Wie verarbeitet man das Trauma seiner Jugend? Eben dieser Frage widmet sich der ZDF-Film "Mels Block", in dem Caro Cult in der Hauptrolle versucht, mit der eigenen Vergangenheit Frieden zu schließen. Wir haben mit der Schauspielerin gesprochen.
Als Selfmade-Millionärin kehrt Caro Cult in "Mels Block" (streambar in der ZDF-Mediathek und am 19. August um 00.20 Uhr im ZDF) zurück in das Plattenbauviertel, in dem sie aufgewachsen ist. Sie will mit ihrer Vergangenheit abschließen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht: "Die Story zeigt, dass es unterschiedliche Wege gibt, mit einem Trauma umzugehen und es zu bewältigen", so Cult.
Im Interview mit unserer Redaktion spricht die Schauspielerin über ihre Jugend und den "krassesten Job der Welt": Mutterschaft. Zudem ordnet die 31-Jährige ein, inwiefern knappe Budgets am Set Produktionen erschweren und was Mom-Bashing mit ihr macht.
In "Mels Block" stehen Sie in Ihrer Rolle für die Herausforderung, mit dem Trauma der eigenen Vergangenheit Frieden zu schließen. Wie haben Sie reagiert, als Sie das Drehbuch zum ersten Mal gelesen haben?
Caro Cult: Als ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich riesig gefreut. Ich war wahnsinnig dankbar über den Tiefsinn dieser sehr realistischen Erzählung. Denn die Story zeigt, dass es unterschiedliche Wege gibt, mit einem Trauma umzugehen und es zu bewältigen. Für mich steht die Rolle der Mel dafür, sich etwas herauszunehmen, was sonst eher meinen männlichen Kollegen in ihren Rollen vorbehalten ist. Außerdem hat mir Mels Fehlbarkeit direkt gefallen. Auch wenn es etwas klischeebehaftet ist, zeigt ihre Geschichte, dass Erfolg und Geld allein nicht glücklich machen. Insofern habe ich das Drehbuch damals verschlungen.
Der Film erzählt Mels Geschichte in zwei Erzählebenen und zeigt die Geschichte der Teenager-Mel und der erwachsenen Businessfrau-Mel. Wie ordnen Sie den Wandel Ihrer Figur ein?
Ich glaube, dass Mel sich viele Brücken geschaffen hat, um mit verschiedenen Dingen umzugehen. Bis zu einem gewissen Punkt funktioniert dieser Plan und sie denkt, als 35-Jährige in die Heimat zurückkehren zu können, um etwas zu verändern. Dabei spielt ihre Fassade, die sie sich hart erarbeitet hat, eine große Rolle. Doch eben diese Fassade bröckelt und sie muss erkennen, dass es nicht ausreicht, eine Mauer um sich herum aufzubauen. Vielmehr geht es darum, in sich selbst Harmonie zu finden und vergeben zu können – auch wenn die anderen sich vielleicht nicht geändert haben. Vergebung muss in einem selbst geschehen. Weil ihr das aber nicht gelungen ist, trägt sie die Wut noch immer in sich, genauso wie damals als Teenagerin
Caro Cult würde gerne mal eine "echte Fighterin" spielen
Was würden Sie als Erwachsene von heute der jungen Teenager-Mel in dem Film gerne sagen?
Als Teenager macht das Leben, das man führt, die ganze Welt aus. Man kann sich noch nicht vorstellen, dass man die meisten Menschen, die einen lieben und das Leben bereichern werden, noch gar nicht getroffen hat. Insofern würde ich der jungen Mel gerne sagen, dass der größte Teil des Lebens noch stattfinden wird. Ich weiß aber nicht, ob diese Botschaft bei ihr ankommen würde, denn ich erinnere mich noch sehr gut daran, was meine Welt in diesem Alter ausgemacht hat.
Wie waren Sie als Teenagerin?
Ich war wild, lustig und vielleicht auch ein wenig verrückt. Ich hatte bunte Haare und war ziemlich rebellisch (lacht).
Grenzen haben also keine wirkliche Rolle für Sie gespielt?
Doch, Grenzen haben insofern eine Rolle für mich gespielt, dass ich sie unbedingt übertreten wollte (lacht).
In welche Filmrolle würden Sie gerne einmal schlüpfen?
Ich hätte große Lust, einmal eine echte Fighterin in einem actionreichen Film zu spielen. In diesem Zusammenhang könnte ich meine Sportlichkeit einsetzen. Außerdem würde ich wahnsinnig gerne mal einen Rockstar spielen. Ich selbst kann leider überhaupt nicht singen, würde aber trotzdem gerne in eine solche Rolle schlüpfen. Darüber hinaus mag ich Rollen, die psychologisch sehr tiefgehend sind.
