In "Beats of Berlin - Rap ist mein Leben" begleitet RTL Zwei Rapperinnen und Rapper auf ihrem Weg in die Musikbranche. Das verliert sich leider viel zu oft in Klischees.

Eine Kritik
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Deutscher Gangster-Rap ist schon lang keine Musik mehr für die Nische. Jedes Jahr werden Millionen mit dem Genre verdient, an die Verkaufszahlen von Capital Bra reicht längst nur noch Helene Fischer heran.

Das Musikphänomen, das Mitte der Achtzigerjahre in den USA aufkam und dann allmählich nach Europa wanderte, ist aus Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken und sorgt immer wieder für Kontroversen. Verherrlichung von Gewalt, Homophobie, sexistische Frauenbilder – um Skandale war der deutsche Gangster-Rap nie verlegen.

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So sorgt zum Beispiel seit Monaten der Prozess von Bushido gegen seinen ehemaligen Geschäftspartner, den Clan-Chef Arafat Abou-Chaker, für Schlagzeilen. Trotzdem ist eine Karriere als Gangster-Rapper für viele immer noch ein Traum. Ein Weg zu Ruhm, Geld und Luxus.

Fünf von ihnen begleitet RTL in der Dokumentation "Beats of Berlin – Rap ist mein Leben". Der Zweiteiler will einen Blick hinter die Kulissen des Hip-Hop-Geschäfts werfen und zeigen, wie Karrieren beginnen – oder eben auch nicht.

"Ich weiß, wie es ist, wenn man nichts im Kühlschrank hat"

Da wäre zum Beispiel Messo, der als 16-Jähriger seine ersten Videos mit dem Handy aufnahm. Aufgewachsen ist er im Getto, das immer seine Heimat bleiben wird, wie er selbst mit Stolz erklärt. "Ich weiß, wie es ist, wenn man nichts im Kühlschrank hat." Zehn Jahre später besitzt er ein Management-Team, das gerade 10.000 Euro in sein neuestes Video investiert hat.

Ganz so gut läuft es bei Dado Bratan noch nicht. Zusammen mit seiner Mutter und seinem Neffen betreibt der 29-Jährige eine Putzfirma. Auch er hat 10.000 Euro in seine Musikkarriere investiert – allerdings von seinem eigenen Geld.

Verdient hat er mit dem Rappen bisher nur 300 Euro. Auf seine Karriere davor ist er nicht stolz: Er war Mitglied eines serbischen Clans, landete wegen seiner Straftaten sogar in "Aktenzeichen XY". Die Kriminalität ist eine Gemeinsamkeit, die sich durch die gesamte erste Folge von "Beats of Berlin" zieht.

Aktif saß vier Jahre wegen Raub im Gefängnis und begann dort zu rappen, DVO hat eine lange Vergangenheit aus Gewalttaten, die sich durch seine Biografie zieht. "24 Stunden am Tag" habe er "den Pitbull" herausgelassen. Treffen konnte es jeden. Heute hat sein erfolgreichstes Video auf YouTube drei Millionen Abrufe.

Die einzige Frau unter den Rappern nutzt den Künstlernamen Thara. Sie macht Hip-Hop, seit sie 13 ist und nutzt die Musik als Therapie. Ihre Mutter war Alkoholikerin, sie zog 18-mal um und lebte im Frauenhaus. Im Gefängnis war sie nicht – dafür ihr Freund.

Keine Geschichte ohne menschliches Drama

Das klingt alles ein wenig klischeebeladen und nach typisch RTL. Keine Geschichte ohne menschliches Drama. Und umso größer das ist, desto besser. So bleibt die RTL-Zwei-Dokumentation im ersten Teil tatsächlich allzu oft an der Oberfläche.

Harte Männer, harte Frauen, alle so, wie wir es aus jedem beliebigen Gangster-Rap-Video der letzten Jahre kennen. Kombiniert mit dem bei RTL Zwei beliebten Thema von Menschen aus sozialen Brennpunkten. Interessanter wird es, wenn der Film eher wie aus Versehen ein wenig tiefer eintaucht.

Etwa bei Thara, die ihr Äußeres an die Klischees anpasst, "weil im Rap schon ein gewisses Bild vorherrscht". Die Dokumentation begleitet sie zur Ärztin, die ihre Augenbrauen mit Botox unterspritzt. Dafür hat sie monatelang gespart. Die Brüste will sie auch noch irgendwann machen lassen und wenn sie es geschafft hat, "nur noch Dior tragen".

Oder wenn das Management von Messo beginnt, Einfluss auf den Künstler zu nehmen. Um seine Musik geht es dabei nur am Rande. Eher um sein kommerzielles Potenzial. "Wir brauchen einen Hit, den man auch um 14 Uhr spielen kann", heißt es dann.

"Weil nicht alle sind Gangster." Messo erwidert darauf nur: "Ich hab mal einen über Liebe oder sowas geschrieben". "Für die Frauen." Der Marketing Manager ist begeistert. "Wenn wir ihn an den richtigen Schrauben drehen", sagt er, könne wirklich etwas aus Messo werden.

Ein rarer Moment in "Beats of Berlin", in dem klar wird, dass es für alle in der Dokumentation porträtierten Künstler nicht nur um die Musik geht, sondern oft noch mehr um den sozialen Aufstieg. Berühmt sein, reich sein, ein erfolgreicher Musiker – irgendwie ist das in "Beats of Berlin" das Gleiche.

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Schade nur, dass das in den ersten 90 Minuten viel zu kurz kommt. Aber vielleicht taucht der zweite Teil von "Beats of Berlin" noch tiefer ein. Ansonsten bietet Netflix mit "Hip-Hop Evolution" oder die ARD mit "Dichtung und Wahrheit – Wie Hip-Hop nach Deutschland kam" die informativeren Einblicke in diese Musikszene.

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