Er gehört zu den Besten in der langen Historie des Fußballs – in einer Reihe mit Maradona, Pelé, Cruyff und Ronaldo. Vielleicht ist er sogar der begabteste Spieler aller Zeiten. Und doch könnte Lionel Messis Karriere nach dem Ausscheiden aus der Copa América gegen Brasilien in der vergangenen Nacht eine Unvollendete bleiben.

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Der heute 32-Jährige hat seit seinem Debüt für die erste Mannschaft des FC Barcelona 2004 zig spanische Meisterschaften und Champions-League-Titel, Pokalsiege und Club-Weltmeisterschaften gewonnen. Immer mit ihm in einer Hauptrolle. Aber sobald Messi das Trikot seines Heimatlandes Argentinien überstreift, scheint ihn das Glück zu verlassen.

Bis auf eine Goldmedaille beim im Fußball eher unbedeutenden Olympiaturnier 2008 konnte er keinen Titel mit der Nationalmannschaft erringen. Auch bei der diesjährigen Copa América wird es keinen argentinischen Triumph geben, auch wenn es die "Gauchos" bis ins Halbfinale schafften.

Eben dieser fehlende Titel mit der "Albiceleste", wie die argentinische Nationalmannschaft genannt wird, unterscheidet Messi von Diego Maradona, dem zweiten großen und oftmals noch absurder vergötterten Fußballhelden Argentiniens.

Keine Unterstützung für Messi

Was sind die Gründe für Messis "Titel-Fluch" mit dem zweifachen Weltmeister? Messi muss, anders als beim FC Barcelona, wo er immer von Weltklassespielern und weiteren Führungsfiguren umgeben war, die Last in der Nationalelf nicht selten alleine schultern. Eine Last, die selbst für einen solchen Ausnahmekönner zu groß ist.

Man denke nur an das WM-Turnier 2014, bei dem die Argentinier bis ins Finale vorstießen und dort erst in der Verlängerung den Deutschen unterlagen. Was oftmals vergessen wird: Argentinien spielte ein allenfalls durchschnittliches Turnier und wurschtelte sich irgendwie ins Finale.

Neben Messi stachen nur wenige andere Argentinier positiv heraus. Nach dem verlorenen Copa-Finale 2016 (2:4 im Elfmeterschießen gegen Chile) war er dann sogar vorübergehend zurückgetreten.

"Das Mittelfeld ist seit langem das Hauptproblem der Nationalmannschaft", sagt beispielsweise der spanische Journalist und Argentinien-Experte Manu Vieyra dem Radiosender "Talksport". "Seit Juan Román Riquelme hat es keinen Kreativspieler mehr gegeben, der Messi dabei half, gegnerische Defensivreihen zu durchbrechen und ihm Arbeit abzunehmen."

Stattdessen, so Vieyra, wird Messi immer wieder dazu gezwungen, den Ball tief im Feld zu holen und sich seine Tore quasi selbst vorzubereiten. "Das ist sogar für Messi unmöglich."

Die gescheiterte Generation

So ist die Geschichte des Scheiterns von Messi auch die Geschichte einer gescheiterten goldenen Generation. Denn neben Messi werden wohl auch Stars wie Sergio Agüero oder Ángel Di María ohne großen Titel mit der Nationalmannschaft ihre Karrieren beenden. Messi war gewiss nicht Schuld am Scheitern der Argentinier - sein Können alleine genügte nur nicht.

Dass dies alles wenig über die Qualitäten eines Spielers aussagt, haben auch schon andere Ausnahmekönner gezeigt. Johan Cruyff gewann nie einen Titel mit den Niederlanden und gilt trotzdem als größter Fußballer seines Landes und einer der besten Offensivspieler aller Zeiten.

Presse fleht: "Leo, wach auf!"

Doch Ausreden waren nie der Anspruch von Messi. Und so ist es für den 32-Jährigen enttäuschend, dass er auch bei dieser Copa América mit leeren Händen nach Hause geht. Dass sich sein Team selbst gegen Katar am letzten Gruppenspieltag schwertat und am Ende keine einzige überzeugende Partie spielte.

Gleichzeitig wurden in Argentinien sogar kritische Stimmen gegen den Kapitän laut. "Leo, wach gegen Brasilien auf!", flehte Argentiniens Sportblatt "Olé" nach dem 2:0 im Viertelfinale gegen Venezuela. Und Messi zeigte sich auch nicht zufrieden mit seinen Leistungen: "Mein Niveau ist nicht das beste, ich spiele nicht so wie erwartet."

Nach der 0:2-Niederlage gegen Brasilien in der vergangenen Nacht klang er aber schon anders. Denn Messi witterte eine Verschwörung der Schiedsrichter gegen sein Team, weil die Brasilianer trotz ihrer rauen Gangart nur zwei Gelbe Karten sahen.

Messi wittert Verschwörung

"Ich glaube nicht, dass irgendetwas dagegen unternommen wird, weil Brasilien alles kontrolliert. Aber wir sollten uns nicht schlecht fühlen, denn wir haben eigentlich gut gespielt", sagte er im Anschluss an die Partie.

Anders als 2016 zieht Messi einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft momentan nicht in Betracht. Offenbar will der 32-Jährige unbedingt noch diesen einen Titel mit der "Albiceleste" erreichen. Und selbst wenn dies nicht gelingen sollte, bleibt seine Karriere eine einmalige. Denn auch ein fünffacher Weltfußballer steht nun einmal nicht allein auf dem Platz.

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