Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt versprach kürzlich erst verschärfte Grenzkontrollen und schnellere Zurückweisungen. Bei "Markus Lanz" echauffierte sich Linken-Politikerin Janine Wissler über die Migrationspolitik der neuen schwarz-roten Regierung. Mit ihrer Argumentation stieß sie jedoch auf Unverständnis bei Thomas de Maizière.
Das Thema der Runde
"Wie geht es weiter in der deutschen Migrationspolitik?", wollte
Die Runde bei Markus Lanz debattierten aber nicht über die schärfere Asylpolitik von Schwarz-Rot, sondern blickte zeitgleich auch auf die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg.
Die Gäste
- Journalist Frederik Pleitgen schilderte, wie er
Putin am Samstag im Kreml erlebte: "Das war ein Krimi." - Journalist
Paul Ronzheimer berichtete über die Situation in der Ukraine: "Diplomatie hat sich vollkommen verändert." - Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière äußerte sich zum Kampf gegen die irreguläre Migration: "Paradigmenwechsel ist mir ein zu großes Wort."
- Linken-Politikerin
Janine Wissler sagte zum migrationspolitischen Kurs der Regierung: "Wir lehnen diese Zurückweisungen vollkommen ab." - Journalist
Robin Alexander analysiert den Start der neuen Bundesregierung: "Das Spiel, das gerade politisch läuft, ist: Notlage umsetzen, aber nicht darüber reden." - Ex-Bundespolizist Jan Solwyn warnte mit Blick auf die Migrationspolitik: "Illegale Migration kann Europa zerstören."
Das Wortgefecht

Bei "Markus Lanz" berichtete Ex-Bundespolizist Jan Solwyn von seiner Arbeit an den deutschen Grenzen. Dabei machte er deutlich, dass ein Großteil der Asylsuchenden ins Land komme, "um dann ein besseres Leben zu haben". Solwyn warnte daher: "So kann ein Asylsystem nicht funktionieren und so kann auch eine Gesellschaft nicht funktionieren."
Diese Position konnte Linken-Politikerin Janine Wissler nicht teilen. Sie bemängelte: "Mir kommt in der Debatte etwas zu kurz, dass es sich hier um Menschen handelt, die hierher kommen. Das ist keine Gefahr, das sind Menschen, die auf der Flucht sind!" Wissler kritisierte weiter den migrationspolitischen Kurs der Regierung und sagte: "Ich bin schon entsetzt darüber, dass man hier mit Ansage auch geltendes Recht bricht." Die Menschenrechte könne man nicht über einen Notstand einfach aufheben.
Journalist Robin Alexander konterte trocken: "Sollten wir nicht die Politik erst erklären, bevor wir sagen, dass sie Mist ist?" Janine Wissler ließ sich davon jedoch nicht beirren und fragte: "Wie wollen Sie denn die Flüchtlinge davon abhalten, dass sie sich in Sicherheit bringen und aus einem Land heraus fliehen?"
Der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière hielt prompt dagegen und merkte an, dass es richtig sei, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Aber "solange es Wohlstandsgefälle in der Welt gibt, wird es Flüchtlingsbewegungen geben."
De Maizière mahnte in dem Zusammenhang: "Die rechtliche und politische und soziale Lösung kann nicht darin bestehen, dass alle zu uns kommen. Das heißt, sie brauchen Maßnahmen, um das einzugrenzen." Das Thema Zurückweisungen werde dabei laut des CDU-Politikers "einen kleinen Beitrag leisten" müssen. "Die Idee, zu sagen, wir können einfach alle reinlassen" bezeichnete de Maizière als völlig utopisch und echauffierte sich darüber, dass die Linkspartei auch gegen die Abschiebung von Kriminellen zu sein scheint.
Janine Wissler reagierte genervt: "Ich halte es für sehr viel sinnvoller, wenn wir Mörder in deutschen Gefängnissen haben als frei auf Kabuls Straßen. Da gibt es nämlich auch Menschen, denen er was antun kann." Wissler kritisierte, dass in "der Debatte, 'Lasst uns doch die Kriminellen abschieben'" häufig so getan werde, "als würde man die auf den Mond schießen. Aber die sind doch nicht weg".
