Die Amtseinführung von Donald Trump verfolgte die Tech-Elite um Elon Musk, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos eng. Bisher brachte ihnen die Unterstützung des Republikaners eher Verluste. Doch langfristig könnte sie den Milliardären nützen.

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Ein illustres Aufgebot wohnte im Januar der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump bei: Die Firmenbosse Elon Musk (X), Mark Zuckerberg (Meta), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google) und Tim Cook (Apple) sicherten sich dort prominente Plätze, teils mit Millionenspenden. Mittlerweile könnten einige der Tech-Milliardäre diese Nähe zur Regierung in Washington bereuen.

Aktienkurse ihrer Konzerne und ihr Privatvermögen litten massiv unter Trumps Einführung von Zöllen. Den Firmen fehlen Fachkräfte, die nicht einwandern, und ihre Lieferketten brechen teils zusammen. In den USA und Europa laufen Prozesse gegen die Tech-Giganten, teils schon mit Verurteilungen. Die Trump-Regierung attackierte Amazon, als der Online-Händler angeblich die Auswirkung der US-Zölle auf die Preise anzeigen wollte. Haben sich die Unternehmer aus dem Silicon Valley verkalkuliert? Oder gehen ihre Strategien auf?

Konzerne zwischen eigenem Recht und Anbiederung an die Mächtigen

Matthias C. Kettemann ist Experte für Internetrecht und forscht zu Onlinefirmen, "die bereits längst staatsähnliche Funktionen im Internet übernehmen", wie er im Gespräch mit dieser Redaktion sagt. Wo im realen Raum Menschen auf der Straße protestieren, brauchen sie im Netz dafür Plattformen. Unternehmen hätten eigene Rechtsräume erschaffen. "Erst in letzter Zeit sieht der Staat die sich genauer an."

Insofern macht es wiederum Sinn, dass sich die Firmen der Politik nähern, sie auch im Blick haben. "Ich wäre aber vorsichtig, allem, was sie tun, politischen Zweck zu unterstellen", sagt Kettemann. "Die Firmen wollen Geld verdienen und müssen sich regelmäßig gut mit den Mächtigen stellen." Etwa, um Probleme mit dem Gesetz verhindern.

Vorgänger Joe Biden hatten Tech-Bosse auch zum Amtsantritt gratuliert, nur nicht alle persönlich. Dass nun Börsenwerte kurzfristig einbrechen, ist noch kein Beweis, dass diese Strategie falsch ist.

"Langfristig gewinnen die Firmen seit Jahren an Marktmacht und Kapitalisierung", sagt Kettemann. 2024 erzielten Apple, Alphabet, Meta, Amazon und Microsoft Rekordgewinne, die höher waren als Einnahmen ganzer Staaten. Google-Mutterkonzern Alphabet erwirtschaftete alleine fast so viel wie Griechenland. In Mischkonzernen fangen zudem Gewinne einiger Sparten die Verluste anderer auf.

Opportunismus oder Strategie? Die politische Wende der Tech-Giganten

Neu ist, wie sich Firmen, die als liberal galten, konservativen Werten zuwenden und gegen Europa wettern, wo viele Nutzer sitzen. "Konzernchefs sprechen sonst ungern über Politik, weil es Kunden abschrecken könnte", sagt Kettemann. Zuckerberg, der über Meta auch Instagram und WhatsApp hält, hatte Trump einst von Facebook verbannt. Bis er umschwenkte, genauso wie Ex-Trump-Kritiker Bezos.

Aus Opportunismus, meint Kettemann, der aber keine Weltverschwörung dahinter erkennen mag. "Sie wollen in ihrem wirtschaftlichen Bereich herrschen, aber nicht unbedingt Gesetze erlassen", sagt er über die Tech-Mogule. Zwar hätten sie mit ihren Portalen die Möglichkeit, Meinungen zu lenken. Empirisch ließe sich aber nicht belegen, dass sie es bewusst tun. Ausnahme ist Musk, der offen Parteien bewirbt. Oder Bezos, der als Besitzer der "Washington Post" eine Wahlempfehlung verbot.

"Dass wir darüber sprechen, zeigt, wie unüblich es ist, wenn Konzernchefs sich klar positionieren", sagt Kettemann. Dennoch beeinflussen Plattformen den politischen Diskurs enorm. Etwa wenn X, Facebook oder YouTube emotionale, kontroverse Meinungen oder Falschinformationen verbreiten. Doch auch hier unterstellt der Experte den Tech-Unternehmen keine Absichten, außer Profitabsicht.

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Warum Plattformen trotzdem die Demokratie gefährden

"Die Plattformen haben keinen inhaltlichen Anspruch, sondern richten ihre Algorithmen darauf aus, möglichst viele Nutzer möglichst lange online zu halten", erklärt Kettemann. "Wir sind nicht ihre Kunden; die Kunden sind die Werbekunden. Unsere Aufmerksamkeit wird verkauft. Das führt dazu, dass Plattformen Inhalte fördern, die oft nicht der Wahrheit entsprechen, aber Klicks generieren."

Die Firmen könnten die Algorithmen zwar ändern, aber wollen es oft nicht, weil es so lukrativ ist. Und solange Werbekunden nicht abspringen, ist die Kritik von einigen Nutzergruppen auszuhalten. Zwar wirkten manche Inhalte vor Jahren anders, als sie für Diversität warben, statt sie zu kritisieren. Doch Firmen wollen laut Kettemann nichts fördern, sie gehen nur opportunistisch mit dem Zeitgeist.

Ist es zu spät für eine Zerschlagung?

Er glaubt auch nicht an große Absprachen zwischen den Tech-Unternehmen. "Jeder hat für sich selbst entschieden, dass eine Annäherung an Trump sinnvoll ist. Sie sind ja teils Konkurrenten." Die Gefahr einer Zerschlagung sieht Kettemann für sie kaum. "Es wäre rechtlich möglich, aber die Konzerne haben zu viel Kapital und die Politik zu wenig Willen dafür."

Dennoch sei es wichtig und richtig, dass zumindest die EU versucht, die Konzerne zu regulieren. "Das Problem ist, dass wir 20 Jahre zu spät sind angesichts ihrer Marktmacht", sagt Kettemann. Es sei jedoch keine Zensur, darauf zu beharren, dass Informationen auf Social Media der Wahrheit entsprechen sollen. Auch wenn US-Politiker mit Spendern aus der Tech-Branche genau das gern behaupten.

Über den Gesprächspartner

  • Matthias C. Kettemann ist als österreichischer Jurist Experte für Internetrecht, lehrt am Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung und dem Berliner Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft. Der Harvard-Alumni forscht seit Jahren zu Onlinefirmen und ihrer Regulierung.

Verwendete Quellen