Die Streichung von Grundausbildungsklassen in sechs österreichischen Bundesländern sorgt für Unruhe. Während das Innenministerium auf einen "Allzeit-Personalhöchststand" verweist, kritisieren Personalvertreter die Maßnahme scharf.

Das Sparprogramm bei der österreichischen Polizei weitet sich nun auch auf die Neuaufnahmen aus. Im September fallen Grundausbildungsklassen in sechs Bundesländern weg. Das zeigen entsprechende APA-Recherchen. Personalvertreter übten am Donnerstag Kritik. Das Innenministerium verwies in einer Reaktion am Donnerstag darauf, dass der Stellenplan "durch das Bundesfinanzgesetz festgelegt" sei und es derzeit einen "Allzeit-Personalhöchststand" gebe.

Konkret gehen die Bundesländer Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark und Burgenland im September komplett leer aus. In Niederösterreich geht im September zumindest jeweils ein sechsmonatiger Grenzpolizeikurs sowie ein dreimonatiger Kurs zur Ausbildung von Grenzassistenten über die Bühne, wie aus einem entsprechenden Schreiben an die Landespolizeidirektionen vom 17. Juni, das der APA vorliegt, hervorgeht. Darin ist von einer "ersten Adaptierung der Neuaufnahmeplanung" die Rede.

Ministerium verweist auf Allzeit-Personalhöchststand

Es seien derzeit so viele Polizistinnen und Polizisten wie nie zuvor im Dienst, beteuerte das Innenministerium in einer Reaktion auf den Bericht zu den Kursstreichungen. Zahlen zum Verhältnis von Beamtinnen und Beamten im aktiven Streifendienst zu jenen in Sonderverwendungen wurden nicht genannt. Mit Ausnahme von Wien und Vorarlberg registriere man jedoch in allen Ländern einen Personal-Überstand. "Dass es auf einzelnen Dienststellen zu Abweichungen kommen kann, steht außer Frage." Nachsatz: "Der Fokus der Neuaufnahmen liegt auf dem Ballungsraum Wien und Vorarlberg."

Im heurigen Jahr seien 1.500 Neuaufnahmen - "für den gesamten Ressortbereich und in allen Bundesländern" geplant, in den vergangenen beiden Jahren 4.200 Aufnahmen erfolgt. Zudem befänden sich rund 3.800 Personen derzeit in Grundausbildung. Damit seien die Kapazitäten "in allen Bundesländern nahezu erschöpft". Es werde aber "beim Exekutivdienst jede freigewordene Stelle 1:1 nachbesetzt".

Angebot für Wien und Vorarlberg

Zum Aufnahmeturnus im Dezember wurden keine Angaben gemacht. Seit Ende Juni finden sich aber auf der Recruitingwebseite des Innenministeriums lediglich Ausschreibungen für die Fremden- und Grenzpolizei in Niederösterreich sowie für die Polizeigrundausbildung in Oberösterreich und Wien. Im Gegensatz dazu wurde die Ausschreibung für den September-Turnus auf der Webseite am Donnerstagnachmittag bis 14.00 Uhr noch nicht aktualisiert.

Von den Streichungen betroffenen Bewerbern dürfte jedenfalls angeboten worden sein, ihre Punkte beim Eignungstest für die Grundausbildung in Wien oder Vorarlberg einzusetzen. Das geht jedenfalls aus einem Schreiben von Ende Juni an einen Kandidaten des Aufnahmeverfahrens hervor, das der APA vorliegt. Die erzielten Punkte würden ein Jahr ihre Gültigkeit behalten, heißt es darin.

Ausfälle bei Streifen, keine Nachbesetzungen bei Krankenständen

Der steirische Gewerkschafter Jürgen Grill widersprach der Darstellung des Innenministeriums im Hinblick auf die Nachbesetzungen von Abgängen am Donnerstag hingegen. "Wir hatten heuer bisher 59 Pensionierungen. Dem gegenüber stehen bisher 28 Neuaufnahmen und es werden nach derzeitigem Stand nicht mehr", sagte Grill von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). Grill verwies in diesem Zusammenhang auf fehlende Nachbesetzungen bei Krankenständen am Wochenende, Ausfälle bei Sektor- und Jugendschutzstreifen in zahlreichen Bezirken sowie die Herabsetzung der personellen Mindestbesetzungen in Graz.

Personalvertrater: Pensionsabgänge lassen sich nicht ausgleichen

Martin Heinzl, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG), sagte am Nachmittag über die Kursabsagen, dass "wir natürlich auch keine Freude damit haben". Natürlich könne man nicht zufrieden sein, so Heinzl. Er hoffe, "dass sich das wieder konsolidiert". Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete und AUF-Personalvertreter im Zentralausschuss, Reinhold Maier, sprach gegenüber der APA von lediglich "1.486 statt ursprünglich geplanten 2.466 Neuaufnahmen". Die prognostizierten Pensionsabgänge ließen sich "in dieser Form definitiv nicht kompensieren", stellte Maier klar. "Das führt zwangsläufig zu weniger Präsenz".

Von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) kritisierten der stellvertretende Bundesvorsitzende Walter Strallhofer die Fortführung "der falschen Personalpolitik der letzten Jahrzehnte". Martin Noschiel, stellvertretender Vorsitzender im Zentralausschuss im Innenministerium ergänzte am Nachmittag: "Wenn man sagt, dass an der Sicherheit nicht gespart wird, ist das nicht vereinbar mit Streichung von Grundkursen." In die gleiche Kerbe schlug auch die burgenländische SPÖ. Es sei zudem "nicht akzeptabel, dass gerade das Burgenland als Grenzregion von Kürzungen betroffen ist", sagten die beiden Landtagsabgeordneten Roman Kainrath und Jürgen Karall in einer Aussendung. Auch sie hielten dem Innenministerium entgegen, dass es im Burgenland für bisherige Abgänge noch keine Nachbesetzungen gegeben habe.

Grüne halten Kursstreichungen für brandgefährlich

Kursstreichungen würden vollzogen "während rechtsextreme Netzwerke immer aktiver werden und das Problem illegaler Waffen täglich größer wird", richtete die Grüne Sicherheitssprecherin Agnes Prammer Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) per Aussendung aus. Das sei "brandgefährlich". Karner müsse "zu seinem Wort stehen" und solle die Polizei "unterstützen, nicht einschränken."

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Seit dem Frühjahr sind bei der Polizei weitreichende Sparmaßnahmen in Kraft. Betroffen sind nicht nur Überstunden sondern auch Sachkosten, Bauprojekte, die Blasmusikkapellen in den Landespolizeidirektionen, die Rekrutierungsboni sowie das Klimaticket und der kostenlose Führerschein für Polizeischülerinnen und Polizeischüler. Derzeit sollen auch Kürzungen bei der Basisbelohnung im Raum stehen. Das Innenministerium hatte die Einschnitte im März mit dem damals noch ausständigen Bundesbudget begründet. (APA/bearbeitet von amb)