"Richter Gnadenlos" Ronald Schill lebt seinen Traum in einem Slum am Zuckerhut. Bei "Goodbye Deutschland! Die Auswanderer" zeigt Vox das ebenso unbekümmerte wie ungewöhnliche neue Leben des ehemaligen Hamburger Innensenators - und bringt zu Besuch eine alte Bekannte mit.

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Wegen der hohen Strafmaße bei seinen Urteilssprüchen erhielt Ronald Schill während seiner Zeit am Amtsgericht Hamburg den Beinamen "Richter Gnadenlos". Als zweiter Bürgermeister und Innensenator von Hamburg sorgte der Hardliner danach für einige politische Skandale, weshalb er seine politischen Ämter verlor und Deutschland vor rund zehn Jahren kurzerhand den Rücken kehrte. Seitdem lebt er in Brasilien von einer Richter- und Senatorenpension. Rund 1.700 Euro im Monat sind viel Geld für brasilianische Verhältnisse. Dazu kommen Einnahmen aus Buchverkäufen und TV-Auftritten wie im vergangenen Jahr bei "Promi Big Brother". Es fehlt ihm an nichts. Überhaupt fühle er sich inzwischen eher als Brasilianer. Wären da mal nicht die Pensionsbezüge, die nun einmal an die deutsche Staatsbürgerschaft gebunden sind.

Ein bisschen wie im Wilden Westen

Neben Klima und Essen sagen Schill vor allem die "wunderbar unkomplizierten Frauen" zu: "Es wohnen gelegentlich weibliche Wesen an meiner Seite. Teilweise sogar zwei." Dabei mutet die Lage des Schill'schen Domizils auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnlich an. Der Ex-Richter residiert nicht etwa im Schutze einer Gated Community, sondern mitten in der Favela Pavao-Pavaozinho. Hier konnte er günstig ein Haus mit Blick über die Copacabana erwerben – Tür an Tür mit Drogenbanden. Menschen also, wie er sie früher mit Vorliebe ins Gefängnis warf. Doch das ist Schnee von gestern. Sein Verhältnis zu den Nachbarn ist harmonisch. Schills Einschätzungen zufolge ist das Leben in der Favela sogar wesentlich sicherer als in wohlhabenderen Gegenden. Die Mordrate, welche 30 Prozent höher ist als in Deutschland, kümmert ihn wenig. Seit fünf Jahren steht die Siedlung unter Aufsicht der Polizei, Einbrüche habe man aber auch vorher nicht zu fürchten gehabt. Nur seien Delinquenten, die es wagten, die nachbarschaftliche Harmonie zu stören, damals eben erschossen worden: "Ein bisschen wie im Wilden Westen." Er selbst schläft bei offenem Fenster.

Überhaupt hat Schill mit Recht und Gesetz nicht mehr viel am Hut. Die Kriminalität in Rio sei nicht sein Problem und die Wahrscheinlichkeit, erschossen zu werden, gering: "Und wenn ich mal einem Drogendealer begegne, dann grüße ich ihn." Außerdem hat er sich ohnehin "den Spruch der Linken in Deutschland zu eigen gemacht: Legal, illegal, scheißegal!"

Mit Putzfrau und Teppichluder

Ach ja, die ersten zwei Jahre lebte Schill ohne Aufenthaltserlaubnis in Brasilien. Insgesamt acht Jahre lang wohnte er in einem besseren Viertel der Stadt. In die Favela zog es ihn wegen der Aussicht und der Stille. Autos fahren hier nicht. Stattdessen gibt es eine Seilbahn und steile Treppen, über die Schills hoch oben am Hang gelegenes Haus zu erreichen ist. Mit den Verhältnissen hat er sich bestens arrangiert, einmal pro Woche kommt die Putzfrau. Für die Dreharbeiten zu "Goodbye Deutschland" hat Vox eine alte Bekannte mitgebracht. Mit "Teppichluder" Janina Youssefian wurde Schill einst eine Affäre nachgesagt, 2014 bewohnten beide den "Promi Big Brother"-Container. Als das selbsternannte Jet-Set-Girl die Favela betritt, wird im Hintergrund "Gangstas Paradise" eingespielt. Janina erlebt einen Kulturschock: "Alles eklig. Das geht gar nicht." Überall dieser Müll und überhaupt: "Guck dir mal die Kinder an, haben die keine Mutter? Die können doch da runter fallen."

Schill sieht die Sache natürlich wesentlich entspannter: "Das ist egal. Die haben so viele Kinder, dass es gar nicht auffällt am Abend beim Zählen. Das ist quasi eine verspätete Abtreibung." Was andere Leute denken, kümmert den Auswanderer nicht. Etwas zu weit ist er ja schon immer gegangen. Man kann sein unbekümmertes neues Leben also getrost als konsequent bezeichnen. Oder wie Schill selbst sagt: "Wenn ich das Kommando an Bord eines Schiffes habe, dann kann jeder tun und lassen, was ich will."

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