie noch für Gesprächsstoff. Nach Veröffentlichung des größtenteils geschwärzten Sudhof-Berichts stellte sich Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach den spitzen Fragen von Markus Lanz. In seiner Sendung ließ der ZDF-Moderator nicht locker und versuchte, Lauterbach mehrmals aus der Reserve zu locken.

Eine TV-Nachlese
Diese TV-Nachlese gibt die persönliche Sicht von Natascha Wittmann auf die Sendung wieder. Sie basiert auf eigenen Eindrücken und ordnet das Geschehen journalistisch ein. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

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Mit insgesamt 168 eingescannten und größtenteils geschwärzten Seiten sorgt der Sudhof-Bericht zur Maskenaffäre von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn für jede Menge politischen Zündstoff. "Es geht um Masken und vor allem um Milliarden - um viele Milliarden", erklärte Markus Lanz dazu am Donnerstagabend in seiner Sendung.

Der Moderator wollte in dem Zusammenhang wissen: "Wer hat das eigentlich zu verantworten?" Um der Frage auf den Grund zu gehen, versuchte Lanz, die Inhalte des Sudhof-Berichts näher zu beleuchten. Ein Versuch, der sich als nicht einfach herausstellte.

Christina Berndt
Journalistin Christina Berndt erläuterte, dass die Inhalte des Sudhof-Berichts äußerst skandalös seien und unbedingt veröffentlicht werden müssen. © ZDF / Markus Hertrich

Die Gäste

  • SPD-Politiker Karl Lauterbach nimmt Stellung zu dem von ihm in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht zur Maskenaffäre von Jens Spahn: "Ich kenne den Bericht, aber ich äußere mich dazu nicht."
  • Journalistin Christina Berndt analysiert die politische Aufarbeitung der Maskenaffäre: "Wenn man das alles addiert, dann wird das der Skandal, der am Ende am meisten Geld in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verbrannt haben wird."
  • Unternehmerin Tanja Gulden erläutert ihre Vorwürfe an der Bundesregierung: "Wir haben tatsächlich auf eine Herausgabe des ungeschwärzten Berichts geklagt."
  • Wirtschaftsweiser Martin Werding äußert sich zur Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme: "Die Spielräume sind zuletzt klein gewesen."

Das Wortgefecht

Mit Blick auf den größtenteils geschwärzten Sudhof-Bericht fragte Markus Lanz irritiert: "Was soll das, sowas an die Öffentlichkeit rauszugeben? Kann man sich doch auch sparen!"

Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach wiegelte prompt ab: "Ich bin heute echt nicht in der Sendung, um meine Nachfolgerin zu kritisieren. Das mache ich nicht." Der ZDF-Moderator stellte daraufhin klar: "Das ist auch eher eine Verständnisfrage - auch aus der Perspektive der deutschen Steuerzahler." Immerhin gehe es laut Lanz um 3,7 Milliarden Euro Steuerzahlergeld.

Markus Lanz, Karl Lauterbach
Karl Lauterbach redete sich bei "Markus Lanz" um Kopf und Kragen und beteuerte mehrmals, keine Kritik an seiner Nachfolgerin Nina Warken üben zu wollen. © ZDF/Markus Hertrich

Statt darauf einzugehen, wiederholte Lauterbach: "Für einen Gesundheitsminister gehört es sich jetzt nicht, der Nachfolgerin hier Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Daher kommentiere ich das nicht." Lanz konterte bezüglich der Nachfolgerin Nina Warken unbeeindruckt: "Den Knüppel haben Sie ihr ja hingeworfen. Sie haben ja diesen Bericht da im Tresor im Keller liegen lassen."

Der SPD-Politiker schüttelte entschieden mit dem Kopf: "Nein, das habe ich nicht. (...) Ich habe den Bericht damals in Auftrag gegeben, weil ich der Meinung war, dass die Öffentlichkeit ein Anrecht darauf hat, (...) zu wissen, was damals gewesen ist. Und das ist auch richtig gewesen." Lanz wollte daraufhin wissen, ob Karl Lauterbach den Sudhof-Bericht kenne. Der ehemalige Gesundheitsminister nickte: "Jetzt natürlich, das ist gar keine Frage."

Eine Steilvorlage für den ZDF-Moderator, der fragte: "Warum wird denn da so großflächig geschwärzt?" Als Lauterbach mit einem genervten "Das müssen Sie nicht mich fragen" konterte, hakte Lanz nach: "Haben Sie den geschwärzten oder den offenen Bericht bekommen?" Der SPD-Mann antwortete ehrlich: "Als die Arbeit von Frau Sudhof abgeschlossen war, habe ich natürlich den ungeschwärzten Bericht bekommen."

Lauterbach weiter: "Ich kenne den Bericht, aber wie gesagt, ich äußere mich dazu nicht, weil ich einfach nicht meine Nachfolgerin in irgendeiner Weise heute kritisieren möchte." Der ZDF-Moderator ließ dennoch nicht locker und fragte: "Wie viele Leute kennen diesen ungeschwärzten Bericht?" Lauterbach reagierte schwammig: "Das will ich nicht sagen. Das weiß ich ehrlich gesagt nicht ganz genau."

