Ana de Armas sollte Keanu Reeves in dem Action-Franchise ablösen – doch nun teilt sie sich die Leinwand mit ihm. Das Ergebnis: Ein blutiges Action-Ballett, das auf störende Handlung weitgehend verzichtet.
"Kämpfe wie eine Frau", sagt die Trainerin zu "Ballerina" Eve Macarro (
Kurz darauf tritt Eve den muskelbepackten Sparringspartner in die Weichteile, knallt ihn auf die Matte und verpasst ihm im Weggehen, als er gekrümmt auf dem Boden liegt, gleich noch einen ordentlichen Stampfer dahin, wo Männer am empfindlichsten sind. Die Kämpferin verzieht keine Miene. Im Universum von "John Wick" heißt fies sein, immer auch cool dabei aussehen.
Eigentlich sollte die 37-jährige Schauspielerin Ana de Armas
Der fünfte Film könnte 2027 in die Kinos kommen und soll einen Neuanfang markieren – erneut mit Keanu Reeves. Eve Macarro ist nun also eine Art Jane Wick, eine weitere Figur dieses Action-Universums, das zeitlich zwischen dem dritten und dem vierten "John Wick"-Film liegt.
"Ballerina": Aufgezogen von einer Killer-Familie
Der Plot von "Ballerina" oder "From the World of John Wick: Ballerina", wie der Film offiziell heißt, ist so banal, wie das heute bei dieser Art von Genre-Streifen üblich ist. Als kleines Mädchen beobachtet Eve, wie ihr Vater von einer mysteriösen Killer-Brigade ermordet wird.
Auf der Polizeistation spricht sie "John Wick"-Veteran Winston Scott (Ian McShane) an und bringt sie zu "der Direktorin" (Anjelica Huston). Hier wird sie bei den Ruska Roma zur Balletttänzerin und Profikillerin ausgebildet. Als sie bei einem Auftrag einen der Mörder ihres Vaters wiedererkennt, legt sie sich im Alleingang mit einer obskuren Kämpfer-Sekte unter der Leitung des "Kanzlers” (Gabriel Byrne) an.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt bleibt für Dialoge nicht mehr viel Zeit. Ana de Armas, die ihre Kampffähigkeiten schon in "James Bond 007: Keine Zeit zu sterben" unter Beweis stellte, prügelt, sticht und ballert sich durch ein zweistündiges Action-Spektakel, das kaum Zeit zum Durchschnaufen lässt - die Aufmerksamkeitsspanne der Generation Smartphone ist kurz.
Doch das ist genau das, was die Fans der John Wick-Reihe erwarten. Der erste Teil, 2014 in den Kinos angelaufen und eigentlich ein klassisches B-Action-Movie, entwickelte sich zu einem Blockbuster und kurbelte noch einmal die Karriere von Keanu Reeves an.
Sein oft kritisiertes hölzernes Schauspiel passte perfekt zur Rolle des schweigsamen Killers – es wurde ihm fortan als Zen-artige Gelassenheit ausgelegt.
Sie schreit, sie stöhnt, sie blutet
Ana de Armas geht ihre Interpretation der menschlichen Tötungsmaschine anders an. Sie schreit, stöhnt, blutet und schreit, stöhnt und blutet erneut. Während der vierte "John Wick"-Teil mit seiner formelhaften Ego-Shooter-Ästhetik und Kopfschüssen im Sekundentakt wie ein lauer Aufguss des Konzepts wirkte, haben sich die Macher des Franchises für "Ballerina" noch einmal richtig ins Zeug gelegt.
De Armas sprengt sich mit Handgranaten durch ein Waffenlager, prügelt sich mit Küchengeschirr, zweckentfremdet Schlittschuhe als Nunchakus und zertrümmert mit einer Fernbedienung das Gesicht ihrer Gegnerin, während im Hintergrund bei jedem Schlag das Fernsehbild wechselt.
Der Höhepunkt dieses grandios inszenierten Actionspektakels ist ein Duell mit Flammenwerfern, wie es so noch in keinem Film zu sehen war. Regie führte offiziell Len Wiseman ("Underworld", "Stirb langsam 4.0"), "John Wick"-Macher Chad Stahelski war laut einigen Berichten aber so unzufrieden mit der ersten Version, dass er einen Großteil des Films selbst nachdrehte.
"From the World of John Wick: Ballerina" ist also eine Rückkehr zu alter Form. Die Handlung ist Nebensache und lenkt nur ab, wichtig ist die Stuntarbeit. Die ist in diesem Kinofilm einfallsreich, brachial, schlicht gigantisch. Mit einer tollen Ana de Armas, die eine neue Facette in die Killerwelt des Franchises bringt. Ganz ohne John Wick geht es in "Ballerina" trotzdem nicht.
Zum Showdown im verschneiten Bergdorf greift er noch einmal zu den Waffen. Dabei hätte seine eigentlich als Nachfolgerin geplante Ablösung das gar nicht nötig.