Florian Wirtz ist aktuell der begehrteste deutsche Spieler. Trotzdem ist der 22-Jährige bodenständig – was vor allem an seiner Familie liegt. Wir stellen das Umfeld des Nationalspielers näher vor.

Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Andreas Reiners sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Der Patzer passierte live. Es war nur ein Satz, der aber blitzschnell die Runde machte und Fußball-Deutschland zum Lachen brachte. DAZN-Reporter Mario Rieker hatte Florian Wirtz vor rund einem Jahr gefragt, ob die Personen auf der Tribüne "Oma und Opa" seien. "Nein, das sind tatsächlich meine Eltern", klärte der Mittelfeldspieler auf. Und lächelte den vor allem für Rieker etwas unangenehmen Moment weg.

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Was viele nicht wissen: Die beiden, die fälschlicherweise für Großeltern gehalten wurden, sind nicht nur seine Eltern, sie sind seine engsten Berater, seine Begleiter, seine Basis. Und wohl auch der Grund dafür, warum Florian Wirtz so ist, wie er ist: geerdet, fokussiert, außergewöhnlich.

Karin Groß und Hans Wirtz
Karin Groß und Hans Wirtz sind die wichtigsten Menschen bei der Karriereplanung ihres Sohnes. © IMAGO/Jan Huebner/IMAGO/Jan Huebner

Die Eltern nahmen den Fauxpas übrigens locker. "Florian hat im Interview ja gut pariert. Wir haben darüber herzlich gelacht. Das ist alles in Ordnung", sagte Hans Wirtz der "Bild". Es ist der typische rheinische Humor, wenn man sich selbst nicht zu ernst nimmt. Die Familie Wirtz kommt aus Pulheim, einem Vorort von Köln. Dort weiß man, wie man auf so etwas mit einem Augenzwinkern reagiert.

Eine ganz besondere Familiensituation

Daneben dürfte die besondere Familiensituation für einen entspannten Umgang mit solchen Situationen sorgen, denn ein wenig Chaos ist man im Hause Wirtz gewohnt. Florian hat neun Geschwister, er ist mit seinen 22 Jahren das jüngste Kind von Hans Wirtz (71) und Karin Groß (64).

Zehn Kinder sind es also insgesamt, fünf Mädchen, fünf Jungs. Fünf Kinder stammen aus der ersten Ehe von Hans, drei aus der ersten Ehe von Karin. Florian und seine Schwester Juliane sind der gemeinsame Nachwuchs. Alles zusammen ergibt eine ungewöhnliche Patchwork-Familie.

Enges und vertrauensvolles Verhältnis

Das Verhältnis von Florian zu seinen Eltern ist eng und vertrauensvoll. Konflikte gibt es angesichts der Zusammenarbeit in Sachen Karriere und Vermarktung "überhaupt nicht", wie Wirtz 2023 in einem RTL-Interview erklärte. "Ich weiß, dass er niemals etwas Schlechtes für mich will oder auf Geld guckt. Wir haben einfach schon immer eine sehr gute Beziehung gehabt. Ich habe sehr großen Respekt vor meinem Vater. Ich bin froh, dass ich einen erfahrenen Mann an meiner Seite habe, der mich gut beraten kann." So wie aktuell im schlagzeilenträchtigen Poker um seine Zukunft.

Für die Eltern war immer der Wunsch, "dass Florian Spaß am Fußball hat. Das soll weiter an vorderster Stelle stehen, auch wenn man mittlerweile einige andere Dinge in seiner Karriere mitbedenken muss", sagte Hans Wirtz im vergangenen Jahr dem "Express".

Gehalt oder Ablöse stehen hinter dem Spaß zurück. Das zeigt sich auch daran, dass die Eltern versuchen, bei jedem Spiel des Sohnes im Stadion zu sein, nicht selten auch andere Mitglieder der Familie. Das Verhältnis mit dem Vater sei durch die berufliche Konstellation sogar noch besser, betonte Florian Wirtz.

Schwester Juliane: "Wir haben mehr als den Fußball"

Ähnlich eng ist auch das Verhältnis zu seiner Schwester Juliane. Die 23-Jährige ist ebenfalls Fußball-Profi und spielt bei Werder Bremen, war Junioren-Nationalspielerin. Interessant: Wie ihr Bruder begann sie ihre Karriere bei Grün-Weiß Brauweiler, dem Heimatverein der Familie. Danach ging sie dann wie Florian erst zum 1. FC Köln und dann zu Bayer Leverkusen.

