Der einstige Musikmogul Sean "Diddy" Combs wurde am Freitag in New York zu 50 Monaten Haft verurteilt. Die Anklage sprach von "Machtmissbrauch und Gewalt", das Gericht sah einen "irreparablen Schaden" bei den Opfern. Während Diddy im Gerichtssaal weinte, blieben jedoch viele Fragen offen – auch die, ob er seine Taten wirklich bereut.

Eine Analyse
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Er weinte und entschuldigte sich, doch das Gericht ließ sich nicht blenden. Sean "Diddy" Combs wurde am Freitag wegen seiner Sexualstraftaten zu 50 Monaten Haft verurteilt. Während seine Verteidigung versuchte, ihn als geläuterten Familienvater darzustellen, sprach das Gericht von "subtiler Gewalt", "irreparablen Schaden" und einem Mann, der "nicht wirklich versteht, wie er hierherkam". Combs saß derweil mit gesenktem Kopf auf seinem Stuhl und nickte, als Richter Arun Subramanian ihm abschließend sagte: "Nutzen Sie Ihre zweite Chance."

"Meine Taten waren abscheulich, beschämend und krank. Ich war krank von den Drogen. Ich war außer Kontrolle. Ich brauchte Hilfe und bekam sie nicht": Mit diesen Worten wandte sich Sean "Diddy" Combs am Freitag an das Gericht in Manhattan. Doch seine Tränen und Entschuldigungen reichten nicht aus: Der einst gefeierte Musikproduzent wurde zu 50 Monaten Haft verurteilt, nachdem er in zwei Fällen gegen den sogenannten "Mann Act" verstoßen hatte – ein US-Bundesgesetz, das seit 1910 den Transport von Personen zu sexuellen Zwecken kriminalisiert.

Cassie Ventura: Sean "Diddy" Combs "hat keine Absicht, sich zu ändern"

Dennoch versuchte die Verteidigung des einstigen Superstars alles, um seine Haftstrafe zu minimieren. Während Diddy in einem cremefarbenen Pullover sichtlich erschüttert im Gerichtssaal saß und sich immer wieder die Tränen vom Gesicht wischte, ließ seine Verteidigung ein zwölfminütiges Video abspielen, das ihn als liebevollen Vater und engagierten Philanthropen zeigte. Szenen mit seinen Kindern, Charity-Events, Marathonläufe für Bildungsprogramme: Es war der Versuch, ein anderes Bild zu zeichnen als jenes, das die Staatsanwaltschaft präsentierte.

Richter Arun Subramanian ließ sich davon jedoch nicht blenden. Er sprach von einem "erheblichen Schaden" für die Opfer, insbesondere für Cassie Ventura, die Combs der psychischen und physischen Gewalt bezichtigt hatte. In einem Brief an den Richter schrieb sie kurz vor der Urteilsverkündung: "Er hat keine Absicht, sich zu ändern. Er wird immer derselbe grausame, machtbesessene und manipulative Mann bleiben." Auch die Staatsanwaltschaft warnte: "Der Angeklagte ist ein Meister der Imagepflege."

Emotionaler Zusammenbruch, aber echte Reue?

Combs selbst sprach am Freitag zum ersten Mal öffentlich über die Vorwürfe und bat um eine zweite Chance: "Ich habe alle meine Geschäfte verloren, meine Karriere verloren, meinen Ruf zerstört und vor allem mein Selbstwertgefühl verloren. Ich bin gedemütigt und bis ins Mark gebrochen worden. Ich hasse mich selbst. Ich bin bis aufs nichts reduziert worden." Diddy weiter: "Das Schwerste war, während des Prozesses still sein zu müssen – nicht sagen zu dürfen, wie leid mir alles tut."

Mit zitternder Stimme und Tränen entschuldigte er sich bei Cassie Ventura, bei "Jane" und bei allen Opfern häuslicher Gewalt: "Meine Mutter hat mich besser erzogen. Es tut mir unendlich leid." Doch die Anklage blieb hart: Staatsanwältin Christy Slavik warf Combs vor, "seine Macht systematisch missbraucht" zu haben – und das über Jahre hinweg.

Sean "Diddy" Combs plante Auftritte

Besonders umstritten: Die Enthüllung, dass Combs für die kommende Woche bereits sieben Auftritte in Miami geplant hatte (darunter Vorträge bei der Miami Foundation). Und das, obwohl ihm zu dem Zeitpunkt bis zu 20 Jahre Haft drohten. Slavik nannte dies "den Inbegriff von Hybris" und "mangelnder Einsicht". Combs zeige damit nicht Reue, sondern Größenwahn. Die Staatsanwaltschaft forderte den Richter daher auf, ein deutliches Zeichen zu setzen: Ruhm dürfe nicht vor Verantwortung schützen. Diddys Team setzte derweil auf eine Verteidigungsstrategie in Form einer "Reue-Inszenierung". Er beteuerte: "Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, aber ich kann die Zukunft ändern."

Das half jedoch am Ende nicht. Richter Subramanian äußerte zwar deutliche Zweifel an der Aufrichtigkeit des Angeklagten, entschied sich jedoch für ein vergleichbar mildes Urteil. Die Strafe, vier Jahre und zwei Monate, liegt zwischen dem, was die Verteidigung (14 Monate) und die Anklage (elf Jahre) gefordert hatten. In seiner Urteilsbegründung richtete der Richter das Wort an die Frauen, die sich gegen Combs gestellt hatten und sagte: "An diesem Fall war nichts gut. Das einzige Gute waren die starken Frauen, die den Mut hatten, ihre Stimme zu erheben." Neben der Haftstrafe muss Combs auch 500.000 Dollar zahlen.

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Kein Comeback in Sicht – aber viele offene Fragen

Trotz Tränen, Bekenntnissen und Bitten um Vergebung blieb am Freitag ein Eindruck haften: Sean Combs zeigte Reue, aber nur, solange das Mikrofon auf ihn gerichtet war. Ob Diddy je wieder an seine frühere Karriere anknüpfen kann, ist fraglich. Seine Verteidiger betonten, dass er drogenfrei sei, im Gefängnis Lebenshilfe-Kurse für Mitinsassen leite und "sein Leben ändern wolle".

Doch viele Beobachter zweifeln an der Aufrichtigkeit seines Sinneswandels – auch, weil er lange Zeit jede Schuld abstritt. Die nächsten Jahre wird Combs in einer Bundeshaftanstalt verbringen. Ob er dort wirklich die Verantwortung übernimmt, die er vor Gericht versprach, bleibt offen.