"Mutterschaft ist der krasseste Job der Welt"
In einem Instagram-Post haben Sie kürzlich einen ehrlichen Einblick in Ihre Mutterschaft gegeben und von dem häufig zitierten "Dorf" gesprochen, das es braucht, um ein Kind großzuziehen. War Ihnen die Bedeutung dieses "Dorfes" bewusst, ehe Sie selbst Mutter geworden sind?
Ich wusste schon früh, dass ich als Mutter Dinge anders machen möchte als manche Mütter aus der Generation meiner Kindheit. Insofern war mir wahnsinnig wichtig, einen richtig guten Mann zu heiraten, mit dem ich genau das machen kann. In meinem Freundeskreis gab es bereits einige Mütter und ich bekam mit, dass allein der Schlafentzug, den das Leben mit Baby mit sich bringt, Menschen schnell an ihre Grenzen bringen kann. Natürlich kann man sich vor der Geburt eines Kindes viele Dinge zurechtlegen und planen – doch wenn beide Elternteile nach schlaflosen Nächten müde sind, kann es schon herausfordernd werden.
Umso dankbarer bin ich, dass sich mein Partner trotz Müdigkeit für unser Baby aufrafft und wir eine Omi in unserer Nähe haben, die auch mal eine Nachtschicht für uns übernimmt. All das erfüllt mich mit immenser Dankbarkeit.
Was macht das sogenannte Mom-Bashing mit Ihnen?
Mutterschaft ist der krasseste Job der Welt – deswegen finde ich Phänomene wie Mom-Bashing wahnsinnig schade. Ein Kind gut zu prägen und es mit guten Werten und einem möglichst gesunden Geist und wertvollen Kompetenzen in die Welt zu entlassen, ist absolut herausfordernd. Insofern finde ich es einfach nicht ausreichend, was unsere Gesellschaft mit Müttern und Frauen macht. Das merke auch ich in manchen Situationen in meiner Mutterschaft: Ich muss gestehen, dass ich mir den Spagat zwischen Muttersein und Job einfacher vorgestellt hatte.
Dabei beschreibt der Begriff "Spagat" eigentlich schon das Problem. Denn wir sprechen hier von einem strukturellen Problem, das es Müttern wahnsinnig schwer macht, gleichermaßen Mama und berufstätig zu sein – auch in der Filmbranche. Aktuell arbeite ich in einer sehr familienfreundlichen Produktion. Obwohl alle Mitwirkenden ihr Bestes geben, wird dennoch deutlich, dass strukturelle Gegebenheiten einen familienfreundlichen Ablauf sehr erschweren.
Knappe Budgets erschweren Planung am Set
Inwiefern?
Es ist schade, dass die Fördergelder knapp sind oder gewisse Umstände nicht berücksichtigt werden. Ich denke da etwa daran, dass manche Frauen für Projekte nicht engagiert werden, weil sie ihr Kind stillen. Dass junge Mütter demnach nicht nur nicht gefördert werden, sondern ihnen der Wiedereinstieg in den Job häufig erschwert wird, empfinde ich als sehr schade. Umso glücklicher macht es mich, aktuell bei einer Produktion mitwirken zu dürfen, die sich größte Mühe gibt, all diese Faktoren zu ermöglichen.
Würden Sie in Zukunft also nur noch in Produktionen mitwirken, die eine familienfreundliche Umgebung garantieren?
Auf jeden Fall. Doch das bringt uns zum Kern. Denn die Produktionen selbst geben sich in der Regel die größte Mühe, ein familienfreundliches Umfeld zu schaffen. Das Problem sind die Budgets, die so knapp sind, dass die Planung am Set kaum zu bewältigen ist.
Was ist Mutterschaft für Sie?
Empfehlungen der Redaktion
Mutterschaft ist das große Geschenk und die noch größere Verantwortung, einen Menschen beim Erwachsenwerden zu begleiten und ihm hoffentlich das Werkzeug an die Hand zu geben, um später ein selbstbestimmtes und glückliches Leben zu führen.
Im vergangenen Jahr haben Sie zusammen mit Maria Ehrich den True-Crime-Podcast "Reise in den Tod" gehostet. Können Sie sich weitere Podcast-Projekte vorstellen?
Auf jeden Fall. Maria Ehrich und ich haben uns als absolutes Podcast-Team gefunden und zwischen uns ist eine wundervolle Freundschaft entstanden. Aus diesem Grund bin ich mir ziemlich sicher, dass von uns beiden in Zukunft etwas zu hören sein wird.
Über die Gesprächspartnerin
- Caro Cult ist eine deutsche Schauspielerin, der 2016 mit ihrer ersten Hauptrolle in dem Film "High Society" der Durchbruch gelang. In der dritten Staffel der Serie "Babylon Berlin" war Cult in der Rolle der Tänzerin Vera zu sehen. Zudem wirkte sie in Haupt- und Nebenrollen in verschiedenen Produktionen mit, etwa in der Netflix-Serie "Biohackers", im Film "Immenhof – das große Versprechen" oder im Drama "Für Jojo". 2025 wurde sie erstmals Mutter.