Die 11. Staffel der Krimireihe "Ein Fall für zwei" startet mit einem Knall: Privatdetektiv Leo Oswald, gespielt von Wanja Mues, gerät unter Mordverdacht. In der Folge "Falsches Spiel" kommt es sogar zu einer spektakulären Flucht. Wir haben bei dem 51-jährigen Schauspieler nachgefragt, wie nah diese Szene an der Realität ist.

Ein Interview

Über 3.000 Drehtage verbrachte Schauspiel-Legende Claus Theo Gärtner in seiner Paraderolle des Josef Matula am Set der Serie "Ein Fall für zwei", die erstmals Anfang der 80er ausgestrahlt wurde. Seit 2014 fungieren Wanja Mues und Antoine Monot, der den Anwalt Benni Hornberg verkörpert, in der Neuauflage als Duo. Ab dem 26.09. zeigt das ZDF (freitags um 20:15 Uhr) vier neue Filme.

Im Interview mit unserer Redaktion erklärt Mues, was die Folge, in der seine Figur mit dem Rücken zur Wand steht, mit der weltpolitischen Lage zu tun hat. Außerdem spricht er über Bettina Zimmermanns Rolle als Staatsanwältin in der Serie und seine Lehren aus dem tragischen Unfalltod seiner Eltern vor fast 15 Jahren.

Herr Mues, in der Folge "Falsches Spiel" geraten Sie als Leo Oswald unter Mordverdacht. Wie fühlt es sich an, wenn schwerbewaffnete Beamte die Wohnung stürmen und "Polizei, runter auf den Boden!" brüllen?

Wanja Mues: So etwas spielen zu dürfen, ist immer eine Sondersituation und macht einem als Schauspieler besonders viel Spaß. In diesem speziellen Fall steht Leo mit dem Rücken zur Wand, alle Indizien sprechen gegen ihn. Und er fühlt sich unschuldig.

Wenn ich Szenen wie diese drehe, fühle ich mich immer ein bisschen an die weltpolitische Lage erinnert. Ich habe in Amerika studiert und verfolge die aktuelle politische Situation natürlich mit wachen Augen. Da werden Leute von der Straße gegriffen, die unschuldig sind. In Deutschland ist es noch so, dass in diesen Fällen die Kontrollsysteme der Demokratie anspringen. Hier bekommt man eine Chance, seine Unschuld zu beweisen – in den USA sieht das im Moment zum Teil leider ganz anders aus.

Macht Ihnen diese Entwicklung Angst?

Ja klar, es schwingt eine große Portion Angst mit, wenn ich über den großen Teich blicke. Ich habe auch die Befürchtung, dass wir hierzulande in nicht allzu ferner Zukunft vor ähnlichen Problemen stehen werden, wenn wir Demokraten nicht endlich geschlossen zusammenstehen und sofort anfangen, uns gegen antidemokratische Kräfte zu wehren. Andernfalls stehen uns sehr dunkle Zeiten bevor.

Wie anspruchsvoll ist es, eine Flucht darzustellen?

Spannend an dieser Figur des Privatdetektivs Leo ist, dass er das Recht immer wieder brechen muss, um Gerechtigkeit für seine Mandanten zu erreichen. Sein bester Freund Benni Hornberg hingegen ist Anwalt und dem Recht verpflichtet. Auf der einen Seite bereiten ihm Leos Aktionen immer wieder Bauchschmerzen, auf der anderen Seite weiß er genau, dass er seinen Freund braucht.

In der erwähnten Fluchtsequenz war es wichtig, diese möglichst glaubwürdig darzustellen. Um das sicherzustellen, haben wir im Vorfeld mit echten Justizvollzugsbeamten gesprochen. Natürlich werden Fluchtversuche in den allermeisten Fällen vereitelt. In unserem Film aber musste Leos Plan aufgehen, weil darin die einzige Chance lag, dass er sich an den eigenen Haaren aus diesem Sumpf von gegen ihn gerichteten Indizien herausziehen kann. Bei dieser Storyline mussten wir aber aufpassen, dass Leo als Figur nicht beschädigt wird – zum Beispiel, indem er während seiner Flucht eine andere Person verletzt. Das Publikum soll ihn ja weiterhin gernhaben.

"Er hat sich da versteckt, da in dem Laster!"

Ein Passant während der Dreharbeiten

Wie nah ist Leos Fluchtszene an der Realität?

Eine kleine Anekdote dazu. Als wir die Flucht vor der Polizei gedreht haben, bei der ich die Straße am Main entlangrenne und mich in dem Umzugs-LKW verstecke, da hat ein Passant gedacht, das sei echt. Er hat dann mit dem Finger gezeigt und der Polizei zugerufen: "Er hat sich da versteckt, da in dem Laster!".

So unterschiedlich Leo und Benni sind: Wenn es drauf ankommt, ziehen sie an einem Strang. Macht das für Sie eine gute Freundschaft aus?

