US-Vizepräsident JD Vance hat bei einem Auftritt am Mittwoch versöhnliche Töne gegenüber Europa angeschlagen. Bislang war Vance als scharfer Kritiker in Erscheinung getreten.

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Ein Auftritt von US-Vizepräsident JD Vance am Mittwoch hat bei Beobachtern für Erstaunen gesorgt. Vance nannte die Europäer seine "Freunde" und relativierte auch seine scharfen Aussagen zum Umgang mit der AfD in Deutschland.

Vance hatte den Europäern bei seinem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar angebliche Defizite bei der Meinungsfreiheit vorgeworfen und den deutschen Umgang mit der AfD kritisiert. Damit löste er in Deutschland einen Sturm der Entrüstung aus.

Vance sagte nun, es gehe der US-Regierung nicht um einen Gegensatz "Europa schlecht, Amerika gut". Sowohl Europa als auch die Vereinigten Staaten seien bei der Meinungsfreiheit "ein wenig vom Kurs abgekommen". Beide Seiten müssten abwägen "zwischen der Überwachung der Grenzen demokratischer Rede" und "dem Verlust des Vertrauens unserer Bürger", sagte Vance, jedes Land ziehe da die Linie etwas anders.

Vance: Europa und die USA im selben Team

Auch die Sorge vieler Europäer, dass man sich in verteidigungspolitischen Fragen nicht mehr auf die USA verlassen könne, zerstreute Vance: "Ich denke sehr wohl, dass die Vereinigten Staaten und Europa immer noch im selben Team spielen."

Es gebe zwar immer noch Meinungsverschiedenheiten, zum Beispiel beim Thema Verteidigungsausgaben. Laut Vance werde man die aber besprechen und lösen. Trump hatte die Europäer wiederholt aufgefordert, fünf Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Rüstung auszugeben. Die Zielmarke der Nato liegt aktuell bei zwei Prozent. 22 von 32 Nato-Mitgliedern erreichen dieses Ziel.

Aktuell laufen Verhandlungen, das Ziel anzuheben, um den Amerikanern entgegenzukommen und sich an die veränderte Bedrohungslage durch Russland anzupassen.

Nato-Chef Rutte hat laut Nachrichtenagentur Reuters dafür folgenden Plan: Die traditionellen Verteidigungsausgaben sollen auf 3,5 Prozent angehoben werden, weitere 1,5 Prozent sollen für sicherheitsrelevante Ausgaben im weiteren Sinne eingeführt werden – insgesamt also fünf Prozent.

Bald auch Einigkeit im Zollstreit?

Auch beim Zollstreit gab sich Vance zuversichtlich, dass bald eine Einigung mit den Europäern erzielt werden kann: "Ich glaube, mit Europa wird dies eine sehr einfache Unterhaltung", sagte Vance.

Am Donnerstag soll bereits das erste Handelsabkommen der US-Regierung vorgestellt werden – offenbar mit Großbritannien. Es handle sich um das "erste von vielen" Vertragswerken, teilte Trump in seinem Onlinedienst Truth Social mit.

Der britische Premier Keir Starmer werde sich im Laufe des Tages zum Fortgang der Verhandlungen über das Abkommen äußern, teilte am Morgen ein Regierungssprecher in London mit.

Glückwünsche an Merz

US-Vizepräsident JD Vance nutzte den Auftritt auch, um dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu seiner Wahl zu gratulieren. Vance sprach Merz am Mittwoch im Namen von Präsident Donald Trump seine Glückwünsche aus: "Wir werden in den nächsten Tagen ein Gespräch mit ihm führen und wir freuen uns darauf." Der Kanzler will an diesem Donnerstag erstmals mit Trump telefonieren.

Allzu sicher darf man sich aber nicht sein, ob die neuen Töne wirklich eine Kehrtwende in der US-Politik und in Vance Denken in Bezug auf Europa bedeuten. In internen Chats, die im März veröffentlicht wurden, war der Vizepräsident als besonders europakritisch aufgefallen.

Erst vergangenen Freitag hatte Vance Deutschland vorgeworfen, die Berliner Mauer wieder aufzubauen. Er übte damit scharfe Kritik an der Verfassungsschutz-Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch. US-Außenminister Marco Rubio sprach sogar von "verkappter Tyrannei" in Deutschland. Merz verbat sich solche innenpolitischen Einmischungen aus den USA.

Verwendete Quellen

Teaserbild: © AFP/MANDEL NGAN