Schauspieler Stephan Zinner kommt vom Chiemsee, lebt aber schon seit 30 Jahren in München – zur Miete. Auch im neuen "Polizeiruf 110: Ein feiner Tag für den Bananenfisch" ist der Wohnungsmarkt ein Thema. Und wird düster dargestellt.
Stephan Zinners (50) Blick auf das Leben in der bayerischen Hauptstadt ist kein optimistischer. Im Interview mit unserer Redaktion sagt der Schauspieler deutlich, warum die Stadt in seinen Augen tätig werden muss.
Im letzten "Polizeiruf"-Fall "Jenseits des Rechts" ging es um Amateurpornos, diesmal steht die Drag-Queen-Szene im Mittelpunkt. Spiegelt das München wider?
Ein Thema, das auch typisch für München ist, ist der Wohnungsmarkt. Sie wohnen schon seit 30 Jahren zur Miete in München. Im neuen "Polizeiruf" wirkt die Stadt wie eine Dauer- und Großbaustelle, der Wohnungsmarkt liegt in den Händen ausländischer Investoren. Wie hat sich der Wohnungsmarkt aus Ihrer Sicht verändert und was macht das mit der Stadt?
Meine Mama hat Schuhe verkauft und der Vater war bei der AOK – da gibt es nichts, worauf ich aufbauen kann, obwohl das normale, gute Gehälter auf dem Land waren. Wenn heute junge Leute, die hierherziehen wollen, den Arbeitskreis "Wir suchen eine Wohnung" gründen müssen – das ist nicht richtig. Das tut der Stadt nicht gut. Denn die verdienen teilweise nicht schlecht, können sich aber in keiner Weise einen Wohnungskauf leisten.
Darunter leidet die Stadt, hat es aber in den letzten Jahrzehnten massiv verpasst, einzugreifen. Das macht München kaputt, weil es eine Stadt ausmacht, wenn Stadtteile gemischt sind, wenn Häuser gemischt bewohnt werden von jemandem, der einen Haufen Pulver hat und jemandem, der nicht viel Pulver hat. Man kennt sich, man redet, kriegt was mit.
Wenn du heute in einem Wohnkomplex wohnst, der jemandem aus Berlin, aus Singapur, aus Weißgottwo gehört, dann interessiert den das nicht, wenn der Balkon runterhängt. Das ist einfach richtiger Mist. Und ich weiß nicht, ob da noch was zu retten ist. Ich würde gerne extremen Optimismus versprühen, den habe ich bei dem Thema aber leider nicht.
Die Stadt muss sich massiv über die Struktur Gedanken machen und etwas tun, weil auch andere Sachen dranhängen: kleine Clubs, kleine Restaurants und Kneipen, die aus der Stadt rausgedrängt werden, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können. Das ist ungenügend bis scheiße.
Im neuen "Polizeiruf" wird nicht nur der Wohnungsmarkt pessimistisch gezeigt. Auch im Einzelhandel bleiben Lieferungen aus, die Politik ist gegenüber Investoren machtlos, die Polizei kann Zeugen nicht hinreichend schützen, am Ende ist auch die Justiz nicht in der Lage, Gerechtigkeit herzustellen. Haben Sie manchmal die Befürchtung, dass diese Filme ein zu schlechtes Bild von der Lage in Deutschland vermitteln und zu mehr Sorgen in der Bevölkerung führen?
Interessante Frage, darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Wenn wir nur solche Filme machen würden, wäre das natürlich Mist. Aber es ist nur eine Episode der Reihe und in der nächsten wird wieder ein anderes Bild gezeigt. Natürlich laden diese pessimistischen Themen auch zu solchen Filmen ein, weil sich Dramen leichter schreiben als Komödien.
Wäre alles immer nur negativ, wäre die Angst aber sicher absolut gerechtfertigt. Dann würden viele Zuschauerinnen und Zuschauer bestimmt auch sagen, ich schalte nicht mehr ein, ziehe mich in meine Blase zurück und erzähle mir, dass früher alles besser war. Da muss man auf jeden Fall aufpassen.
Das könnte dann auch politisch ausgeschlachtet werden.
Absolut. Das wäre genauso, wie wenn man auf einem Konzert immer nur die gleichen zehn Balladen hören würde. Irgendwann denkt man sich: "Okay, jetzt könnt’s mi gern ham, jetzt mog i au nimma." Ein Wechsel ist schon sehr wichtig.
Der neue Münchner "Polizeiruf 110: Ein feiner Tag für den Bananenfisch", läuft am Sonntag, 18. Mai, um 20:15 Uhr in der ARD.
Über den Gesprächspartner
- Stephan Zinner, geboren 1974, kommt vom Chiemsee. Er ist Schauspieler, Musiker und Kabarettist. Bevor er als Kriminalhauptkommissar Dennis Eden beim "Polizeiruf 110" anfing, war 15 Jahre lang Markus Söders Double beim Singspiel auf dem Nockherberg in München. Diese Rolle gab er 2021 auf.