Die womöglich schwere Verletzung der Kapitänin der DFB-Frauen überschattet die Übertragung der ARD. Von der anfänglichen Euphorie vor dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft bei der EM bleibt nicht viel übrig, unterm Strich steht ein undankbarer Abend für das "Sportschau"-Team. Für einen kuriosen Moment sorgt Moderator Claus Lufen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wenige Minuten vor dem Anpfiff meldete sich am Freitagabend ARD-Reporterin Lea Wagner aus dem Spielerinnentunnel. "Es ist unfassbar aufregend, man spürt die Energie", berichtete Wagner, während sich hinter ihr die Spielerinnen aus Deutschland und Polen darauf vorbereiteten, in das ausverkaufte Stadion in St. Gallen einzulaufen.

Die Vorfreude auf das erste Spiel der deutschen Mannschaft bei der Frauen-EM in der Schweiz war Wagner deutlich anzumerken, ihre Begeisterung wirkte ansteckend, man konnte die von ihr beschriebene Energie beinahe zu Hause vor dem Bildschirm fühlen.

Generell gelang es der ARD, mit einem relativ minimalistischen Setup – Moderator Claus Lufen und Expertin Almuth Schult im Studio, die Reporterinnen Wagner und Inka Blumensaat im Stadion – das Publikum gut auf das Spiel einzustellen.

Bundestrainer Christian Wück und DFB-Sportdirektorin Nia Künzer wurden unmittelbar vor Anpfiff interviewt, Schult überzeugte mit gewohnt präzisen Analysen und Einschätzungen. Sehr stimmungsvoll inszeniert wurden auch die Nationalhymnen beider Länder, die von den Spielerinnen, den Trainerteams und den Fans leidenschaftlich mitgesungen wurden.

Bernd Schmelzer kommentiert ohne Expertin

Dass es in der Folge kein schöner und fröhlicher Fußballabend wurde, lag nicht an der Übertragung der ARD, sondern an den Geschehnissen auf dem Platz. Denn die DFB-Frauen fanden zunächst nicht ins Spiel und taten sich gegen die kompakt verteidigenden und gefährlich konternden Polinnen deutlich schwerer als erwartet.

"Das ist wenig, mit der Tendenz zu nichts", urteilte Bernd Schmelzer nach 20 Minuten, als eine Flanke von Jule Brand über die Köpfe ihrer Mitspielerinnen hinweg segelte.

Schmelzer kommentierte das Spiel routiniert im Alleingang, nur ein einziges Mal wurde Almuth Schult für eine kurze Experteneinschätzung zugeschaltet. In der 36. Spielminute legte sich dann endgültig ein Schatten über das Spiel. Giulia Gwinn verdrehte sich bei einer Rettungsaktion das Knie und musste unter Tränen ausgewechselt werden.

Lesen Sie auch

Kommentator Bernd Schmelzer leidet mit Giulia Gwinn

Schmelzer litt mit der DFB-Kapitänin, die sich bereits an beiden Knien Kreuzbandrisse zugezogen hatte und jeweils rund ein Jahr verletzt ausgefallen war. "Das ist ein echter Schockmoment. Alle sind hier in Schockstarre", sagte der hörbar betroffene Kommentator und sprach aus, was vermutlich viele Menschen vor den TV-Bildschirmen und im Stadion dachten: "Ich hoffe wirklich, dass es nicht wieder das Kreuzband ist."

Immer wieder kam Schmelzer auf die Situation zu sprechen und versorgte das TV-Publikum mit neuen Informationen. Er berichtete, dass die Eltern der Rechtsverteidigerin des FC Bayern München nach der Halbzeit nicht auf ihre Plätze im Stadion zurückgekehrt waren und dass am Samstag eine MRT-Untersuchung durchgeführt werden soll.

Dass die ARD nach dem Halbzeit- und dem Schlusspfiff eine Deodorant-Werbung mit Gwinn als Hauptdarstellerin zeigte, war unglücklich, aber wohl unvermeidbar.

Bundestrainer Christian Wück sind die Sorgen anzusehen

Auch nach dem Abpfiff war die Verletzung der 26-Jährigen das große Thema. Klara Bühls Augen glänzten zunächst, als sie über den letztlich verdienten 2:0-Sieg sprach. Als Lea Wagner sie dann auf eine womöglich schwere Verletzung ihrer Mitspielerin in der Nationalmannschaft und beim FC Bayern ansprach, verfinsterte sich ihr Blick.

Wück waren die Sorgen ebenfalls anzusehen. Er verzog das Gesicht, als ihm die Szene, die zu Gwinns Verletzung geführt hatte, in Zeitlupe gezeigt wurde. "Das Knie ist betroffen. Wir drücken alle die Daumen, dass es vielleicht doch nicht so schlimm ist", erklärte der Bundestrainer.

Claus Lufen bezeichnet Klara Bühl als "Bitcoin-Monster"

Für einen lustigen Moment sorgte immerhin noch Claus Lufen. Der Moderator bezeichnete in der Analyse des Spiels Klara Bühl als "Bitcoin-Monster", was ihm einen fragenden Blick von Almuth Schult einbrachte.

Was genau Lufen damit meinte, wurde nicht klar. Vermutlich wollte er die seit Monaten ansteigende Formkurve der Offensivspielerin mit dem Kursverlauf der Kryptowährung vergleichen.

So gab es doch noch Grund zum Schmunzeln an einem insgesamt undankbaren Abend für das eigentlich gut aufgelegte "Sportschau-Team". Die Partie wurde stark vor- und nachbereitet, die Umstände des Spiels verhinderten aber einen begeisternden Fußballabend.

Verwendete Quellen

  • Übertragung des Frauen-EM-Spiels Deutschland – Polen in der ARD