Die Demokratie in den USA steht vor großen Herausforderungen: Während Donald Trump die Macht fest im Griff hat, wirken die Demokraten passiv und kopflos. Sie schaffen es nicht, dem Präsidenten gefährlich zu werden. Das hat Gründe.
US-Präsident
Während Experten davor warnen, dass Trump die Demokratie in den USA gefährdet, erhält er kaum Gegenwind von der Opposition. Die befindet sich in einer tiefen Krise. "Die Demokratische Partei ist gespalten und orientierungslos. Sie hat ein erhebliches Markenproblem in weiten Teilen der amerikanischen Wählerschaft", sagt USA-Kenner Brandon Bohrn von der Bertelsmann Stiftung auf Anfrage unserer Redaktion.
"Elitär und entfremdet": Die Krise der Demokraten in den USA
Von der Wahlniederlage gegen Trump haben sich die Demokraten nicht erholt. Es läuft schon länger nicht rund. Seit zehn Jahren gilt die Partei laut Bohrn als "elitär" und entfremdet von den Alltagsproblemen der Menschen. Im US-Wahlkampf seien die Demokraten mit ihrem "top-down-orientierten Ansatz" nicht gut angekommen. "Sie erklärten Probleme, statt zuzuhören. Die Republikaner gingen dagegen verstärkt auf die Frustrationen ihrer Basis ein", führt er aus.
Trump setzte auf Emotionen und einfache Botschaften, während die Demokraten schwer greifbare oder kontroverse Themen ansprachen – darunter zählt der Experte etwa Gesundheitsreformen oder Investitionen in saubere Energie. Punkten kann die Partei so kaum.
Seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus ist es ungewöhnlich still um die Demokraten geworden – mit einigen wenigen Ausnahmen.
Die Demokraten müssen sich wohl eher "zusammenraufen", sagt Bohrn, die Partei sei in mehrere Lager zersplittert.
Gespalten und wenig frischer Wind: Bei den Demokraten "herrscht Angst" nach dem Trump-Sieg
Zwar stehen die Demokraten Chuck Schumer und Hakeem Jeffries an der Spitze der Fraktion, doch aus Bohrns Sicht repräsentieren sie nicht das gesamte ideologische Spektrum der Partei. Es gebe die institutionellen Moderaten wie Schumer, progressive Stimmen wie Ocasio-Cortez und Sanders sowie eine neue Generation von Gouverneuren auf Bundesstaatsebene.
"Diese Gruppen vertreten sehr unterschiedliche Ansätze, sowohl im Umgang mit der Trump-Regierung als auch in der Frage, wie die Partei nach der Wahlniederlage von 2024 wieder auf Kurs gebracht werden kann", führt er aus.
Zudem gelingt es der Partei nicht, frischen Wind in die Reihen zu blasen. Gleichzeitig löst Schumer mit seinen 74 Jahren keine Aufbruchsstimmung aus. "Aber mit Jahrzehnten an Erfahrung gilt er als verlässliche und stabile Führungspersönlichkeit, die genau weiß, wie man den Kongress navigiert, Wahlen gewinnt und Spenden sammelt", sagt Bohrn.
Doch darin sieht er auch Nachteile: Schumer ist ein klassischer Washington-Politiker, jemand mit dem politischen Know-how, um sich an der Macht zu halten, selbst wenn er nicht mehr unbedingt die nächste Generation demokratischer Wähler repräsentiert.
"Es herrscht die Angst, dass jüngere, dynamische Akteure zwar frischen Wind bringen könnten – aber auch die bestehende fragile Balance gefährden", sagt Bohrn. So blockiere die Angst vor Spaltung den dringend nötigen Generationswechsel. Dabei tickt die Uhr. Nächstes Jahr stehen die Zwischenwahlen (Midterms) in den USA an.
Midterms als größte Chance, um "Trumps Autoritarismus zu besiegen"
Und die Midterms sind eine Chance für die Demokraten, weil Trump mit seiner kontroversen Politik etwa unabhängige Wähler abschreckt, wie CNN berichtet. Mit diesen Stimmen könnten sich die Demokraten eine Mehrheit im Kongress sichern. Darin sieht US-Experte Paul Quirk die größte Chance, um "Trumps Autoritarismus zu besiegen". Er ist Politikwissenschaftler an der University of British Columbia in Kanada.
Die Demokraten müssen demnach 2026 die Kontrolle über mindestens eine Kongresskammer gewinnen. Im Repräsentantenhaus haben sie derzeit gute Chancen, da Trumps Partei dort knapp in der Mehrheit ist. Dann wären die Demokraten fähig, Gesetzesvorhaben des Präsidenten zu blockieren. Momentan kann er schalten und walten, wie er will.
