Sie sind zurück im Boxring: Mike Tyson und Roy Jones Jr. werden in der Nacht zu Sonntag gegeneinander antreten. Während der ehemalige Schwergewichtsweltmeister Tyson schon seit 2005 nicht mehr aktiv war, liegt Jones Jr. im Vorteil. Mit einer Regeländerung soll ein brutaler Knockout verhindert werden.

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Der Boxsport hat eine lange Tradition, wenn es darum geht, dass eigentlich längst zurückgetretene Athleten doch noch einmal aktiv werden. Man erinnere sich nur an das Comeback von George Foreman in den 1990ern, als der einstige Rivale von Muhammad Ali sogar noch einmal Schwergewichtsweltmeister wurde.

Eine solche Rückkehr werden Mike Tyson und Roy Jones Jr. am Samstag (live ab 3:00 Uhr auf Sky als Pay-Per-View-Kauf) feiern. Für den 54-Jährigen und den 51-Jährigen geht es um die Ehre und natürlich jede Menge Geld. Luke Thomas, Kampfsportanalyst beim US-Sender "Showtime", erwartet, dass der Kampf bis zu 500.000 Pay-Per-Views einspielen könnte. Bei einem Einzelpreis von 50 Dollar würden sich die Einnahmen damit in den Vereinigten Staaten auf 25 Millionen belaufen. Kein schlechter Verdienst für zwei Boxrentner.

Tyson schämte sich für Vergangenheit

Allerdings betont gerade Tyson dass ihm auch die sportliche Herausforderung wichtig ist. Im vergangenen Jahrzehnt hat der einstmals gefürchtete Schwergewichtsweltmeister und wegen Vergewaltigung verurteilte Tyson sein öffentliches Image komplett verändert. Er trat als zurückhaltender Leisetreter auf, der gerne mal Marihuana konsumierte.

Über seine frühere Persona des hyperaggressiven K. o.-Schlägers wollte er nicht mehr sprechen. Er schämte sich sogar für das, was er einst darstellte. Dass er selten ins Gym ging, begründete Tyson auch damit, dass ansonsten die alten Dämonen wieder geweckt werden könnten. "Dieses Kind schlummert immer in mir", erzählte er kürzlich. "Nun weiß ich aber, wie ich es behandeln und beschützen muss. Ich beschützte es nicht, als ich in den Knast ging und all die anderen verrückten Sachen tat."

Doch als ihn Anfang des Jahres seine Ehefrau aufgrund des wachsenden Bauchansatzes als "fett" bezeichnete, packte Tyson seine Sportsachen und begann wieder zu trainieren. Mittlerweile berichten diejenigen, die ihm zuletzt nahe gekommen sind, dass die Intensität von einst zurückgekehrt ist. Das Feuer ist wieder da.

Jones Jr. im Vorteil

Mit Jones Jr. fand Tyson rasch einen Widersacher, der ebenso gerne wieder in den Boxring steigen wollte. Der große Unterschied: Während Tyson zuletzt 2005 in einem Profikampf antrat, war Jones Jr. trotz seines fortgeschrittenen Alters stetig aktiv. Sein Kampfrekord in den vergangenen zehn Jahren beträgt 12:2, wobei die große Mehrheit seiner Gegner allenfalls gehobenes "Fallobst" war. Jones Jr. ging sogar regelmäßig nach Russland, um dort seine einstmals legendäre Karriere zu einem traurigen Ende zu führen.

Dieses Ende wird aber nun noch einmal für einen Kampf mit Tyson verschoben. Der agilere und gleichfalls leichtere Jones Jr. ist gewiss im Vorteil, kann allerdings einen sauberen Schlag von Tyson, der wie ein Wahnsinniger trainiert hat, sehr wahrscheinlich nicht einstecken. Es könnte sich also das uralte Aufeinandertreffen zwischen Techniker und Schläger ergeben.

Strenge Regularien

"Ich denke, Roy kann es schon vertragen, ein bisschen verhauen zu werden", sagte Tyson im Vorfeld. "Es wird richtig heiß werden in dieser Küche." Doch einen Haken hat die ganze Sache: Der in Los Angeles ausgetragene Kampf steht unter der strengen Aufsicht der kalifornischen Boxkommission. Diese sieht den Kampf offiziell nur als Schauveranstaltung oder "harte Sparring-Einheit", wie es formuliert wird.

Dazu wurden die Regeln entsprechend angepasst. Statt drei gibt es nur zwei Minuten lange Runden. Die Boxhandschuhe sind zwölf statt zehn Unzen schwer. Und bei einer schwerwiegenden Blutung wird abgebrochen. Offizielle Punktrichter gibt es zudem auch nicht. Der Verband WBC stellt stattdessen Promi-Punktrichter und ernennt im Nachhinein einen zeremoniellen Gewinner.

Es besteht eine große Chance, dass bei der ersten richtigen Spannung in diesem Kampf Ringrichter Ray Corona dazwischen gehen muss. In gewisser Weise würde solch ein Ende nur die Skurrilität des ganzen Events unterstreichen, bei dem in den Vorkämpfen etwa der YouTube-Star Jake Paul gegen den Ex-NBA-Basketballer Nate Robinson antritt.

Der Nostalgiefaktor

Der Grund, weshalb trotzdem viele US-Amerikaner einschalten werden, ist der altbekannte Nostalgiefaktor. Tyson und Jones Jr. waren vor 30 Jahren große Stars in einer Zeit, als in Las Vegas jeden Monat wenigstens ein legendärer Kampf stattfand. Tyson dominierte zeitweilig das Schwergewichtsboxen mit unglaublichen Knockouts, während Jones Jr. in den Gewichtsklassen darunter mit herausragenden Reflexen und präziser Schlagtechnik Gegner der Lächerlichkeit preisgab.

Die glamourösen Zeiten von damals können im heutigen Boxsport nur bedingt reproduziert werden. Dafür aber lassen sich die Ikonen von einst, so fragwürdig sie auch wie im Fall von Tyson sein mögen, noch einmal feiern.

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