Der Kollaps des deutschen Handballmeisters HB Ludwigsburg hat die Probleme des professionellen Frauensports in Deutschland in den Fokus gerückt. Auch in anderen Sportarten kämpfen Vereine mit Schwierigkeiten.

Der finanzielle Kollaps des deutschen Handballmeisters HB Ludwigsburg war mehr als das Ende eines ehrgeizigen Projekts – er legt auch die strukturellen Defizite des professionellen Frauensports in Deutschland offen. Selbst die Vorreiter im Fußball und Basketball, die gelegentlich ins Rampenlicht rücken, kämpfen mit erheblichen Problemen. In Nischensportarten wie Volleyball, Tischtennis oder Eishockey sind die Widrigkeiten noch größer.

"Wir bieten zu wenig professionelle Strukturen", beschreibt Bayern Münchens Frauenfußball-Direktorin Bianca Rech die Situation in der Bundesliga trotz zuletzt wieder guter TV-Quoten bei der EM. Diese Diagnose gilt für den gesamten Spitzensport. Mit Ausnahme des Fußballs – und abgesehen von der akuten Handball-Krise – bringt keine größere Sportart eine stabil gewachsene Bundesliga in Sollstärke auf das Feld. Aufsteiger? Meist Fehlanzeige.

Große Probleme auch im Basketball, Eishockey und Tischtennis

Im Basketball träumte das Liga-Management für die anstehende Saison von einer Aufstockung von zwölf auf 14 Teams - erhielt aber nur noch zehn Anträge für eine Lizenz. Die Tischtennis-Bundesliga schlägt erneut ohne Aufsteiger nur mit sieben statt zehn Teams auf.

Im Volleyball musste der Verband nach dem Rückzug des Ex-Meisters Vilsbiburg mit einer "Paketlösung" gleich mehrere Vorgaben lockern und den Abstieg aussetzen, um drei ambitionierte Klubs in die Eliteklasse zu holen. In der Eishockey-Bundesliga, aus der sich Rekordmeister ESC Planegg im Vorjahr verabschiedet hatte, wurde durch HK Budapest sogar erst mittels eines ausländischen Teams dringend benötigte Konkurrenz geschaffen.

Als Profis würden sich in allen genannten Ligen auch nur die wenigsten Sportlerinnen beschreiben. Dabei fließt derzeit, wie der Branchendienst Spobis kürzlich aus einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte berichtete, weltweit so viel Geld wie niemals zuvor in den Frauensport: fast 2,5 Milliarden Dollar.

In Deutschland allerdings kommt von dieser schier gigantischen Summe, die auch durch strategische Investments großer Private-Equity-Gesellschaften gespeist wird, nur ein verschwindend kleiner Bruchteil an. Hierzulande ist vielmehr oft auch noch der Bäcker um die Ecke eher Mäzen als Sponsor für ein lokales Frauen-Spitzenteam in der Nachbarschaft.

Tischtennis-Meister verzichtet auf Champions League, weil ein roter Boden fehlt

Als großes Hemmnis erweist sich oft auch ein historischer Nachteil: Als professionell gelten heutzutage über Jahrzehnte alleine im Männersport entwickelte und gewachsene Strukturen, die jedoch im Frauenbereich häufig noch alle finanziellen Dimensionen sprengen.

Im Basketball etwa haben nach dem Vorbild der Männer-Liga vorgeschriebene Standards wie LED-Banden, Parkettböden oder hauptamtliche Management-Mitarbeiter die "Veilchen Ladies" des bisherigen Traditions-Erstligisten BG Göttingen in die Knie gezwungen. 100.000 Euro fehlten den Niedersachsen zur Deckung des notwendigen 250.000-Etats. Tischtennis-Meister TTC 1946 Weinheim verzichtet auf die Champions-League-Teilnahme, weil für die "Feiertage" in der finanziell uninteressanten Königsklasse für relativ viel Geld ein roter Boden in der Turnhalle verlegt werden müsste.

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Fabienne Bartsch von der Deutschen Sporthochschule Köln sieht in den vielfältigen Problemen des Frauensports in Deutschland die Folge einer Monokultur. Die mangelnde Präsenz von Frauen im Sport, sagte die Wissenschaftlerin der ARD-Sportschau, habe sich "institutionell verfestigt - sowohl in den finanziellen als auch in den medialen Strukturen des Sports". (sid/bearbeitet von msb)