"War of the Worlds" ist ein Hit auf Prime Video. Aber nicht, weil der Science-Fiction-Film gut wäre. Er ist mies. Manche behaupten sogar, es sei der schlechteste Film aller Zeiten.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Will Radford (Rapper Ice Cube) sitzt in "War of the Worlds" vor seinem Computer. Er öffnet Browserfenster, Zoom-Calls, Überwachungskameras, Facebook, WhatsApp-Chats. Sein Kopf ist mal groß, mal klein zu sehen - rechts, links, oben, unten in der Laptop-Kamera.

Er gibt Passwörter ein, bewegt die Maus über den Bildschirm. Er arbeitet für Homeland Security in einem Regierungsprogramm, das jeden Menschen weltweit überwacht. Auch seine erwachsenen Kinder Faith (Iman Benson) und Dave (Henry Hunter Hall) verfolgt er akribisch auf seinem Bildschirm.

Zwölf Minuten später: Ice Cube hat sich keinen Meter bewegt. Blick in die Kamera, Mausklicks, Videotelefonate, Code eingeben. Minute 15: Aliens greifen die Erde an. Und Ice Cube? Sitzt vor seinem Rechner. Minute 17: Eine Explosion erschüttert das Büro. Radford bleibt sitzen. Minute 28: Seine hochschwangere Tochter liegt schwer verletzt auf der Straße, ein Trümmerteil ragt aus ihrem Bein. Der Computerspezialist sieht alles auf der Überwachungskamera. Er steht auf - um festzustellen, dass er im Lockdown gefangen ist. Also: wieder hinsetzen.

90 Minuten, ein Gesichtsausdruck

Wer glaubt, dass sich das ändert, täuscht sich. Ice Cubes schauspielerische Leistung in "War of the Worlds" besteht darin, 90 Minuten mit einem Gesichtsausdruck in die Kamera zu starren, als kämpfe sein Darm mit einem quer sitzenden Burrito. Der komplette Film spielt sich in den Browserfenstern seines Laptops ab. Das ist so grausam anzusehen wie es klingt. Trotzdem ist "War of the Worlds" auf Prime Video ein Hit. Wie kann das sein?

"Hate Watching" heißt das Phänomen - das Gegenteil zu "Comfort Watching". Menschen schauen Filme und Serien wiederholt, obwohl sie sie auswendig kennen. "Friends" oder "The Big Bang Theory" geben Geborgenheit, sind wie alte Bekannte. Beim "Hate Watching" amüsieren wir uns über schlechte Qualität - schauen aber trotzdem. Deshalb funktioniert Reality-TV: Fans und Anti-Fans schalten ein.

Bei Orson Welles dachten Menschen, Aliens seien gelandet

"War of the Worlds" von Musikvideo-Regisseur Rich Lee fällt in diese Kategorie. Der Stoff basiert auf H.G. Wells' Buch von 1898 - ein Science-Fiction-Klassiker, oft verfilmt. Orson Welles setzte den "Krieg der Welten" 1938 so realistisch als Hörspiel um, dass Radiohörer glaubten, Marsianer griffen wirklich das Vereinigte Königreich an. Steven Spielbergs Verfilmung von 2005 mit Tom Cruise ist die bekannteste.

Die neueste Version entstand 2020 während der Corona-Pandemie. Die Schauspieler - unter anderem Eva Longoria - drehten ihre Szenen isoliert. Am Ende schnitt man alles zusammen. So sieht das Ergebnis aus: hektisch wackelige Einzelszenen mit der emotionalen Tiefe einer Strandmatte und Spezialeffekten, die den Namen nicht verdienen.

Deshalb ist "War of the Worlds" der Sommerloch-Hit. Auf "Rotten Tomatoes" erhielt der Flop null Prozent, auf IMDb 2,9 von 10 Punkten, auf Amazon Prime 1,7 von fünf Sternen. Innerhalb von 20 Stunden sammelten sich 700 Reddit-Beiträge.

"Ich bin für die Aliens!"

Kommentar eines Zuschauers

Spaß hat keiner an dem Film. Aber Freude daran, 90 Minuten überstanden zu haben. Die Zuschauer ertränken "War of the Worlds" im Internet in Häme oder sarkastischen Lobhudeleien: "Ein Mann. Ein Laptop. Null Spannung. Das ist der Alien-Invasionsfilm, von dem du nie wusstest, dass du ihn brauchst."

Oder: "Der Film verursacht körperliche Schmerzen" und "Ich bin für die Aliens!" Selbst auf Ice Cubes Instagram-Seite steht: "Hey Mann, ich liebe dich, aber das war einer der schmerzhaftesten Filme, die ich durchstehen musste. Ich hoffe, er verfolgt dich auf ewig."

Einige "Fans" behaupten sogar, der Science-Fiction-Murks sei der schlechteste Film aller Zeiten. Das ist zu viel Ehre für diesen schäbigen Abguss eines Klassikers. "War of the Worlds" ist mies, aber angesichts mittelmäßiger Streaming-Eigenproduktionen nicht grottenschlecht.

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Es ist, als schaue man dem ödesten Weltretter bei einem Videomeeting zu. Viel Herumklicken, Mails schreiben, mit Verwandten telefonieren - nach 15 Minuten tippt man selbst auf dem Handy herum. Zumindest das lässt sich über "War of the Worlds" sagen: Selbst das ist spannender als alles, was in diesem Film zu sehen ist.