Der deutsche Filmemacher Wim Wenders wird am 14. August 80 Jahre alt. Erlebt hat er seither einiges: nationalen und internationalen Ruhm, künstlerische Sinnkrisen - und Stunk mit Francis Ford Coppola.
Reisende soll man nicht aufhalten - und man kann es auch gar nicht, lautet die Botschaft, die Regisseur
Bevor sich Wilhelm Ernst "Wim" Wenders in den 1970er Jahren als bedeutender Vertreter des Neuen Deutschen Films einen Namen machte, trieben ihn höchst unterschiedliche Karriereziele um. Zuerst wollte er Priester werden. Dann schickte er sich an, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und studierte für kurze Zeit Medizin, noch kürzer Philosophie und Soziologie. Schließlich brach er sein Studium ab, um eine Laufbahn als Maler zu verfolgen. Ja, eine gewisse Rastlosigkeit war diesem Wim früh anzumerken und sie sollte ihn nie mehr verlassen.
Mitte der 1960er Jahre hatte er schließlich seine Bestimmung gefunden - sie ihn allerdings noch nicht: Er bewarb sich an einer Filmhochschule in Paris, wurde dort jedoch abgelehnt. Über einige Umwege landete er 1967 schließlich an der ein Jahr zuvor gegründeten Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München. Für ihn war es die logische Folge, er habe seine ersten "Kurzfilme sozusagen als Fortsetzung der Malerei mit anderen Mitteln gesehen", wie er 2009 im Interview mit "Deutsche Welle" sagte.
Regisseur auf kreativen Reisen
Schon rund vier Jahre später zählte Wenders neben Rainer Werner Fassbinder (1945-1982),
Nach seinen Frühwerken, darunter die Romanverfilmung "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" und "Der scharlachrote Buchstabe", wurde das Roadmovie zu seiner Passion. Vornehmlich, weil es von allen Genres perfekt seinen eigenen Durst nach künstlerischer Freiheit stillte. Durch seine beiden Werke "Alice in den Städten" und "Im Lauf der Zeit" habe er erkannt, dass man dank des Roadmovies "diesen Beruf des Filmregisseurs auch unterwegs ausüben konnte und dass es eine Art Film gab, wo man kontinuierlich und chronologisch erzählen durfte". Dass hierbei stets "die Route das Drehbuch" schreibt und zudem Musik eine tragende Rolle einnehmen kann, sogar einnehmen muss, habe ihn als Filmschaffenden besonders gereizt. Denn ein Roadmovie ohne Musik sei "praktisch undenkbar".
Ritterschlag von Werner Herzog bis Campino
Mit seinen Filmen wusste er auch die anderen namhaften Vertreter des deutschen Kinos zu begeistern. Wenn sich ein Werner Herzog zu einer derartigen Lobeshymne hinreißen lässt, wie im 2020 erschienenen Dokumentarfilm "Wim Wenders - Desperado", dann will das schon etwas heißen. Wenders habe "ein halbes Jahrhundert Filme gemacht und es ist kein wirklich schlechter dabei". Jedem jungen Filmstudenten würde Herzog daher den Rat geben: "Wenn Du Filme machen willst, schau' dir Wims Filme an." Er verlieh diesem Tipp mit einem darauffolgenden "Du Depp!" Nachdruck.
Gedreht wurde besagte Doku übrigens von Eric Friedler und Andreas Frege (63), Letztgenannter ist besser bekannt als
Die Weltbühne öffnete sich früh, aber nicht geräuschlos
Auch international ist Wim Wenders seit Jahrzehnten eine Instanz. In Cannes war er zuletzt 2023 mit "Perfect Days" im Wettbewerb vertreten (seine bislang zehnte Teilnahme), auch eine Oscar-Nominierung heimste die deutsch-japanische Koproduktion ein. Bereits Ende der 1970er Jahre hatte er in den USA Fuß gefasst, nachdem Großmeister
Harmonisch lief die Zusammenarbeit nicht ab, im Gegenteil. Produzent Coppola war mit dem Film maximal unzufrieden und ließ das Wenders auch unverblümt spüren. "Das ganze Filmemachen schien mir in Frage gestellt", fasste Wenders rückwirkend seine Sinnkrise als direkte Konsequenz des Disputs zusammen.
Und was macht ein Regisseur, der mit seiner Profession hadert? Er dreht einen Film darüber: "Der Stand der Dinge" erschien 1982 und handelt von einem Filmteam, dass vom Produzenten im Stich gelassen wird. Etwas Gutes hatte das Fiasko um "Hammett" und die Phase danach aber: Während seiner Zeit in den USA habe Wenders gemerkt, dass "ich kein amerikanischer Regisseur war und nie einer werden würde. Auch nie amerikanische Filme machen könnte, sondern, dass ich im Herzen ein Deutscher war, im Beruf: 'europäischer Filmemacher'".
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Seinem weltweiten Erfolg tat diese Erkenntnis keinen Abbruch: Wenders' Roadmovie "Paris, Texas" gewann 1984 die Goldene Palme von Cannes und fand auch auf dem US-Markt Anklang. Ebenso wie sein Fantasy-Drama "Der Himmel über Berlin", international unter dem etwas kitschigen Titel "Wings of Love" veröffentlicht. Der Film, der mit Peter "Columbo" Falk und Musiker Nick Cave in Gastrollen aufwartet, erzählt die Geschichte des Engels Damiel (Bruno Ganz), der sich aus Liebe zu einer Frau zum gewöhnlichen Menschen "degradiert". Von der US-amerikanischen Filmkritiker-Ikone Roger Ebert wurde das Drama als "wunderschöner Film" geadelt - und knapp zehn Jahre später als "Stadt der Engel" mit Meg Ryan und Nicolas Cage neu verfilmt.
"Ich möchte ein Gewicht an mir spüren, das die Grenzenlosigkeit an mir aufhebt und mich erdfest macht", formuliert in "Der Himmel über Berlin" Engel Damiel seinen Wunsch nach irdischer Limitierung. An diesem Punkt scheint der rastlose Wim Wenders derweil auch mit 80 Jahren noch nicht angekommen zu sein. Wohin ihn seine künstlerische Reise als nächstes führt und wie lange sie noch geht, das weiß der Regisseur womöglich selbst noch nicht. Das ist ja gerade das Schöne an einem Roadtrip: Man weiß nie, was einen hinter der nächsten Kurve erwartet. Nur für gute Musik entlang des Weges kann man sorgen. (stk/spot) © spot on news