Bald ist Weihnachten. Helene Fischer hingegen ist das ganze Jahr. Der NDR hat gestern Abend beides im Ersten zusammengeführt. Ein amüsanter Blick mit Augenzwinkern auf das Weihnachtskonzert in der ARD.

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"Helene Fischer - Weihnachten" heißt das dann, ganz schlicht auf beide Schlagworte reduziert. Eine höchst subjektive Gedankenspringerei über den Liebling der Deutschen und auch ein bisschen über Weihnachten. Und über anderes.

Helene Fischer kommt ganz in Weiß auf die Bühne. Ihr Kleid sieht ein bisschen aus, als sei sie in der Garderobe in ein Spitzendeckchen gestürzt.

Sollte dem tatsächlich so sein – sie kann es tragen. Ich frage mich, ob Spitzendeckchen eigentlich eine Funktion haben außer nur irgendwo herum zu liegen und nett auszusehen. Das können ja nicht alles Kleider für Helene Fischer sein.


Helene Fischer sagt, sie erfülle sich mit dem Konzert einen Herzenswunsch, denn sie dürfe die schönsten deutschen und internationalen Weihnachtslieder singen. Noch dazu mit dem berühmten Royal Philharmonic Orchestra, den Wiener Sängerknaben und im Festsaal der Hofburg.

"Ich genieße das jetzt schon", sagt Helene Fischer und hofft, dass wir uns "gemeinsam auf Weihnachten einstimmen". Ich will das eigentlich gar nicht. Der Stress und das ganze Gedöns kommen mir noch früh genug.

Helene Fischer klingt wie immer

Helene Fischer singt trotzdem "O du fröhliche". Klingt irgendwie wie immer. Ich hätte es fairer gefunden, wenn Das Erste nicht geschrieben hätte "Helene Fischer – Weihnachten", sondern "Weihnachtlieder mit Top-Orchester, Sängerknaben, Festsaal und allem Zipp und Zapp. Klingt wie immer, nur eben gesungen von Helene Fischer."

Dann wäre der Erwartungsdruck bei mir nicht so groß gewesen. Bei Frau Fischer vielleicht auch nicht. Es herrscht so viel Unehrlichkeit. Gerade um Weihnachten herum.

Ich sehe gerade, dass die vom Ersten das wohl doch gemacht haben. "Das große Konzert mit Advents- und Weihnachtsliedern im Ersten", heißt es im Untertitel. Hatte ich übersehen. Egal, der Druck bei mir ist jedenfalls weg.

Frau Fischer wird das mit dem Titel wohl gewusst haben.

Helene Fischer singt "Halleluja". Singen kann sie ja, die Helene Fischer. Das ist so etwas, worauf sich Kritiker und Fans immer einigen können.

So etwas wie der kleinste gemeinsame Fischer-Nenner. Singen kann sie ja. Ich finde das merkwürdig. Irgendwie erwarte ich das von einer Sängerin. Das ist so, wie wenn ich über das Essen von McDonald's sagen würde: "Aber kauen kann man es ja."

Ich mag Helene nicht einmal nicht

Ich denke an all die Leser-Mails, die morgen bei mir und in der Redaktion eingehen werden, wenn ich so etwas über Helene Fischer schreibe.

Ich überlege mir, ob ich eine Leserbrief-Vorlage an diesen Artikel anfügen soll. Nur so ein Service-Gedanke, man weiß ja, was immer so kommt.

Manchmal glaube ich, dass Helene Fischer mehr Humor hat als Helene-Fischer-Fans. Jetzt werde ich noch mehr Post bekommen.

Dabei mag ich Helene Fischer noch nicht einmal nicht. Sie ist mir bis dato rein privat einfach egal gewesen. Ich frage mich, ob man zu allem eine Meinung haben muss.

Ich habe zu einigen Sachen keine Meinung. Zum Länderfinanzausgleich zum Beispiel. Oder zu Pastinaken. Vielleicht ändert sich das ja irgendwann. Dann kann man mit mir auch darüber diskutieren. Ich werde das aber nicht forcieren.

Warum könnte ich Helene Fischer mögen?


Ich überlege, warum ich Helene Fischer mögen könnte. Tausende Fans können ja nicht irren. Irgendwie fällt mir nichts ein. Mir fehlt da was. Alles so glatt und makellos.

Menschen gefällt gerade alles, was glatt und makellos ist. Deshalb ist auch das iPhone so beliebt. Ich glaube, das ist so ein Natur-Phänomen. Wenn um uns herum die Zeiten unruhig sind, wollen wir Sachen, die makellos aussehen, egal, was drin steckt.

Das ist so etwas wie ein Schutzmechanismus der Natur. Ist Helene Fischer ein Schutzmechanismus der Natur?

Ich habe vor kurzem ein Shampoo gesehen, da stand drauf "reinigt die Haare tiefenwirksam". Heißt das, dass es das Haar nicht nur am Haar sauber macht, sondern auch innen drin?

Außerdem stand auf der Packung: "Beseitigt bis zu 100 Prozent aller Schuppen". Das bedeutet, dass es vielleicht gar keine Schuppen weg macht, auf jeden Fall aber nicht mehr als alle. Also zum Beispiel nicht auch noch die des Nebenmanns.

Ich halte solche Aussagen für inhaltlich fragwürdig, aber die Leute kaufen das Shampoo. Ob Helene Fischer jemals Schuppen hatte? Ich kann es mir nicht vorstellen.

Irgendwann ist gut bei mir


Jetzt singt Helene Fischer "O Tannenbaum". Dann erzählt sie, dass sich ihr Papa früher nach dem Schmücken des Weihnachtsbaums Geschichten für sie ausgedacht hat.

Mein Papa hat mir abends zum Einschlafen aus der Zeitung vorgelesen. Die Artikel, die er tagsüber nicht geschafft hat. Ich war trotzdem irgendwie zufrieden. Top informiert und irgendwie zufrieden.

Helene Fischer singt "Lasst uns froh und munter sein". Werbung wäre jetzt schön.

"Weißt Du noch? Damals..."

Ob die Leute im Festsaal in einem Jahr zurückblicken und sich gegenseitig fragen: "Weißt du noch? Damals. Als Helene Fischer 'O Tannenbaum' gesungen hat?"

Jetzt singt sie zusammen mit Wiener Kindern "In der Weihnachtsbäckerei". Ich habe plötzlich Lust auf Vollkornbrot.

Irgendwann ist gut bei mir. Helene Fischer, sagen manche Bewunderer, könne einem auch das Telefonbuch vorsingen und es klänge immer noch prächtig. Ich halte das für ein zweifelhaftes Kompliment.

Ob Helene Fischer Vollkornbrot mag?




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