Und die Gelegenheit scheint günstig, denn die Demokratische Partei hat laut Quirk derzeit deutlich mehr Rückhalt in der Bevölkerung als die Republikaner, Trumps Politik sei unpopulär. "Zudem erleiden Präsidenten in der zweiten Amtszeit bei den Zwischenwahlen fast immer große Verluste", führt Quirk im Gespräch mit unserer Redaktion aus.
Dass die Demokraten zu wenig Widerstand leisten, sieht er nicht. Obwohl Schumer und Jeffries Trumps autoritäre Methoden kritisieren, erhalten sie laut Quirk weniger Aufmerksamkeit, weil die nationalen Mainstream-Medien und die Wähler Trumps Verhalten zunehmend normalisieren.
Außerdem falle es der Partei, die nicht die Präsidentschaft innehat, immer schwer, mit einer starken, einheitlichen Stimme zu sprechen. Dazu kommt, dass es keine Führungspersönlichkeit gebe, die die nationale Aufmerksamkeit auf sich zieht und im Namen der Partei spricht.
Zukunft der Demokraten: Wer nach Obama, Biden, Harris folgen könnte
Als Grund dafür sieht Bohrn die ungelösten Spannungen innerhalb der Partei. Die US-Wahl 2024 – dominiert von
Zur Erinnerung: Biden trat kurz vor Wahltermin als Präsidentschaftskandidat zurück und Harris rückte als Vize nach. Wäre der 82-Jährige früher ausgeschieden, hätte das den Weg für eine offene Vorwahl geebnet, sagt Bohrn. Sprich: Eine Reihe neuer, frischer Kandidaten hätte sich in Stellung bringen können.
Das holen sie jetzt nach: Gouverneure wie Gavin Newsom, J. B. Pritzker und Andy Beshear testen bereits die Stimmung in wichtigen Vorwahlstaaten. Auch unbekannte Persönlichkeiten könnten wie Barack Obama 2006 plötzlich nationale Bekanntheit erlangen, prognostiziert Bohrn. In diesem Zusammenhang falle oft der Name Wes Moore. Der Gouverneur von Maryland ist jung, charismatisch und gewinnt zunehmend an nationaler Präsenz.
Um von Favoriten zu sprechen, sei es allerdings zu früh. Bohrn rechnet mit einem "großen Bewerberfeld", da die Partei auf Landesebene über ein breites Spektrum an Talenten verfügt. Genügend politische Angriffsflächen bietet Trump den Demokraten jedenfalls, um sich Gehör zu verschaffen und in den politischen Nahkampf zu gehen.
Epstein, Zollpolitik, Sozialkürzungen: Trump eckt immer mehr an
Ein Wendepunkt könnte etwa Trumps "Big Beautiful Bill" sein. "Über 55 Prozent der Wähler lehnen das Gesetz ab, darunter etwa ein Drittel der Republikaner", sagt Bohrn. Das Gesetz liefert den Demokraten geradezu eine Vorlage: Die Republikaner haben Steuervergünstigungen für Reiche durchgesetzt und gleichzeitig normalen, steuerzahlenden Bürgern grundlegende Leistungen entzogen.
Dazu kommt Trumps Umgang mit den Jeffrey-Epstein-Akten, den 63 Prozent der Wähler missbilligen, wie eine nationale Umfrage der Quinnipiac University zeigt. Der Epstein-Skandal hinterlässt erste Risse innerhalb der Maga-Basis. "Sollte weiteres belastendes Material ans Licht kommen, das Trump direkt betrifft, könnte das vor den Zwischenwahlen problematisch werden", sagt Bohrn.
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Auch Trumps chaotische Zollpolitik biete Zündstoff für die Opposition, denn sie wird voraussichtlich zu höheren Preisen, Entlassungen und Druck auf kleine Unternehmen führen. Eine vielversprechende Mischung politischer Angriffsflächen, wie der USA-Experte meint. Doch bisher konnten die Demokraten kaum politisches Kapital daraus schlagen.
Über die Gesprächspartner
- Brandon Bohrn ist Mitglied des Europa-Programms der Bertelsmann Stiftung, wo er sich auf die transatlantische Handels- und Sicherheitskooperation sowie auf US-Politik und Außenpolitik konzentriert.
- Paul Quirk ist Professor an der kanadischen University of British Columbia. Dort lehrt er unter anderem US-Politik mit Fokus auf Kongress, Wahlen und Präsidentschaft.