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Seit 2023 steht sie bei Werder unter Vertrag, erreichte mit dem Klub in dieser Saison das DFB-Pokal-Finale. Der Fußball ist bei den beiden übrigens seltener ein Thema, als man denken könnte. "Wir geben uns manchmal Tipps, aber meist lassen wir das außen vor", sagte Juliane Wirtz: "Wir haben mehr als den Fußball, was uns verbindet."

Beide verbindet die gemeinsame Kindheit, als sie, "der Typ frei Schnauze" (Juliane über Juliane), den etwas schüchternen Florian an die Hand nahm, denn die beiden sind die Küken der Großfamilie. Er sei "darüber gelegentlich ganz froh" gewesen, sagte sie dem Magazin "Bunte". Und das habe auch nie aufgehört, ergänzte sie beim TV-Sender Sky. Und Juliane ist laut Florian "fast die Einzige", die ihn "Flori" nenne und nennen dürfe.

Zusammen gekickt wurde auch, nicht nur in den ersten Jahren im Verein: "Wir haben viel im Garten und im Wohnzimmer gespielt, zwischen Sofa und Tisch haben wir uns Tore gebaut." Die Familie ist dabei eine gute Schule fürs Leben. "Man lernt das Teilen, aber auch sich durchzusetzen", sagte sie. Und wie auch bei Florian war es den Eltern wichtig, dass sie ihr Abitur macht. "Als Fußballspielerin muss man für die Zeit nach der sportlichen Karriere beruflich vorsorgen, wir verdienen keine Millionen", weiß sie. Sie studiert Sonderpädagogik und Sport auf Lehramt.

Mutter trainierte Handball-Star Julian Köster

Neben Bodenständigkeit und Zielstrebigkeit ist es vor allem der Sport, der die Familie ausmacht. Mutter Karin war Handballerin und trainierte beim TuS SW Brauweiler den heutigen Nationalspieler Julian Köster im Kinder- und Grundschulalter. Papa Hans trainierte bei seinem Heimatklub in Brauweiler unter anderem seinen Sohn und ist dort heute immer noch der Vorsitzende und Jugendleiter.

Das Leben spielte sich daher viele Jahre vor allem auf der Sportanlage des Klubs ab, weshalb die Familie zahlreichen Berichten zufolge bis 2016 keinen Fernseher besessen haben soll, weil sich das schlicht nicht lohnte. Denn Spiele der Bundesliga, Champions League oder Nationalmannschaft wurden in Gesellschaft im Klubheim geschaut.

"Bei uns dreht sich wirklich sehr viel um Fußball", sagte Florian mal im "Werkself-Magazin" und zeigte sich "sehr glücklich darüber, eine so große Familie zu haben. Ich habe zu jedem Einzelnen ein gutes Verhältnis. Sie sind für mich da, unterstützen mich und geben mir viel Energie". Der Vater beteuerte beim Fußball Verband Mittelrhein tapfer, dass er die Vereinsarbeit und die Profi-Karrieren seiner beiden Kinder "ganz gut" unter einen Hut bekomme, "auch wenn meine Frau manchmal sagt, ich wäre mit dem Sportplatz verheiratet".

Weihnachten wird es richtig teuer

Kein Wunder, denn alle außer Tochter Marie spielten Fußball, in den Leistungssport schafften es dann aber "nur" Juliane und Florian. Dass der, trotz des Hypes um seine Person, nicht abhebt, hat er durch das Elternhaus gelernt. Und so hält er auch die Beziehung zu Freundin Aaliyah, mit der er seit 2022 zusammen sein soll, aus der Öffentlichkeit heraus.

Doch wie geht die Großfamilie eigentlich mit dem Erfolg ihres Jüngsten um? "Mir ist es egal, ob er mal besser oder schlechter spielt, er ist immer mein kleiner Bruder. Dass Flori so gut Fußball spielt, ändert unsere Familie nicht", sagte Juliane. Was sich übrigens auch nicht ändern wird, sind bei der enormen Anzahl an Menschen anspruchsvolle Weihnachtsfeste. "Ich muss sehr vielen Geschwistern sehr viele Geschenke kaufen", sagte sie. Auch das wird die Familie ganz sicher mit Humor nehmen.

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