Als Udo Jürgens 2014 starb, verlor die deutschsprachige Musikwelt einen begnadeten Künstler. Nun erfüllen seine Kinder, Jenny und John Jürgens, ihrem Vater seinen letzten Willen – und bringen ab Frühsommer 2027 eine Dauerausstellung aus seinem Nachlass in seine Geburtsstadt.

Ein Interview

Einen Großteil seines Lebens, bis hin zu seinem Tod, verbrachte Musiker und Entertainer Udo Jürgens in der Schweiz. Geboren wurde der Ausnahmesänger jedoch im österreichischen Klagenfurt. Nun lassen seine Kinder den Entertainer mit der Dauerausstellung "UDO JÜRGENS im kärnten.museum" symbolisch in jene Stadt zurückkehren, in der er als Jürgen Udo Bockelmann das Licht der Welt erblickte.

Im Interview mit unserer Redaktion sprechen Jenny und John über die aufwändige Planung des Projekts und die Stilikone Udo Jürgens. Zudem verraten die beiden, warum stets ein Kassettenrekorder auf dem Flügel ihres Vaters stand.

Jenny und John Jürgens, ab übernächstem Jahr sollen bedeutende Objekte aus dem Nachlass Ihres verstorbenen Vaters ausgestellt werden. Welcher Satz beschreibt das, was gerade in Ihnen vorgeht?

John Jürgens: Der Papa kommt nach Hause! Und das ist einfach ein ganz tolles Gefühl. Seine Gegenstände, mit denen er gearbeitet oder mit denen er gelebt hat, kommen nun an einen zentralen Ort. Vorher wurden die Dinge sehr zerstreut aufbewahrt – in verschiedenen Ländern und Lagern. Nun ist das eingetroffen, was wir uns so sehr gewünscht haben. Hinzu kommt, dass sich das Museum in Klagenfurt befindet – also in dem Ort, in dem er geboren wurde, seine Kindheit verbracht und seine ersten Schritte als Musiker gemacht hatte. Für uns ist das alles sehr emotional.

Jenny Jürgens: Dieser Gedanke begleitet uns schon seit zehn Jahren. Bei solchen Projekten ist es nicht ungewöhnlich, dass sich die eine oder andere Idee mit der Zeit zerschlägt. So war es auch in diesem Fall. Insofern war schon die Pressekonferenz in Anwesenheit von Landeshauptmann Peter Kaiser und Museumsdirektor Wolfgang Muchitsch, der eine wunderbare Eingangsrede gehalten hatte, für uns etwas ganz Besonderes. In diesem Moment realisierten wir: Es ist endlich so weit!

Udo Jürgens war "einer der größten Söhne Österreichs"

Wie kam es, dass die Planungen dann doch wieder Fahrt aufgenommen haben?

Jenny Jürgens: Nach einer gewissen Zeit des Stillstands nahm Museumsdirektor Wolfgang Muchitsch Kontakt zu uns auf. Er wollte eine temporäre Udo-Jürgens-Ausstellung auf die Beine stellen. John und ich spielten ihm den Ball direkt zurück und fragten ihn: "Wie wäre es denn mit 'für immer'?"

Mussten Sie viel Überzeugungsarbeit leisten?

Jenny Jürgens: Nicht wirklich. Nachdem er sich kurz sortieren musste, wurde sehr schnell klar, dass alle verstanden hatten, wer Udo Jürgens war – nämlich einer der größten Söhne Österreichs. Alle waren sich einig, dass unser Vater diese dauerhafte Ausstellung wirklich verdient.

John Jürgens: Zudem gibt eine dauerhafte Ausstellung allen Fans die Chance, sie zu sehen. Innerhalb eines Vierteljahres oder eines halben Jahres würden viele Interessierte zwangsläufig ausgeschlossen sein. Klagenfurt und die gesamte Region sind eine Reise wert. Wer zum Beispiel plant, am Wörthersee Urlaub zu machen, kann das in Zukunft wunderbar mit einem Besuch im Museum verbinden.

Jenny Jürgens: Die Lieder, die unser Vater geschrieben hat, sind zeitlos. Jeder findet in seinen Songs etwas, das er für sich selbst nutzen und auf sein eigenes Leben übertragen kann. Dieses Museum gibt aber auch der ganz jungen Generation die Möglichkeit, einen verstorbenen Künstler und dessen Musik noch kennenzulernen.

Viele Kinder sind mit Udo Jürgens und seinem "Tom und Jerry"-Titelsong "Vielen Dank für die Blumen" aufgewachsen. Ist das noch heute so?

John Jürgens: Tatsächlich kommen heute noch viele Kinder mit dem Werk unseres Vaters in Berührung. Sie entdecken ihn, sei es über die Eltern, über YouTube oder über "Tom und Jerry". Erst neulich hat mir ein 14-Jähriger geschrieben, dass er seit Dezember 2023 Fan von Udo Jürgens ist. Dieses Beispiel zeigt, dass Udo mit seiner Musik, seinen Texten und seinen Botschaften nach wie vor Menschen berührt.

Jenny Jürgens: Das ist auch der Grund, warum wir die Erinnerung an unseren Vater so lebendig halten. Ein Bild muss gesehen werden, um zu leben. Und eine Stimme muss gehört werden, um zu leben. Das ist unser Antrieb.

Mit dem Museum konnten Sie Ihrem Vater posthum einen Wunsch erfüllen. Wann ist er mit dieser Idee an Sie herangetreten?

