Ein Freund, ein guter Freund, ist bekanntlich das Beste, was es gibt auf der Welt. Das finden Tom und Bill Kaulitz sicher auch, wenn diesmal vielleicht auch mit Einschränkungen. Denn wenn man sich bei Bill an dessen Geburtstag beschwert, herrscht schneller dicke Luft, als Bill "Arschloch" sagen kann.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Du hast mich wieder vollgepafft hier gerade", beschwert sich Tom über die Tatsache, dass sein Bruder Bill bei der Aufnahme der neuen Podcast-Folge raucht. Aber Bill hat ein unschlagbares Argument für seine Nikotin-Sucht: "Ich habe so schöne Aschenbecher und ich finde, die müssen auch genutzt werden." Das müssen selbst Lungenfachärzte anerkennen, doch Tom geht es nicht so sehr ums Passivrauchen, sondern darum, dass dann seine Haare und Klamotten so nach Rauch riechen würden.

Bill kann das nachvollziehen. Und das, obwohl er davon selbst wie auf magische Weise verschont bleibt. "Ich weiß nicht, warum das so ist, aber ich rieche nie nach Rauch, nichts bei mir", berichtet Bill, und ich kann mir das auch nur damit erklären, dass das wohl Bills geheime Superkraft ist. Wer will schon fliegen können, unsichtbar werden oder einen Laserblick haben, wenn er doch auch nach dem Rauchen nicht stinken kann. Okay, nicht nach Rauch zu riechen, können andere Menschen auch. Nichtraucher zum Beispiel. Aber Bills Superkraft geht darüber hinaus, denn er kann rauchen und dabei nicht nach Rauch riechen, Tom hingegen schon, obwohl der nur nichtrauchend dabei sitzt. Verrückt, was?

Eisgekühlt und keine Krise

Aber vielleicht ist es auch genau umgekehrt, und das alles ist Toms Superkraft. Die Welt der Superhelden ist einfach ein Mysterium. So oder so ist die Sache mit dem Rauchen ein guter Einsteig, aber bis wir zum Kern der neuen Folge kommen, dauert es noch einen kurzen Moment. Zuvor verkündet Bill nämlich noch: "Wir sitzen in meinem eisgekühlten Haus." Der Grund für die erfrischende Kühle sei die neue Fenstertönung, und da erkennt auch Tom angesichts der kalifornischen Temperaturen neidlos an: "Hier innen kriegt man jetzt keine Krise." Früher sei es bei Bill immer so heiß gewesen.

Ja, stinkreich müsste man sein. Dann könnte man mit seiner Vielfliegerei zwar die Klimakrise weiter befeuern, könnte sich dann aber in seine getönte Villa mit dem neuen Pool zurückziehen, während die Welt draußen schwitzt. Da kommt man doch echt ins Grübeln, ob man nicht auch einfach superreich werden sollte. Ich möchte die Klimakrise jedenfalls nicht als armer Mensch erleben. Aber die Episode taugt wunderbar zur Überleitung, denn ein gemeinsamer Freund sei vor kurzem extra für die beiden nach Los Angeles geflogen.

Bill und Tom haben nämlich gerade erst ihren 36. Geburtstag gefeiert. In kleiner Runde, nur mit Familie und ausgewählten Freunden, und auf die Frage, was er sich wünsche, habe Bill geantwortet: "Ich wünsche mir, dass alles so bleibt, wie es jetzt ist." Denn: "Jetzt gerade ist genau perfekt." Ich gehe davon aus, dass Bill damit seine getönten Fensterscheiben meint und nicht etwa die Umfrageergebnisse in Sachsen-Anhalt, die Auftritte der Fußball-Nationalmannschaft oder den Geschmack von Kartoffelpfannkuchen.

Streit am Geburtstag: "Ich will mir so was nicht anhören"

Meint er nicht, aber Bills Glück währte nicht lange, denn ein Freund, den er spontan am Vorabend zum Geburtstagsessen eingeladen habe, sei nicht zum Dinner erschienen. "Was ist denn jetzt wichtiger als euer Geburtstag?", habe die Runde am Tisch gefragt, eine Frage, die Bill sofort per Kurznachricht an den Freund weitergereicht habe. Die Antwort des Freundes habe Bill aber überrascht: "Ich bin nun mal nicht so ein Arschleckerfreund wie eure anderen Arschleckerfreunde. Ihr könnt mich nicht in letzter Sekunde einladen. Da schreibst du mir gestern Abend erst, dass wir hier heute essen gehen!" Eine erfrischende Formulierung, die Bill quasi als vertrauensfördernde Maßnahme auch sofort den Anwesenden vorgelesen habe, damit die auch gleich im Bilde sind, was denn der Freund über sie denkt.

Auf argumentativer Ebene kann Bill die Gedanken des Freundes allerdings nicht so recht nachvollziehen, schließlich genieße der Freund ja schon das Privileg, überhaupt in diese private Runde eingeladen gewesen zu sein. Außerdem stört sich Bill am Zeitpunkt der Nachricht, wie er erklärt: "Ich will mir so was nicht anhören", beschreibt Bill seine Bedürfnisse an diesem Abend. Er habe schließlich schon vor den Cocktails beim Dinner gesessen, und "da kommt dann so ein Arschloch und macht dir irgendwie die Hölle heiß", schimpft Bill, und der Freund wird sicher froh sein, dass er seinen Statuswandel von Freund zu "so einem Arschloch" über einen Podcast erfährt.

Aber Bill beherrscht nicht nur einen elaborierten Sprachstil, sondern ist auch noch Mediator in seinem eigenen Streit, und so findet er eine elegante Lösung des Problems. "Weißt du was, ich lad' dich in Zukunft gar nicht mehr ein!", habe er per Nachricht geschrieben. Damit ist er dem Freund einen Schritt entgegengegangen, und auch rhetorisch hätte man die Sache nicht besser lösen können. Ich-Botschaften sind bei Streits ganz wichtig, damit der andere sich nicht gleich angegriffen fühlt. Außerdem: Was bei Sechsjährigen gut funktioniert, kann bei 36-Jährigen nicht falsch sein.

Bill und Rick – ein neues Superhelden-Paar?

"Ihr müsst das mal klären", stimmt Tom zum Abschluss versöhnlichere Töne an, aber da bin ich eher auf Bills Seite. Ich finde, die beiden haben die Unstimmigkeit über die Dinner-Einladung doch sehr vernünftig geklärt, so dass einer weiteren guten Beziehung nichts mehr im Wege steht. Und wenn doch, dann kann der Umgang mit seinen Freunden ja immer auch eine Warnung an seine Feinde sein. Außerdem gibt es für Bill eine Lösung, die mindestens genauso reif ist wie die, die er bereits gefunden hat: sich neue Freunde suchen. Und da hat Bill sogar schon eine Idee.

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"Ricky Martin wär was für mich", erklärt Bill, und weil er glaubt, der Sänger lebe gerade von seinem Mann getrennt, denkt Bill gleich weiter: "Ich finde, wir wären ein gutes Paar." Dem widerspricht Tom nicht, im Gegenteil. Toms Frau sei mit Ricky Martin befreundet, weshalb er zum Wunsch Bills, doch mal ein gemeinsames Barbecue zu arrangieren, nur sagt: "Das organisier' ich." Das klingt fantastisch. Und wenn Ricky Martin jetzt auch noch nach Rauch riecht, ohne zu rauchen, haben wir ein neues Superhelden-Paar.