Die Wahl-Zettel für die Europawahl im Juni sind fix. Umfragen sehen immer noch dieselben Favoriten vorne.

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Die Ausgangslage für die EU-Wahl (9. Juni) bleibt laut Expertensicht auch nach der Fixierung des Stimmzettels mit sieben Listen ziemlich unverändert. Die FPÖ gilt weiterhin als klarer Favorit auf Platz 1, dahinter sei ein Match ÖVP gegen SPÖ um Rang 2 erwarten, so Politberater Thomas Hofer. Die Grünen könnten an ihr 2019er-Ergebnis herankommen, die NEOS besser abschneiden als zuletzt bei den Regionalwahlen. Meinungsforscher Peter Hajek verwies auf die aktuell dünne Datenlage.

Zwar nicht unbedingt den Einzug, aber herzeigbare Ergebnisse traut Hofer der KPÖ zu, die zuletzt bei Regionalwahlen stark aufgezeigt hat. Überrascht mit ihrer Kandidatur habe die neue Coronamaßnahmen-kritische Liste DNA. Diese könne durchaus ein oder zwei Prozentpunkte einfahren, so der Experte.

Kaum Umfrageergebnisse zur EU-Wahl

Wie konkret die Parteien hinsichtlich der EU-Wahl liegen, sei aufgrund des fehlenden Zahlenmaterials derzeit schwer zu sagen, betonte Hajek gegenüber der APA. "Es werden aktuell, sowohl was die Parteien betrifft als auch die Medien, nur wenige Umfragen dazu gemacht, was auch den Stellenwert der Wahl zeigt." Die gesamte Polit-Landschaft blicke derzeit schon auf die Nationalratswahl im Herbst, so der Experte.

Die letzte größere EU-Umfrage von Hajeks Unique Research-Instituts wurde im Dezember veröffentlicht. Eine weitere große Umfrage des Instituts OGM erschien im Februar. Seitdem zeigten auch weitere Umfragen etwa der Institute Market, Ipsos und IFDD stets die FPÖ auf dem ersten Rang – und zwar meist mit Abstand vor den Kopf an Kopf liegenden Parteien ÖVP und SPÖ. Die beiden Experten Hajek und Hofer davon aus, dass die wenigen Umfragedaten ein recht valides Bild zeichnen.

Die FPÖ liegt in der EU-Sonntagsfrage laut den seit Dezember veröffentlichten Umfragen zwischen 25 und 30 Prozent. Betrachtet man nur die neueren Befragungen von März und April, so werden für die Blauen Werte zwischen 25 und 28 Prozent angegeben. In den im März und April veröffentlichten Erhebungen lag die Sozialdemokratie zwischen 22 und 23 Prozent, die ÖVP einen Prozentpunkt niedriger. Die Grünen kämen demnach aktuell auf zwölf bis 14 Prozent, die NEOS auf zehn bis 13 und die KPÖ wird mit Werten zwischen zwei und vier Prozent angegeben. Für die DNA gibt es noch keine Erhebungen.

Man könne den Wählertrend auch durchaus von den Umfragen zur Nationalratswahl ableiten, sagte Hajek. In der jüngsten Unique Research-Sonntagsfrage zur Nationalratswahl kam die FPÖ auf 30 Prozent, dahinter die SPÖ (21) und ÖVP (20). Grüne und NEOS lagen mit neun beziehungsweise acht Prozent ebenfalls knapp hintereinander. Die BIER-Partei, die bei der EU-Wahl nicht antritt, lag bei sieben Prozent, die KPÖ bei vier.

EU-Wahl gleich Nationalratswahl?

Man könne davon ausgehen, "dass sich die Größenordnungen in einem ähnlichen Rahmen bewegen wie auf Bundesebene", sagte Hajek mit Blick auf die EU-Wahl – wenngleich vermutlich der Abstand zwischen FPÖ und ÖVP/SPÖ etwas knapper ausfallen dürfte. Dies begründete Hajek mit dem traditionell geringeren Mobilisierungsgrad der eher EU-skeptischen freiheitlichen Wählerschaft bei Europawahlen. Auch könnte die FPÖ dieses Mal deutlich mehr Wähler an die Urne bringen wie in den Jahren zuvor.

Grund dafür sei, dass die FPÖ, aber auch andere rechte Parteien in Europa ein gemeinsames Narrativ zustande gebracht hätten, nämlich: "Wir können das Europa, dass ihr nicht mögt, irgendwie verändern", so Hofer.