John Jürgens: Er ist gar nicht an uns herangetreten, es war testamentarisch verfügt. Aus seinem Testament ging hervor, dass es sein Wunsch war, gewisse Gegenstände aus seinem Leben, darunter sein Flügel, dem Publikum zugänglich zu machen. Und das natürlich nicht aus Eitelkeit, sondern aus Dankbarkeit seinen Fans gegenüber. Schließlich war auch unser Vater ein Fan – von bestimmten Musikern oder Schriftstellern.

Dauerausstellung auf 400 Quadratmetern

Welche nächsten Schritte sind geplant?

John Jürgens: Wolfgang Muchitsch wird mich zeitnah mit einer Architektin und weiteren Experten in München besuchen. Gemeinsam werden wir dann die Dinge sichten und Ideen ausarbeiten. Unser Vater lebte zuletzt in Zürich, Wien und Portugal. Mittlerweile haben wir die wichtigsten Gegenstände zentriert in München vorliegen. Darüber hinaus wird das Museum eine Ausschreibung machen. Danach werden wir in einer Gruppe entscheiden, welche Künstler die Ausstellung gestalten sollen.

Jenny Jürgens: Es ist immer auch wichtig zu wissen, was man nicht kann (lacht). Die Gestaltung überlassen wir den Profis. Als seine Kinder können wir die Emotionen transportieren. Wir freuen uns auf einen sehr lebendigen Prozess und darauf, die Ausstellung vielleicht hin und wieder ergänzen zu dürfen. Für die Verantwortlichen des Museums geht es aber erstmal darum, bis 2027 alles fertigzustellen. Da es sich ja um ein Museum im Museum handelt, ist ein Umbau notwendig. Die Udo-Jürgens-Ausstellung wird im zweiten Stock des Gebäudes errichtet. Drei große Räume und ein langer Flur stehen auf insgesamt 400 Quadratmetern zur Verfügung. Diese Fläche kann man wahnsinnig schön bespielen.

Warum haben Sie als erste Leihgabe an das Museum Udos ESC-Siegesmedaille aus dem Jahr 1966 gewählt?

John Jürgens: Der Glasflügel passte nicht in den Kofferraum ...

Jenny Jürgens: … und vor allem war es der Beginn.

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John Jürgens: Genau. Es war der Beginn seiner Weltkarriere. Der erste große internationale Erfolg und gleichzeitig der Moment, in dem sein damaliger Manager Hans R. Beierlein unserem Vater klarmachte: "Udo, jetzt fängt die Arbeit erst an." Beierlein wollte von ihm nach dem Erfolg mit "Merci Chérie" Textzeilen à la "Mit Bohnerwachs und Spießigkeit" (aus dem Song "Ich war noch niemals in New York; Anm. d. Red.) hören. Warum? Weil sich in der damaligen Zeit im Schlager noch niemand an solche relevanten Botschaften herantraute. Udo war bereit, diesen Weg zu gehen.

Diese Rolle spielten Kassetten in Udo Jürgens' Leben

Welche Objekte werden über die Medaille und den berühmten Flügel hinaus in dem Museum präsentiert? Und wie viele private Einblicke werden gewährt?

John Jürgens: Modisch gesehen war er zeitlebens eine Stilikone. Auf der Bühne trug Udo immer einen Smoking, um seinem Publikum mit Respekt zu begegnen. Schließlich waren das die Menschen, die Tickets für seine Konzerte kauften. In dieser Beziehung haben Jenny und ich viel von ihm lernen können. Privat trug er auffällige Brillen, Hemden und Gürtel. Er war alles andere als spießig. Auch seine Smokings empfand er im Übrigen nie als spießig. Unser Vater war seit jeher ein großer Fan von Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davies, Jr., die immer top gekleidet eine Bühne betraten. Unterhaltung mit Haltung: Das war sein Motto.

Jenny Jürgens: Ich kann mir auch vorstellen, dass ein paar Briefe und Noten den Weg ins Museum finden werden. Kassetten waren bei ihm auch ein großes Thema …

John Jürgens: Papa nahm sämtliche Ideen mit einem kleinen Kassettenrekorder auf. Dieser stand immer an seinem Klavier. Stapelweise lagen bei ihm Kassetten herum, die meistens nur eine maximale Aufnahmedauer von circa dreieinhalb Minuten hatten. Eine Idee, eine Kassette. Diese steckte er dann in ein Kuvert und schickte sie einem Texter oder Produzenten. Ich habe Hunderte dieser Kassetten gefunden und alle digitalisiert. So sind wir auf den Titel "Als ich fortging" gestoßen, aus dem letztlich ein neu produziertes Lied wurde.

Über die Gesprächspartner

  • Jenny Jürgens ist eine deutsche Schauspielerin, Sängerin und Moderatorin. In jungen Jahren sang sie an der Seite ihres Vaters Udo Jürgens das Duett "Liebe ohne Leiden". Als Schauspielerin war die Münchnerin unter anderem in der Serie "Mallorca – Suche nach dem Paradies" zu sehen. Später übernahm sie Hauptrollen in den Telenovelas "Lena – Liebe meines Lebens" und "Rote Rosen". Jürgens lebt mittlerweile auf Mallorca.
  • John Jürgens ist ein deutscher Schauspieler und DJ. Der Sohn des Sängers Udo Jürgens absolvierte eine klassische Schauspiel- und Tanzausbildung, lebte in dieser Zeit unter anderem in New York. Jürgens wirkte in Theaterproduktionen sowie TV-Serien (u.a. "Marienhof") mit und hatte Auftritte in Musiksendungen (u.a. "Zum Blauen Bock"). Als Event-DJ ist der Münchner unter dem Künstlernamen John Munich tätig.