Altkanzlerin Merkel mahnt mehr Mut im Klimaschutz an. Neue Studien zeigen: Kippelemente könnten widerstandsfähiger sein als gedacht – gleichzeitig verändert die Erderwärmung schon heute die Landmasse Südafrikas. Die wichtigsten Klimanews der Woche im Überblick.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und die Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
Merkel über Klimakrise: "Es bedarf noch größeren Mutes"
Ex-Bundeskanzlerin
Merkel schilderte in diesem Rahmen auch ihre persönliche Erfahrung aus dem Jahr 2017, als US-Präsident
Im aktuellen "Politbarometer" steht der Klimaschutz in der Bevölkerung nicht im Zentrum der Erwartungen an die kommende Bundesregierung: Nur zehn Prozent sehen Klimaschutz als vordringliches Thema, gleichauf mit Verteidigung. Deutlich wichtiger erscheinen den Deutschen soziale Fragen (21 Prozent) und Wirtschaftspolitik (45 Prozent).
Studie: Kipppunkte robuster als gedacht?
Grönlands Eisschild, Permafrost, der Amazonas-Regenwald: Das sind nur drei von mehreren Kippelementen, die das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung aufführt. Kippelemente gelten im Klimasystem als verborgene Schalter: Trotz steigender globaler Temperaturen wirken sie lange Zeit stabil – bis ein kritischer Punkt erreicht wird, danach verändern sie sich rasant und unumkehrbar. Das System kippt und könnte dabei weitere Veränderungen in Gang setzen, so die These. Forschende sprechen in diesem Zusammenhang von einer möglichen Kettenreaktion oder einem Dominoeffekt, der das Weltklima massiv destabilisieren könnte.
Eine neue Studie des Exzellenzclusters Cliccs aus Hamburg weckt nun vorsichtige Hoffnung: Den gefürchteten Dominoeffekt im Klimasystem, bei dem das Kippen einzelner Elemente wie Permafrostböden eine globale Kettenreaktion auslösen könnte, halten sie für weniger wahrscheinlich, als bisher angenommen.
Das Forschungsteam um Klimawissenschaftler Jakob Deutloff hat mithilfe zahlreicher Modellsimulationen untersucht, wie kritisch sich Veränderungen in 16 zentralen Kippelementen des Erdsystems auswirken könnten. Der Fokus lag dabei besonders auf jenen, die direkt mit dem globalen Kohlenstoffkreislauf verknüpft sind – etwa tauende Permafrostböden, die große Mengen Methan und CO2 freisetzen könnten.
Die Forschenden kommen zu dem Ergebnis, dass selbst wenn Permafrostböden oder der Regenwald ihre Kippschwellen überschreiten, ihr zusätzlicher Beitrag zur Erderwärmung im Vergleich zu menschlichen Emissionen vergleichsweise gering ist. Ein Selbstläufer der Klimakatastrophe ist damit zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht zwangsläufig.
Ein Grund, sich zurückzulehnen, ist diese Nachricht jedoch nicht: Ohne Kurswechsel bei den Treibhausgasemissionen gehen die Forschenden in ihrer konservativsten Schätzung davon aus, dass 9 der 16 untersuchten Kippelemente mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent ihren Kipppunkt überschreiten könnten. Nur entschlossene Maßnahmen gegen den Klimawandel können verhindern, dass das System tatsächlich kippt.
Studie: Klimakrise hebt Südafrika aus dem Meer empor
In den Jahren von 2012 bis 2020 hat sich Südafrika um rund sechs Millimeter aus dem Ozean erhoben. Bislang gingen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass dies durch geologische Vorgänge im Erdmantel verursacht werde. In einer neuen Studie haben Forschende der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn nun eine andere Erklärung gefunden: Vielmehr sei die Ursache menschengemacht.
In ihrer Studie werteten sie GPS-Daten von 2000 bis 2021 aus und stellten dabei fest, dass sich die betroffenen Gebiete vor allem nach ausgeprägten Dürreperioden anhoben. Demnach ist der Wasserverlust an Land ein wesentlicher Faktor für die beobachtete Anhebung der Landmasse – und damit eine Folge der Klimakrise. Auch ein Abgleich mit Daten der Satellitenmission GRACE bestätigte die Annahme der Forschenden: Je weniger Wasser sich in einer Region befand, desto stärker hob sich diese an.
Die Forschenden erklären das damit, dass die Erdkruste durch das Gewicht von Grund- und Oberflächengewässern abgesenkt wird. Trocknet sie aus, wölbt sich die Landmasse an den betroffenen Stellen.
Insider: Luftfahrtindustrie versagt in Sachen Klima "dramatisch"
Eine neue Initiative von Luftfahrtexpertinnen und -experten namens "Call Aviation to Action" (zu Deutsch: "Aufruf zum Handeln in der Luftfahrt") warnt davor, dass die Branche beim Klimaschutz "dramatisch versagt". Die Mitglieder, darunter Pilotinnen, Ingenieure und Managerinnen, fordern tiefgreifende Reformen und eine stärkere Regulierung – darunter auch eine Begrenzung des Flugverkehrs.
Die Gruppe kritisiert die Luftfahrtindustrie als zu optimistisch in Bezug auf technische Lösungen und zu abhängig von einem Geschäftsmodell, das ständiges Wachstum verlangt. Die bisherige Klimapolitik der UN-Luftfahrtorganisation ICAO halten sie für unzureichend. Deren Kompensationsprogramm CORSIA ist laut dem Mitgründer Karel Bockstael kaum mehr als ein Ablenkungsmanöver. "Wenn wir nicht handeln, werden die Emissionen des Luftverkehrs bis 2050 etwa ein Viertel aller vom Menschen verursachten Emissionen ausmachen – das wäre wirklich eine sehr beschämende Situation", sagte Bockstael im "Guardian".
Besonders problematisch: Der Luftverkehr verursacht pro Passagierkilometer die meisten CO2-Emissionen – und ein Prozent der Weltbevölkerung ist für rund 50 Prozent davon verantwortlich. Die Initiative fordert nun konkrete, wissenschaftsbasierte Emissionsziele, ein Ende der Lobbyarbeit gegen Klimaschutz und faire Maßnahmen zur Steuerung der globalen Flugnachfrage. Nur so könne die Luftfahrt langfristig eine nachhaltige Zukunft haben.
Verwendete Quellen
- Tagesspiegel.de: "Auftritt bei Kirchentag in Hannover: Merkel wünscht Merz Fortune und viel Kraft"
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: "Kippelemente – Großrisiken im Erdsystem"
- Eds.copernicus.org: "High probability of triggering climate tipping points under current policies modestly amplified by Amazon dieback and permafrost thaw"
- Fachjournal JGR Solid Earth, Mielke et al., 2025: "GNSS Observations of the Land Uplift in South Africa: Implications for Water Mass Loss"
- Homepage er Initiative "Call Aviation to Action"
- Guardian.com: "Aviation industry is ‘failing dramatically’ on climate, insiders say"