Flutschäden in Europa nehmen durch den Klimawandel zu und Rentiere könnten in manchen Teilen der Welt verschwinden. Laut einer Umfrage unterschätzen viele US-Bürger den Klimaeffekt ihres Lebensstils, während E-Bikes das Auto öfter ersetzen, als gedacht. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und ihre Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
Klimawandel treibt Flutschäden in Europa nach oben
Fluten haben in Europa in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Schaden angerichtet und der Klimawandel ist daran erheblich beteiligt, wie eine in "Science Advances" veröffentlichte Studie zeigt.
Demnach stiegen die Hochwasserschäden seit 1950 um rund acht Prozent. Besonders ins Gewicht fallen die wirtschaftlichen Verluste: Während die Summe der Schäden in den 1950er-Jahren noch bei umgerechnet 37 Milliarden Euro lag, belief sie sich im letzten Jahrzehnt bereits auf 71 Milliarden.
Allerdings ist der Anstieg nicht nur auf die Erderwärmung zurückzuführen. Der Studie zufolge spielen mehrere Faktoren zusammen: So wuchsen die europäischen Volkswirtschaften lange schneller, als die Schäden zunahmen – gemessen am Bruttoinlandsprodukt fiel die Belastung 2020 deshalb auf nur noch ein Drittel des Niveaus von 1950.
Auch Investitionen in Deiche, Rückhaltebecken und Frühwarnsysteme wirkten: Anpassungsmaßnahmen reduzierten die ökonomischen Schäden nach 1950 um 63 Prozent und die Zahl der Todesopfer um mehr als die Hälfte.
Doch die Studie weist auch auf die Grenzen solche Maßnahmen hin. Mit zunehmender Besiedlung in Überschwemmungsgebieten steigt das Risiko weiter, während der Fortschritt beim Hochwasserschutz in den letzten 20 Jahren nachgelassen hat. Steigen die Temperaturen weiter, könnten Schutzmaßnahmen nicht mehr mithalten.
US-Bürger schätzen Auswirkungen ihres Lebensstils auf das Klima falsch ein
Viele US-Bürgerinnen und -Bürger haben offenbar ein verzerrtes Bild davon, wie sehr ihr Alltag das Klima belastet. Das zeigt eine aktuelle Studie der "National Academy of Sciences". Die Befragten sollten einschätzen, welche ihrer Handlungen am stärksten zur Erderwärmung beitragen. Meist lagen sie daneben.
Die Befragten schrieben Dingen wie etwa Recycling zu hohe Auswirkungen zu, unterschätzten gleichzeitig jedoch die Auswirkungen von CO2-intensiven Verhaltensweisen wie Fliegen oder Fleischkonsum.
Forschende nennen dafür zwei Gründe: Zum einen lenken Werbebotschaften die Aufmerksamkeit eher auf Recycling oder Energiesparlampen statt auf den Verzicht von Flugreisen oder die Einschränkung des Fleischkonsums. So entstehe ein falscher Eindruck. Zum anderen überschätzten Menschen sichtbare alltägliche Handlungen wie Recycling, während sie unsichtbare oder seltenere Verhaltensweisen wie Flugreisen kaum mit CO2-Emissionen verbinden – das verzerre ihre Wahrnehmung der tatsächlichen Klimawirkung.
Nachdem die Teilnehmenden in der Untersuchung über die tatsächlichen Effekte aufgeklärt wurden, erklärten viele, ihr Verhalten ändern zu wollen.
Klimawandel treibt Rentiere an den Rand des Verschwindens
Rentiere sind durch die aktuelle Erderwärmung stark gefährdet und könnten in Teilen der Welt sogar aussterben. Das geht aus einer neuen Untersuchung hervor, die in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlicht wurde. Demnach ist die Zahl der Tiere in den vergangenen drei Jahrzehnten bereits um fast zwei Drittel geschrumpft – und der Trend dürfte sich massiv verschärfen.
