Ex-Polizistin Frederike Bader wird von einem Bandenchef erpresst: Sie soll seine Unschuld in einem Mordfall beweisen. Daraufhin kettet sie ihn kurzerhand im Keller an und geht ermitteln. Kollege Ferdinand Zankl ist beleidigt. "Der rote Wolf" hat fast alles, was den "Krimi aus Passau" so erfolgreich macht.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Donnerstagskrimi ist zurück aus der Sommerpause – und feiert das fünfjährige Jubiläum der besonders erfolgreichen Reihe "Ein Krimi aus Passau" mit einem Schmankerl, wie Privatdetektiv Ferdinand Zankl sagen würde: Gleich drei Folgen werden an den nächsten drei Donnerstagen im Ersten ausgestrahlt – und ungeduldige Fans können sich alle drei hintereinander weg schon ab 8. September in der Mediathek ansehen.

Die Filme über eine Berliner Top-Polizistin im beschaulichen Bayern erreichen mit rund 20 Prozent Marktanteil regelmäßig Top-Quoten, was auch an der spannenden Backstory liegt, die Frederike Bader (Marie Leuenberger) mitbringt: Ein Zeugenschutzprogramm hat sie und ihre (zumindest dem Alter nach) erwachsene Adoptivtochter Mia nach Passau verschlagen, wo sie allerdings regelmäßig mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden.

Im "Krimi aus Passau" fließen neben vielen Flüssen auch die moralische Grenzen

Daran ist zwar vor allem die dickköpfige, freiheitsliebende und vorbestrafte Ex-Dealerin und Neu-Journalistin Mia (Nadja Sabersky) schuld. Doch auch ihre Mutter hat es nicht lange in ihrer Normalo-Undercover-Rolle ausgehalten und arbeitet inzwischen mit dem österreichischen Privatdetektiv Zankl (Michael Ostrowski) zusammen. Was die Professionalität und Kundschaft des gutmütigen, aber keineswegs gutgläubigen Möchtegern-Columbo entschieden verbessert hat.

Umgekehrt scheint die taffe Ex-Polizistin ihren neuen Job als willkommene Entschuldigung zu benutzen, das Gesetz bei ihren Ermittlungsmethoden etwas kreativer auszulegen. Indem sie zum Beispiel einen mordverdächtigen Bandenchef im Keller der Nachbarbäckerei ans Rohr kettet, während sie versucht, seine Unschuld zu beweisen. Wozu der Rocker sie erpresst hat.

Denn Jozef ist ein alter Bekannter – auch das macht den Charme der Passau-Krimis aus: Die barocke Grenzstadt hat mit ihren drei Flüssen nicht nur reichlich Uferwege und Parkbänke für beschauliche Außenaufnahmen zu bieten, sondern ist mit ihren gut 50.000 Einwohnern offenbar auch klein genug, damit sich Ermittler und Verbrecher regelmäßig über den Weg laufen und manchmal auch die Grenzen zwischen ihnen fließend werden.

Das ist die große Schwäche dieses "Krimis aus Passau"

Jozef Hašek (Thomas Wodianka) ist der Präsident der kriminellen Roten Wölfe, denen Frederike im letzten Passauer Krimi "Gier nach Gold" einen wertvollen Koffer gestohlen hat. Jetzt wird er verdächtigt, seine Ex, die Blumenhändlerin Marie Polt (Reiki von Carlowitz), erstochen zu haben. Wenn Frederike ihm nicht helfe, so der wortgewandte Rocker, werde er seinen Jungs verklickern, wie der millionenschwere Koffer verschwunden sei. Und seine Jungs lösen ihre Probleme lieber mit den Händen...

Deswegen gab es auch schon Ärger zwischen Präsident Jozef und ein paar aufmüpfigen Vereinsmitgliedern. Dem aufbrausenden Vizepräsidenten Meier zum Beispiel (Aslan Aslan) passt der neue Kurs gar nicht.

Ja, in der verwegenen Passauer Unterwelt haben auch gewalttätige, Drogen dealende, Lederjacken tragende Rocker ordnungsgemäße Vereinstitel. Wer weiß, was Schriftführer und Kassenwart im Schilde führen!

Die Darstellung der Roten Wölfe jedenfalls ist die große Schwäche dieses "Krimis aus Passau", bei dem Jan Fehse Regie führte, während das Drehbuch wie immer von Michael Vershinin stammt. Klischeebepacktes Rockergehabe einerseits, alberner Vereinsmuff andererseits, macht die Gruppe und damit auch die Gefahr, die von ihr ausgehen soll, eher lächerlich.

Die Vergangenheit rückt weiter weg

Auch die interessante Vergangenheit von Mutter und Tochter Bader spielt in dieser Episode leider nur insofern noch eine Rolle, als sich Privatdetektiv Zankl wegen Frederikes Geheimnistuerei ausgeschlossen fühlt und sich in Träume von früheren Einsätzen als edler Ritter hinwegtrösten muss. Eher klein ist auch die Rolle von Passaus Kommissariatschef Jochen Mohn (Stefan Rudolf). Als verantwortlicher Zeugenschützer der Baders und zugleich ermittelnder Kommissar im Mordfall Marie Polt ist er allerdings ziemlich genervt von Frederikes Alleingängen.

Für eine ordentliche Portion unterhaltsamer Spannung aber sorgt das Verhältnis zwischen ihr und dem Roten Rudelführer. Solange Frederike sich seiner Unschuld nicht sicher sein kann, hält sie Jozef Hašek im Keller der urlaubsbedingt geschlossenen (aber befreundeten) Bäckerei Hertel gefangen. Wie einen Hund, könnte man sagen – aber die Handschellen sorgen keineswegs für ein unterwürfiges Gebaren. Zumal sich Hašek schnell für "Freigänge" befreien kann und trotzdem immer brav zurückkehrt.

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Der Rote Wolf und die Ex-Kommissarin gehören auf eine romantische Parkbank

Es ist eher eine ungewöhnliche Katz- und Maus-Variante, die die beiden spielen, und bei der Darsteller und Kamera zur Hochform auflaufen: Auf der einen Seite der kultivierte Rocker, der in der Badewanne (und für Frederike) Partisanenlieder singt, als Kind Widerstandskämpfer werden wollte und regelmäßig seine Mamička in Bratislava besucht. Auf der anderen die coole Ex-Kommissarin mit einem präzisen moralischen Kompass, aber flexiblen Arbeitsmethoden und viel Verständnis für ein Leben auf der Flucht: Zwei selbstbewusste Außenseiter, die im Namen der Gerechtigkeit einen Pakt schließen, ohne ihre persönlichen Ziele aus den Augen zu verlieren.

Da wünscht man sich trotz aller Klischees fast eine Rückkehr des Roten Wolfes: Für einen linearen "Werden sie, oder werden sie nicht"-Erzählstrang ist im romantischen Passau doch bestimmt noch ein Plätzchen frei.