Ganz bestimmt. Wenn sich zwei Leute so gut kennen und so sehr mögen wie Benni und Leo, dann finde ich es wichtig, wenn man das Reibungspotenzial einer Freundschaft mit erzählt. Menschen, die grundsätzlich eng miteinander sind, müssen auch unterschiedliche Meinungen aushalten. Es ist ein großes Problem unserer Zeit, dass die Gräben immer unüberbrückbarer werden. Umso wichtiger ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auch bei unterschiedlichen Meinungen auseinanderzusetzen und eine gemeinsame Lösung zu suchen.

Wobei ich dazusagen möchte, dass das leider nicht mit allen Menschen möglich ist. Einige arbeiten mit Mitteln, darunter Lügen und Einschüchterungen, die einer Demokratie nicht würdig sind. Ein Gespräch mit antidemokratischen Leuten ist meistens sehr mühsam und oft Zeitverschwendung, so festgefahren sind die in ihrer Einstellung.

Die ersten "Ein Fall für zwei"-Folgen wurden Anfang der 80er ausgestrahlt. Warum funktioniert das Konzept noch heute?

Erstmal gefällt mir, dass es bestimmten Filmemachern gelingt, komplizierte Sachverhalte auf einer unterhaltsamen und zum Teil sogar humorvollen Art und Weise aufzuarbeiten. Ich denke da an Adam McKay, der in seinen Anfängen die komödiantischen "Anchorman"-Filme gemacht hat, nur um später in "The Big Short", "Vice" oder "Don't Look Up" wichtige gesellschaftspolitische Themen aufzugreifen und mit seinem feinen Humor zu bereichern. Meiner Meinung nach sollten so Geschichten erzählt werden. Und so machen wir das auch bei "Ein Fall für zwei". Wir arbeiten Themen, die uns alle angehen, spannend, unterhaltsam und mit einer Prise Humor auf.

Knapp 500 Drehtage: Mues kann sich "Ein Fall für zwei" noch ewig vorstellen

Claus Theo Gärtner absolvierte als Matula einst rund 3.200 Drehtage. Das sind zusammengerechnet fast neun Jahre. Wie viele Drehtage haben Sie bisher hinter sich? Und wäre es für Sie erstrebenswert, über 30 Jahre an ein und demselben Set zu verbringen?

Wenn es so weiterläuft wie bisher, kann ich mir das noch ewig vorstellen. Die Voraussetzung dafür ist, dass man auch weiterhin gern zusammenkommt, das Beste aus den Büchern macht und der Zuschauer uns sehen möchte. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren dabei. Hochgerechnet müsste ich bei knapp 500 Drehtagen liegen. Das ist eine Menge Zeit, die ich aber überhaupt nicht missen möchte. Zudem sind wir im Laufe der Jahre immer noch besser geworden.

Steht und fällt die Zukunft der Serie auch mit Bettina Zimmermann, die die Staatsanwältin spielt?

Auf jeden Fall. Bettina ist mittlerweile auch schon seit zehn Jahren dabei. Am Set haben wir allerdings nur wenig Berührungspunkte. Es ist Teil der Geschichte, dass die Staatsanwältin nie weiß, woher Benni, der Anwalt, immer die ganzen entscheidenden Informationen herbekommt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sich Claudia Strauss und Leo nicht wirklich begegnen.

"Auf den Rattenschwanz an Bürokratie, den der Tod mit sich bringt, waren wir nicht vorbereitet."

Wanja Mues über den Tod seiner Eltern

Vor fast 15 Jahren sind Ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Verursacht wurde der Unfall von einem unter Drogeneinfluss stehenden Fahrer. Haben Sie mittlerweile Ihren Frieden mit diesem Schicksalsschlag gefunden?

Meine Brüder und ich haben schon damals relativ schnell unseren Frieden mit der Situation gefunden. Das, was da passiert ist, hat nicht nur uns, sondern viele Menschen in Hamburg traumatisiert und verunsichert [der Unfallverursacher war mit seinem Auto wegen eines epileptischen Anfalls in eine Fußgängergruppe gerast; Anm. d. Red.]. Insgesamt sind vier Menschen dabei ums Leben gekommen.

Empfehlungen der Redaktion

Für uns Brüder lag der Fokus darauf, uns schnellstmöglich mit unserer Trauer und der Verarbeitung dieses Schicksalsschlags beschäftigen zu können – und nicht unsere Kraft mit Gedanken an den Unfallfahrer zu vergeuden. Auf den Rattenschwanz an Bürokratie, den der Tod mit sich bringt, waren wir allerdings nicht vorbereitet. Sollte mir eines Tages etwas Ähnliches widerfahren, möchte ich, dass meine Familie sich besser zurechtfindet. Dafür habe ich entsprechende Vorkehrungen getroffen. Das ist auch etwas, was ich daraus gelernt habe.

Über den Gesprächspartner

  • Wanja Mues ist ein deutscher Schauspieler und Hörspielsprecher. Der Hamburger stammt aus einer Schauspieler-Familie, auch sein Vater Dietmar († 2011) sowie seine Brüder Woody und Jona waren bzw. sind als Darsteller tätig. Vor elf Jahren hat er eine Hauptrolle in der Krimireihe "Ein Fall für zwei" übernommen.