ProSieben versucht sich am Montagabend an einem großen neuen Showformat. “Die! Herz! Schlag! Show!” hat gute Ideen, aber auch viele Schwächen. Und lebt in der ersten Folge vor allem von den Wutanfällen Mario Baslers.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Titel allein sagt es schon: "Die! Herz! Schlag! Show!", vier Worte, vier Ausrufezeichen. Heißt: Wer! Es! Nicht! Verstanden! Hat! