Der erfolgreichste deutsche Film kehrt in einer Fortsetzung zurück. 24 Jahre nach der Western-Parodie "Der Schuh des Manitu" von Michael "Bully" Herbig kommt "Das Kanu des Manitu" ins Kino. Doch taugt der Humor von gestern noch für das Publikum von heute?
"Braucht das noch jemand?" Diese Frage dürfte die meistgestellte gewesen sein, seit vor zwei Jahren die Pläne für eine "Schuh des Manitu"-Fortsetzung publik wurden. Zu interpretieren als: Ist diese Art von Humor noch zeitgemäß? Mit Schwulen-Klischees und Stereotypen über amerikanische Indigene? Einige waren sich sicher: Nein. Und überhaupt: Lustig war der Film sowieso nie!
Den letzten Punkt hatte "Der Schuh des Manitu" bereits vor 24 Jahren eindeutig geklärt. Damals gingen 11,7 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ins Kino, um die Parodie auf die Karl-May-Filme mit Pierre Brice und Lex Barker zu sehen. Das machte das zweite Werk von
"Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden"
Herbig war bis dahin vor allem für seine Comedy-Show "Bullyparade" auf ProSieben bekannt. Die beiden wiederkehrenden Figuren Winnetou und Old Shatterhand ritten und stritten sich im bayerischen Dialekt wie ein altes Ehepaar durch den Wilden Westen. Für den Kinofilm machte Herbig aus ihnen Abahachi und Ranger. Winnetou-Darsteller Pierre Brice war schon damals not amused über die Darstellung seiner Kultfigur.
Dem Regisseur, Drehbuchschreiber und Hauptdarsteller konnte das zu diesem Zeitpunkt schon egal sein. Nach "Der Schuh des Manitu" hatte er freie Hand und konnte drehen, was immer er wollte. Es folgten weitere Ableger aus der "Bullyparade" wie "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1", "Lissi und der wilde Kaiser", aber auch Bayerisches wie "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" und vermehrt Stoffe für ein eher kleines Publikum. Nur Abahachi und Ranger kehrten nicht zurück. Ungewöhnlich für so einen erfolgreichen Film, dessen Sätze wie "Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden" es in den allgemeinen Sprachgebrauch schafften.
Die Idee für "Das Kanu des Manitu" soll der Stammbesetzung
"Sagn's bitte nicht Indianer"
Szene eins bei der Pressevorführung am Tag vor dem Kinostart am 13. August. Der Film beginnt, der Häuptling der Apachen sitzt bei einer Wahrsagerin, die schnell auf "alte weiße Männer" zu sprechen kommt. Genau das sind Abahachi und Ranger 24 Jahre später. Mit diesem Kniff handelt Herbig die gesellschaftliche Debatte gleich zu Beginn ab. Schließlich sind "alte weiße Männer" aktuell so ziemlich die einzige Bevölkerungsgruppe, über die Witze gemacht werden dürfen, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Der zweite Punkt ist die Frage, ob man heute noch "Indianer" sagen dürfe oder nicht. Abahachi wird darauf immer wieder im Film angesprochen. Verzieht das Gesicht und sagt: "Sagn's bitte nicht Indianer". Damit sind die Koordinaten gesetzt.
Ansonsten müssen sich all jene, die vor gut einem Vierteljahrhundert im Kino waren, nicht groß umgewöhnen. Es wird gesungen, getanzt, es gibt sogar eine Synchronschwimmnummer und viele popkulturelle Verweise. Abahachi und Ranger streiten sich und sind mit der Gesamtsituation mal mehr oder weniger zufrieden.
Zwar sagte Michael Herbig in der Vergangenheit immer wieder, dass er "Der Schuh des Manitu" heute nicht mehr so drehen würde wie vor 24 Jahren, die Änderungen sind aber eher behutsam. Die amerikanischen Indigenen werden auch von solchen gespielt, der Bandenchef ist eine Chefin und das Tänzeln des schwulen Winnetouch dezenter.
Schmunzeln statt Schenkelklopfer
Im Vergleich zum ersten Film gibt es sogar so etwas wie eine ausgearbeitete Handlung und nicht nur eine Aneinanderreihung von Sprüchen und Gags. War es beim letzten Mal der Marterpfahl, droht Abahachi und Ranger diesmal der Galgen. Befreit werden sie vom "Boss" (Jessica Schwarz) und ihrer Bande "Die sieben Geißlein". Die Blutsbrüder sollen die Bösewichte zum Kanu des Manitu führen, das Unsterblichkeit verspricht. Zu Hilfe eilen wie immer der wortverdrehende Grieche Dimitri (
Neue Figuren sind Rangers Tochter Mary (Jasmin Schwiers), ein sächselnder Cowboy (nochmal Rick Kavanian), ein einbeiniger Bandit, für die Gen Z der Comedy-Influencer Tutty Tran und aus "Die Discounter" Merlin Sandmeyer. Als Endgegner wartet der 78-jährige Sky du Mont als Santa Maria, der mit dem Film seinen Abschied von der Leinwand verkündet.
Größter Schwachpunkt von "Das Kanu des Manitu" ist, dass der Film aufgrund seiner vielen Handlungsstränge über weite Strecken dahinplätschert. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" verriet Michael Herbig, dass seine Partner Christian Tramitz und Rick Kavanian sich beim Schreiben des Drehbuches vor Lachen auf dem Boden gewälzt hätten.
Beim Betrachten des Films in der Pressevorführung einen Tag vor dem Kinostart ist es eher ein Schmunzeln, das durch den Saal zieht. Das mag daran liegen, dass diese Art der Gags in den letzten 20 Jahren so oft kopiert wurde, dass sie kaum noch überraschen kann. Erst in der zweiten Hälfte von "Das Kanu des Manitu" sind größere Lacher zu hören. Andererseits sind Journalistinnen und Journalisten auch nicht als enthusiastisches Publikum bekannt.
Eine lange Schlange vor der Premiere von "Das Kanu des Manitu"
Ein echter Indikator für den möglichen Erfolg des neuen Films von Michael Herbig, der wieder Regie, Drehbuch und die Hauptrolle übernahm, ist das natürlich nicht. "Der Schuh des Manitu" kostete seinerzeit neun Millionen D-Mark - heute etwa 4,6 Millionen Euro. Der Nachfolger verschlang ein Budget von geschätzten zwölf bis 16 Millionen Euro.
Die Kinolandschaft hat sich seit 2001 grundlegend gewandelt: Streaming-Dienste konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Zuschauer, Multiplex-Kinos kämpfen ums Überleben, und deutsche Komödien haben es schwerer denn je, ein Millionenpublikum zu erreichen. Auf "Das Kanu des Manitu" lastet enormer Druck - wie sollte es auch anders sein, wenn der erste Teil der erfolgreichste deutsche Film der Geschichte ist. Ob das noch einmal unter den geänderten aktuellen Bedingungen möglich ist, werden die nächsten Wochen zeigen.
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Eine Frage dürfte zumindest geklärt sein: "Braucht das noch jemand?" 150 Meter lang war die Schlange der Fans vor dem Premierenkino in München, 5.000 geladene Gäste erschienen, darunter Stefan Raab, der fünf Lieder zum Soundtrack beisteuerte. Nach der Vorführung folgten stehende Ovationen. Offenbar gibt es doch noch viele Menschen, die auf "Das Kanu des Manitu" gewartet haben. Das Kino wird es ihnen danken.