Für die ÖVP sei das Rekord-Wahlergebnis von 2019 (34,55 Prozent) eine "Hypothek". Geschuldet war dieser enorme Zulauf damals dem nur neun Tage zuvor bekannt gewordenen Ibiza-Video. Die für Montag nach der EU-Wahl erwartete Abwahl von Kanzler Sebastian Kurz hatte damals einen weiteren Mobilisierungsschub für die ÖVP gebracht. "Das war ja eine Art Opferinszenierung von Sebastian Kurz, die die Wahl überschattet hat", so Hofer.

Die Fallhöhe bei der SPÖ (2019: 23,89 Prozent) sie "deutlich geringer": "Insofern wird man da nicht die große Niederlage konstruieren", auch wenn die Partei etwas weniger Stimmenanteil erzielen sollte. Dennoch: "Ein Plus sollte man als Oppositionspartei schon anschreiben." Dass es einer Regierungspartei schlecht geht, sei nicht überraschend. Aber aus der Opposition kommend müsste eigentlich "mehr drinnen sein". "Eigentlich müsste die SPÖ etwas mehr abstauben können vom Frustpotenzial."

Die Grünen sieht Hofer durchaus in der Nähe des "wirklich sensationellen Ergebnisses" von 2019. Damals war die Partei nach ihrem Desaster bei der Nationalratswahl 2017 nicht mehr im Nationalrat vertreten, die EU-Wahl war quasi die "Comeback-Wahl" der Partei. "Das war stimmungsmäßig ein Selbstläufer." Man würde den Grünen und Spitzenkandidatin Lena Schilling aber ein wenig Unrecht tun, wenn man dieses Ergebnis als Messlatte nähme, es würde ihn aber nicht überraschen, sollte die Öko-Partei in die Nähe des 2019er-Ergebnisses kommen. Schilling habe bei den fünf im Parlament vertretenen Parteien das Alleinstellungsmerkmal der jungen Frau.

Bei den NEOS sieht Hofer eine etwas schwierigere Ausgangslage als bei den Grünen. Die Pinken seien zwar die offensivste, proeuropäische Partei, verwies Hofer auf das Bekenntnis der NEOS zu einem EU-Heer, mehr Integration und dem Slogan nach den "Vereinigten Staaten von Europa". Für die Partei werde gerade nach den mageren Ergebnissen der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Salzburg und Innsbruck ein gutes Ergebnis wichtig sein. Und bei der EU-Wahl hätten die NEOS aufgrund der inhaltlichen Alleinstellungsmerkmale die Chance, "keine komplette Delle nach unten zu produzieren."

DNA überrascht Experten

Etwas überrascht waren die Experten vom erfolgreichen Sammeln von Unterstützungserklärungen der Liste DNA (Demokratisch, Neutral, Authentisch), die von der Anti-Coronamaßnahmen-Aktivistin Maria Hubmer-Mogg angeführt wird. Dass diese die für nicht von Abgeordneten unterstütze Listen notwendigen 2.600 Unterstützungserklärungen zusammenbekommen hat, zeige doch, dass die Gruppierung nicht schlecht organisiert sei, so Hofer. Zwar gehe er nicht davon aus, dass die Liste den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde schaffen wird, es könne aber durchaus ein "respektables Abschneiden" von einem oder zwei Prozent werden.

Bedeutender sei diese Frage der Außenseiter im Spektrum links der Mitte: Hofer verwies diesbezüglich auf die jüngsten Wahlerfolge der Kommunisten bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Salzburg und der Stadt Innsbruck. In Salzburg-Stadt schaffte es KPÖ-Kandidat Kay-Michael Dankl im ersten Wahlgang auf 28 Prozent und eroberte das Vizebürgermeisteramt. In Summe kam die KPÖ bei den Gemeinderatswahlen auf 5,36 Prozent. Bei der Innsbrucker Gemeinderatswahl erreichte die KPÖ 6,72 Prozent der Stimmen – und das ohne einen schillernden Kandidaten. Die eher unbekannte KPÖ-Bürgermeisterkandidatin Pia Tomedi kam auf immerhin 4,06 Prozent.

Ob die KPÖ bei der EU-Wahl tatsächlich erstmals den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde schaffen könnte, wollte Hofer nicht beurteilen: "Es kann schon für ein paar Prozentpunkte gut sein, ob es in Richtung Einzug geht, muss man wirklich abwarten." (apa/the)

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