Steigende Temperaturen lassen die Lebensräume der Tiere schrumpfen und verändern ihre Nahrungsgrundlage. Hinzu kommen zusätzliche Belastungen wie Krankheiten, Wald- und Tundrabrände sowie Gefahren durch extreme Wetterereignisse. Sollten die Treibhausgas-Emissionen auf dem derzeitigen Niveau bleiben, könnte der Rentier-Bestand bis zum Jahr 2100 weltweit um weitere 58 Prozent sinken. Besonders betroffen wäre Nordamerika: Dort droht ein Verlust von bis zu 84 Prozent. Selbst unter moderaten Klima-Annahmen rechnen die Forschenden mit einem Minus von 42 Prozent.
Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede: Während in Südasien ein vollständiges Verschwinden möglich scheint, könnten sich Bestände in Zentralgrönland durch neue Lebensräume infolge schmelzender Eisschilde sogar vergrößern.
Grundlage der Studie sind Fossilien, genetische Analysen und komplexe Modellrechnungen über einen Zeitraum von 21.000 Jahren. Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen. Für viele indigene Gemeinschaften sei das Überleben der Tiere von existenzieller Bedeutung – kulturell, wirtschaftlich und emotional.
Studie: E-Bikes als Autoersatz unterschätzt
Lange galten E-Bikes nur als schnelle Variante des Fahrrads. Eine neue Untersuchung stellt diese Sichtweise allerdings infrage: Elektroräder verdrängen in erstaunlich vielen Fällen das Auto – und verändern damit die Mobilität weit stärker, als bislang angenommen.
Laut einer im "International Journal of Sustainable Transportation" veröffentlichten Studie wäre fast jede zweite E-Bike-Fahrt ohne elektrische Unterstützung mit dem Pkw unternommen worden. Bezogen auf die Gesamtkilometer liegt der Anteil sogar bei 63 Prozent. Konventionelle Fahrräder ersetzen dagegen nur in etwa jedem fünften Fall ein E-Bike.
"Unsere Studie hat gezeigt, dass E-Bikes nicht nur schnellere Fahrräder sind, sondern eine ganz andere Fahrzeugsorte", sagt Studienautor Leonard Arning von der Universität Wuppertal laut "taz". Nutzer fahren demnach längere Strecken, lassen sich von unzureichender Infrastruktur weniger abschrecken und bleiben häufiger im Sattel, wo Radfahrer auf andere Verkehrsmittel ausweichen würden.
Für die Analyse werteten die Forschenden rund 190.000 Wege aus der bundesweiten Erhebung "Mobilität in Deutschland 2017" aus. Auf dieser Basis entwickelten sie ein Modell, das berechnet, welche Verkehrsmittel unter welchen Bedingungen gewählt würden. So konnten sie simulieren, wie Menschen gefahren wären, wenn es das E-Bike nicht gegeben hätte.
Empfehlungen der Redaktion
Seit der Datenerhebung 2017 ist die Nutzergruppe deutlich gewachsen – das Potenzial dürfte also noch weit größer sein. Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen, Elektroräder künftig als eigene Kategorie in der Verkehrsplanung zu berücksichtigen.
Verwendete Quellen
- Science Advances, Paprotny et al., 2025: Attribution of flood impacts shows strong benefits of adaptation in Europe since 1950
- Science Advances, Canteri et al., 2025: Mismatch in reindeer resilience to past and future warming signals ongoing declines
- PNAS Nexus, Goldwert et al., 2025: Climate action literacy interventions increase commitments to more effective mitigation behaviors
- Sustainable Transportation, Arning & Kaths, 2025: Further, steeper, greener: Implications from an electric bicycle mode choice model
- taz.de: E-Bikes ersetzen häufiger Autos als Fahrräder
- Mobilität in Deutschland 2017
- pik-potsdam.de: Daten aus 70 Jahren zeigen: Anpassungsmaßnahmen können Hochwasserschäden reduzieren
- tagesschau.de: Studie erwartet starken Rückgang bei Rentieren