Tanja Gulden
Tanja Gulden hat 600.000 Masken an den Bund geliefert und wartet bis heute auf 2,7 Millionen Euro. "Der Bund trat damals vom Vertrag zurück mit der Begründung, wir hätten angeblich mangelhafte Masken geliefert", so die Unternehmerin. © ZDF / Markus Hertrich

Der Moderator zeigte sich erneut irritiert: "Wollen Sie es nicht sagen oder wissen Sie es nicht?" Karl Lauterbach offenbarte: "Ganz ehrlich gesagt, ich weiß es nicht ganz genau. (...) Es sind auf jeden Fall nicht so viele." Der Politiker wollte in dem Zusammenhang auch nicht verraten, ob er selbst den Bericht ungeschwärzt veröffentlicht hätte.

Er sagte lediglich: "Wenn so ein Bericht mit viel Schwärzungen kommt, dann kommt es zu Sendungen wie heute." Da musste Markus Lanz plötzlich lautstark loslachen: "Der war nicht schlecht. (...) Das war die schönste Art, Kritik an Ihrer Nachfolgerin zu üben, ohne Kritik an Ihrer Nachfolgerin zu üben."

Die Offenbarung des Abends

ZDF-Moderator Markus Lanz wollte im Laufe der Sendung immer wieder wissen, warum es um den Sudhof-Bericht eine solche "Geheimniskrämerei" gebe. Unternehmerin Tanja Gulden, die für ihre Maskenlieferungen an den Bund bis heute nicht bezahlt wurde, offenbarte daraufhin: "Wir haben tatsächlich auf eine Herausgabe des ungeschwärzten Berichts geklagt." Sie habe schließlich "ein Interesse, zu erfahren, was da tatsächlich drinsteht - auch in den geschwärzten Teilen".

Journalistin Christina Berndt ergänzte zustimmend: "Jeder kann verstehen, dass in einer Krisensituation Dinge schwierig sind, manchmal auch Geld verbrannt wird, weil man bestimmte Wege sucht, weil es schnell gehen muss. (...) Aber hier ist mehr als das passiert und das wird sehr, sehr deutlich, wenn man sich den Sudhof-Bericht genauer anschaut."

Karl Lauterbach erklärte in dem Zusammenhang: "Es wurde Ramsch geliefert, es wurden hohe Beträge bezahlt. Das kann ja natürlich nicht richtig sein." Lanz wurde hellhörig: "Im Zusammenhang mit Masken? Das steht im Bericht drinnen?" Lauterbach nickte, ruderte dann aber plötzlich zurück: "Genau, aber (...) Details tun hier nichts zur Sache." Der ZDF-Moderator hielt prompt dagegen: "Doch, doch!" Karl Lauterbach lenkte das Thema jedoch schnell auf sein eigenes Versäumnis und räumte ein, dass er "Frau Sudhof früher mit dieser Aufgabe" hätte betrauen müssen.

Journalistin Christina Berndt stellte daraufhin klar: "Sie hätten den Bericht natürlich auch schon veröffentlichen können. (...) Der liegt ja seit Januar 2025 vor, da waren Sie noch Minister. Dann hätten wir jetzt auch nicht diesen ganzen Ärger noch im Nachhinein." Ein Vorwurf, auf den Lauterbach ruhig reagierte: "Das ist nicht ganz falsch, aber der Bericht wurde ja noch geprüft."

Laut des Ex-Gesundheitsministers seien zudem alle Personen, die im Bericht erwähnt wurden, vorab mit den Inhalten betraut worden. Grund genug für Lanz, zu fragen, ob Jens Spahn demnach den Bericht gesehen habe. Karl Lauterbach reagierte genervt: "Er ist doch kein Mitarbeiter von mir gewesen." Lanz stichelte zurück: "Nein, aber Entschuldigung: Er ist die zentrale Figur in diesem Bericht."

Der ZDF-Moderator fügte mit strengem Blick hinzu: "Es riecht nach Parteitaktik, wenn man die zentrale Figur in diesem Bericht nicht befragt. Wenn es um Aufklärung geht, muss man doch den befragen, der ganz maßgeblich für das Eine oder Andere verantwortlich ist."

Statt Fehler zuzugeben, verteidigte sich Lauterbach energisch: "Aber das war doch nicht die Aufgabe des Berichts, sondern die Aufgabe des Berichts war, festzustellen, was ist damals im Haus gemacht worden." Lauterbach weiter: "Kein Politiker ist gefragt worden - Scholz nicht, ich nicht, Merkel nicht!" Lanz merkte dazu an: "Aber Sie haben ihn gelesen. Jens Spahn hat ihn nicht gelesen."

Der Erkenntnisgewinn

Bei "Markus Lanz" machte Christina Berndt deutlich, wie viel politischer Sprengstoff im Sudhof-Bericht zu stecken scheint. "In diesem Bericht stehen ja wirklich skandalöse Dinge drinnen", so die Journalistin. Sie sprach in dem Zusammenhang von fragwürdigen Geschäften, "Provisionen, aber auch Beauftragungen im hemdsärmeligen Verfahren durch Herrn Spahn, von einer Firma, die mit der CDU sehr vernetzt ist".

Laut Berndt hätte der Bericht demnach "sehr viel früher" veröffentlicht werden müssen: "Das sehe ich schon als großes Versäumnis." Nun habe die Aufklärung laut der Journalistin oberste Priorität, denn "es geht darum, welche Rolle hat da ein Minister gespielt, der heute noch in einer sehr hohen Funktion ist. (...) Da muss man, finde ich, jetzt sehr, sehr genau hingucken."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

Teaserbild: © ZDF/Markus Hertrich