In den Schlagzeilen aus der Schweiz jagt für den Fußball der Frauen derzeit ein Rekord den nächsten. So wichtig es ist, diese Zahlen anzuerkennen: Rekorde allein machen noch keine Entwicklung – schon gar keine nachhaltige.
Bei der EM in der Schweiz werden in diesen Tagen die Viertelfinals ausgespielt und mit dem Ende der Gruppenphase schon früh erste Resümees gezogen. Das passiert vor allem in Zahlen, weil sich Interesse nun mal auch darüber abbilden lässt. Und es ist wichtig, das zu tun.
Insgesamt waren bei den 24 Spielen der Gruppenphase laut Uefa 461.582 Fußballbegeisterte in den Stadien – mehr als je zuvor. Im Durchschnitt entspricht das 19.233 Fans pro Partie, von den 24 Spielen waren 22 ausverkauft. Die meisten Menschen passen während des Turniers in den Baseler St. Jakob Park (34.250), in Thun (8.100) und Sion (7.750) sind die Kapazitäten am geringsten. Die beiden Stadien werden in der K.O.-Phase nicht mehr bespielt.
Rekorde wie am Schnürchen
Einen besonderen Rekord gab es im Spiel der deutschen gegen die dänische Elf am zweiten Spieltag in Basel: Die Begegnung war mit 34.165 Zuschauenden das am besten besuchte Spiel ohne Beteiligung der gastgebenden Nation bei einer EM der Frauen. Bislang war das die Partie der Niederlande gegen die Schweiz 2022 in Sheffield mit 22.596 Fans. Dieser Rekord wurde in der Gruppenphase bei gleich sechs Begegnungen übertroffen.
Die Uefa hat sogar eine eigene Unterseite mit den Spitzenwerten dieser EM angelegt. Auch in den sozialen Netzwerken dominieren Kacheln mit Rekordzahlen, seien es Zuschauer*innen, geschossene Tore oder die internationalen Einschaltquoten. Die Begeisterung über Werte, die vor wenigen Jahren noch kaum vorstellbar waren, ist groß – und sie ist berechtigt.
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Leuchttürme sind wichtig, aber nicht alles
Gleichzeitig gehört zur Sorgfaltspflicht von Beobachter*innen ebenso wie Verantwortlichen des Sports, sich vom Feuerwerk der Zahlen nicht die Sicht vernebeln zu lassen. Denn so wichtig deren Anerkennung ist, so schwierig wäre es, sie nicht auch zu kommentieren. Parallel zu den Besuchszahlen gehen in der ebenfalls laufenden Wechselphase Transfersummen in die Höhe. Eine Lesart dieser Entwicklung ist der gestiegene Wert des Sports. Eine andere ist, dass Fußball sich bei Frauen und Männern am schnellsten da angleicht, wo Kasse gemacht werden kann.
Summen, die aber ansteigen müssen, damit dieser Sport sich nachhaltig entwickelt, sind jene, die Vereine und Verbände in Nachwuchs, Entwicklung und Struktur stecken. Transferrekorde mögen eine Schlagzeile sein, wertvoll sind Mindestlöhne und ausgeglichene Einkommen. Das Interesse an Turnieren wie auch an Highlight-Spielen ist ein wichtiger Leuchtturm. Ohne einen regelmäßigen Nachhall in den Ligen stünde beides aber allein auf weiter Flur – und hier fehlen weiter zuverlässige Konzepte und Strategien. Das ist kein Einwurf gegen die aktuelle Euphorie. Aber eine Erinnerung daran, zu überlegen, was die Jubelzahlen der Uefa wirklich bedeuten.