Sehr persönlich wurde es beim TV-Duell der Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen am Sonntag. Beide bauten auf Untergriffigkeit statt sachlichen Wahlkampf.

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Am 22. Mai entscheidet sich, wer Österreichs neues Staatsoberhaupt wird: Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer. Am Sonntag stellten sich die beiden Kandidaten im Puls4-Duell den Fragen von Corinna Millborn und Thomas Mohr.

Inhaltlich wenig revolutionär, überraschte ein energiegeladener Van der Bellen, der es dem FPÖ-Kandidaten Hofer schwer machte, sein bisheriges Image eines zurückhaltenden und besonnenen Politikers zu wahren.

"Mehrheit der Österreicher will keine blaue Republik"

War Hofer zunächst um Sachlichkeit bemüht, ließ er sich schnell aus der Reserve locken. Immer wieder unterstellte er Van der Bellen Vergesslichkeit und Wankelmütigkeit, doch untergrub dabei seine eigene jugendliche Dynamik, mit der er üblicherweise gerne punktet.

An diesem Duellabend stand Van der Bellen im Fokus. Selbst Hofer musste das zugeben, wenn auch in seiner Art: "Herr Doktor, Sie sind so böse", warf er seinem Gegner vor. Der ehemalige Grünen-Chef konterte diesmal unverzüglich und emotional.

Seine sonstige universitäre Besonnenheit, hatte er am Sonntag abgelegt. Hofer versuchte anhand in die Jahre gekommener Zitate den Volkswirtschaftsprofessor als unzuverlässig darzustellen.

"Österreicher wollen echte Verlässlichkeit", sagte Hofer, worauf Van der Bellen konterte: "Die Mehrheit der Österreicher will keine blaue Republik, mit einem blauen Präsidenten, einem blauen Kanzler und einem blauen Innenminister. Das hat sich noch nie bewährt."

Persönliche Scharmützel statt Sachthemen

In diesem Stil ging es zwei Stunden weiter. Persönliche Scharmützel, die den beiden extrem unterschiedlichen Positionen beider Kandidaten geschuldet sind.

So ist die breite Unterstützung für Van der Bellen, seitens europäischer Politiker und Unternehmergrößen wie Hans-Peter Haselsteiner, ein Dorn in den Augen Hofers, der von einer abgehobenen Polit-Elite sprach: "Ich möchte so eine Unterstützung nicht. Ich möchte die Menschen ansprechen. Ich möchte Präsident für Österreich sein. Sie möchten nur Präsident von Österreich sein."

Van der Bellen: Keine Regierungsbildung durch Strache

Van der Bellen wiederum warnte mehrfach vor der Politik der FPÖ, bezeichnete Hofer öfter als Heinz-Christian Straches verlängerten Arm und bekräftigte seine Aussage, wonach er einen blauen Kanzler nicht angeloben würde: "Als Präsident würde ich die Tradition der Stabilität fortsetzen, mit einer Ausnahme: Ich würde niemanden mit der Regierungsbildung beauftragen, der ganz offen sagt, dass die EU zerstört werden muss. Aber nicht, weil ich ein überzeugter Europäer bin, sondern weil ich überzeugt bin, dass das jede Menge Arbeitsplätze in Österreich kosten würde."

Natürlich wisse er, dass auch seine Ansichten vielfach noch nicht mehrheitsfähig sind, hoffe aber, dass sie es werden würden. Diese Diskussion mied Hofer. Sogar von einer Entlassung der Regierung, wie er sie immer wieder in den vergangenen Diskussionen angekündigt hatte, wollte er am Sonntag nicht mehr viel wissen.

Er würde der Regierung auf die Finger klopfen, hieß es diesmal. Wann er das täte? Wenn Forderungen nicht erfüllt würden. Als Beispiel nannte er weitere Steuererhöhungen.

Mehr Mitbestimmungsrecht für die Bevölkerung

Mehr Bedeutung schenkte Hofer dem Mitbestimmungsrecht der Bevölkerung in politischen Entscheidungen. "Prinzipiell sollten Menschen alles abstimmen können, was das Parlament beschließt", sagte er. Angesprochen auf den Moscheen-Bau oder das Thema Abtreibung: "Wenn es ein sehr erfolgreiches Volksbegehren gibt, das vom Parlament nicht unterstützt wird, sollte man darüber abstimmen lassen."

In diesem Punkt stimmte auch Van der Bellen zu, der allerdings darauf hinwies, dass man für eine stärkere Beteiligung erst die Gesetze ändern müsse: "Ich bin auch für Bürgerrechte und Abstimmungen. Doch eine stärkere Bürgerbeteiligung soll Politiker nicht aus ihrer Verantwortung entlassen."

Hofer unterstellte er dabei, dass er auch als Präsident stets im Sinn der FPÖ entscheiden würde. Sein Nachsatz: "Im Übrigen werden Sie sowieso nicht Präsident."

Sätze, die man von dem im Kaunertal aufgewachsenen Stoiker nicht gewohnt ist. Diesmal fielen zahlreiche solche. Hofer beschwerte sich auf seine Art. "Immer wenn es eng wird kommt die Nazi-Keule", beklagte er und verstrickte sich und Van der Bellen in ein Wortgefecht zu Burschenschaften und Freimaurertum.

Heimische Wirtschaft stärken durch Auslandsreisen

Konkrete Inhalte, die das Amt des Präsidenten betreffen, wurden nur am Rande thematisiert. Wenn, dann ging es um die Wirtschaft, wo sich vor allem Van der Bellen mit seinem Vorhaben hervor tat, die Auslandsreisen als Präsident gemeinsam mit einer Wirtschafts- und Kulturdelegation anzutreten, um neue Aufträge in Milliardenhöhe für Österreich herauszuholen.

Während Hofer die Tradition aufrechterhalten und seine erste Reise in die Schweiz antreten würde, schwärmte Van der Bellen zudem von einer Reise nach Paris, zum EM-Finale.

Überhaupt hatte es der von den Grünen unterstützte Kandidat diesmal mit dem Fußball. Auf Hofers Ausführungen zur Ausländerpolitik der Grünen, die in seinen Augen zu offen sei, sagte er: "Sehen Sie sich unsere Nationalmannschaft an, bei der die Hälfte der Spieler aus Zuwandererfamilien kommen. Hätten Sie Ihre Politik in den vergangenen 30 Jahren durchgebracht, hätten wir nicht so eine erfolgreiche Mannschaft."

"Dass etwas kompliziert ist, ist kein Grund nichts zu tun"

Und auch das wohl eingängigste Zitat der Abends kam einmal mehr von Van der Bellen: "Dass etwas kompliziert ist, ist kein Grund nichts zu tun", sagte er, bezogen auf seine Forderung, die Sozialversicherungsbeiträge für Niedrigeinkommen zu senken, bei gleichbleibender Versicherungsleistung.

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