Die Politikerin redete sich weiter in Rage: "Dieses ganze Asylsystem, das ist doch krank! Wir reden gleichzeitig über Fachkräftemangel!" Dass ein Krankenpfleger aus der Nachtschicht abgeschoben werde, bezeichnete Wissler als "absurd". Thomas de Maizière hielt zwar dagegen, musste jedoch zugeben, dass es durchaus "verwaltungsmäßig Einzelfälle" gegeben habe. Ein Argument, das Janine Wissler nicht akzeptierte: "Das sind keine Einzelfälle!"
Daraufhin schaltete sich Markus Lanz in die Debatte ein und stellte klar, dass es "auch eine Lebenslüge" sei, der deutschen Öffentlichkeit zu sagen: "Es geht hier ausschließlich um Menschen, die vor Tod und Krieg (...) fliehen. Das ist nicht so!"
Die Offenbarung des Abends
Nicht nur die deutsche Migrationspolitik, sondern auch die Lage in der Ukraine beschäftigte Markus Lanz am Dienstagabend. In der Sendung berichtete der aus Kiew zugeschaltete Paul Ronzheimer, dass es weiterhin Raketen-Alarm gebe: "Das heißt, es gibt Stand jetzt keine Waffenruhe." Der Journalist warnte in dem Zusammenhang vor der Diplomatie zu Zeiten von Social Media: "Es ist ein Wettrennen am Ende - um die Gunst von
CNN-Journalist Frederik Pleitgen zeichnete derweil ein anderes Bild aus Moskau. Er glaube, "dass Wladimir Putin nicht um die Gunst von Donald Trump kämpft, sondern dass die Russen eher glauben, dass Donald Trump um die Gunst von Wladimir Putin kämpft." Pleitgen weiter: "Ich glaube, dass die Russen sich in einer relativ starken Position wähnen. Ich glaube, dass die Russen diesen Waffenstillstand (...) ablehnen, weil sie der Meinung sind, dass sie (...) das Momentum auf ihrer Seite haben."
Laut Pleitgen wolle Putin "erstmal noch gucken, erstmal noch Zeit gewinnen": "Das Ganze ist wirklich ein Schachspiel gewesen auf allerhöchster Ebene, was die Diplomatie angeht in den letzten Tagen." Grund genug für Lanz, nachzuhaken: "Wo stehen die USA gerade?" Ronzheimer antwortete vorsichtig: "Man versucht jetzt wieder so ein bisschen in Richtung Europa zu schauen. Aber am Ende wird es darauf ankommen, was passiert da jetzt in Istanbul." Frederik Pleitgen zeigte sich dabei skeptisch: "Ich glaube, Putin sitzt extrem fest im Sattel. Und ich glaube, dass Putin den Krieg noch sehr lange weiter betreiben könnte."
Der Erkenntnisgewinn
Bei "Markus Lanz" blickte unter anderem Ex-Bundespolizist Jan Solwyn kritisch auf die Situation an den Außengrenzen und sagte: "Wir haben diesen europäischen Grenzschutz niemals so hergestellt, wie wir ihn bräuchten, um die europäischen Außengrenzen wirklich zu sichern." Solwyn warnte in dem Zusammenhang: "Wir stehen an einem Scheidepunkt", mahnte er.
"Ich glaube, wir brauchen eine Entscheidung: Wollen wir im Schengenraum bleiben? Dann muss die Konsequenz daraus der konsequente Schutz der europäischen Außengrenzen sein. Dann müssen alle Staaten ihre Ressourcen mobilisieren und dahin verlegen. Oder wir sagen: Schengen ist gescheitert. (...) die Nachteile überwiegen mittlerweile die Vorteile und wir ziehen nationale Grenzen wieder hoch. Ich glaube, wir sind an diesem Punkt angelangt."
Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: "Ist das das Ende einer großen Illusion?" Thomas de Maizière antwortete, dass "der Traum vom Schengen" wahrscheinlich ausgeträumt sei: "Aber Schengen (...) komplett aufzugeben, das wäre verheerend." © 1&1 Mail & Media/teleschau