Donald Trump kündigt an, Patriot-Systeme an die EU verkaufen zu wollen – geliefert werden sollen sie an die Ukraine. Während sich Washington, Berlin und Kiew auf wichtige Gespräche vorbereiten, deutet sich in der US-Politik ein möglicher Kurswechsel gegenüber Russland an.

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US-Präsident Donald Trump will nach eigenen Angaben Patriot-Waffensysteme an die Europäische Union verkaufen, damit sie an die Ukraine geliefert werden können. Vor Journalisten in den USA sagte er: "Für uns wird das ein Geschäft sein, und wir werden ihnen Patriots senden, die sie dringend brauchen." Die Zahl der Waffen stehe noch nicht fest, so der Präsident. "Die EU zahlt dafür. Wir zahlen nichts, aber wir werden liefern", sagte er. Welche Länder zahlen sollen, blieb offen.

Gespräche in Washington und in Kiew

Die kommenden Stunden könnten entscheidend sein für die weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland: Trump sprach von einem Treffen am Montag (10:00 Uhr Ortszeit) mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Einem US-Medienbericht zufolge will Trump ebenfalls heute eine Erklärung zu seiner Russland-Politik abgeben. Zudem wird Trumps Sonderbeauftragter Keith Kellogg heute zu Gesprächen in Kiew erwartet. Daneben will Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Washington über die weitere Unterstützung der Ukraine sprechen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bereits vor einigen Tagen in Rom angekündigt, dass Deutschland von den USA Luftverteidigungssysteme vom Typ Patriot kaufen will, um sie der Ukraine im Krieg gegen Russland zur Verfügung zu stellen. Dem Vernehmen nach geht es um zwei Systeme, ein weiteres soll von Norwegen finanziert werden. Die Ukraine hat den Bedarf auf insgesamt zehn Systeme beziffert.

Die Bundeswehr hat der Ukraine bisher drei Patriot-Systeme abgetreten. Außerdem wurden weitere Luftverteidigungssysteme wie Iris-T und der Flugabwehrpanzer "Gepard" aus Deutschland geliefert. Die Unterstützung über einen Ankauf aus den USA wäre nun ein neuer Weg der Unterstützung. Die Ukraine fordert vom Westen mehr Hilfe für die Luftabwehr, um dem massiven russischen Beschuss mit Drohnen und Raketen etwas entgegenhalten zu können.

US-Senator deutet möglichen Wechsel im Russland-Kurs an

Der einflussreiche republikanische US-Senator Lindsey Graham stellte bereits vor Trumps jüngsten Ankündigung von Patriot-Lieferungen einen möglichen Kurswechsel in der Russland-Politik in Aussicht. "Ein Wendepunkt in Bezug auf Russlands Invasion in der Ukraine steht bevor", sagte er dem US-Fernsehsender CBS am Sonntag. Seit Monaten habe Trump versucht, Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bringen. "Er hat die Tür in Bezug auf Russland offen gehalten - diese Tür ist dabei, sich zu schließen", sagte Graham weiter. Putin habe damit gerechnet, dass die USA und Europa müde werden könnten. "Er hat einen großen Fehler gemacht."

Pistorius reist nach Washington

Verteidigungsminister Pistorius (SPD) will in Washington mit seinem amerikanischen Kollegen Pete Hegseth über die weitere Unterstützung der Ukraine und die militärische Zusammenarbeit in der Nato beraten. Es ist sein erster Besuch in den USA seit dem Amtsantritt der Regierung von US-Präsident Trump im Januar. Nato-Generalsekretär Rutte will mit Trump ebenfalls zu einem Gespräch zusammenkommen. Auch Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Hegseth sind geplant. Das dürfte den Verlauf der Pistorius-Reise mitbestimmen.

Kurz erklärt: Das Patriot-Raketenabwehrsystem

US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, der Ukraine Patriot-Luftabwehrsysteme zu liefern. Die USA beschreiben es als ihr "fortschrittlichstes" Luftabwehrsystem.

Bei dem Besuch könnte es auch um die weitere Präsenz der 38.000 US-Soldaten in Deutschland gehen. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump eine drastische Reduzierung der Truppe geplant. Beim Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Weißen Haus Anfang Juni war davon aber keine Rede mehr. Wenn Deutschland die amerikanischen Soldaten haben wolle, sei er dazu bereit, versicherte Trump. "Das ist kein Problem."

Kommen die US-Mittelstreckenraketen nach Deutschland?

Unklar ist dagegen, ob Trump auch bereit ist, an der von seinem Vorgänger Joe Biden versprochenen Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland festzuhalten. Biden hatte Deutschland beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern zugesichert, die weit bis nach Russland reichen. Außerdem sollen Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen geliefert werden.

Wie geht es mit den F-35-Kampfjets weiter?

Auch ein wichtiges Rüstungsprojekt der Bundeswehr dürfte in Washington eine Rolle spielen. Die Luftwaffe hat 35 Kampfjets vom Typ F-35 im Wert von zehn Milliarden Euro bei der US-Firma Lockheed Martin bestellt. Sie sollen ab kommendem Jahr ausgeliefert und auch für die nukleare Abschreckung der Nato vorgehalten werden. Das heißt, sie würden im Ernstfall die in Deutschland gelagerten US-Atomwaffen abwerfen.

Pistorius wird am späten Vormittag (Ortszeit) in Washington erwartet. Er wird keine 24 Stunden dort bleiben. Schon am Dienstagmorgen geht es nach Berlin zurück.

Selenskyj: Zählen auf Amerika

Mit Blick auf die möglichen Veränderungen in der US-Politik erwartete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj "positive Veränderungen" für die Interessen seines Landes. Die führenden Militärs der Ukraine seien angewiesen worden, dem US-Sonderbeauftragten Kellogg alle "uns vorliegenden Informationen über das Potenzial Russlands und unsere Perspektiven zu präsentieren", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Auch die Geheimdienste würden Kellogg "vollständige Informationen" bieten. "Wir zählen auch darauf, dass Amerika voll und ganz versteht, was getan werden kann, um Russland zum Frieden zu zwingen." (dpa/bearbeitet von skr)

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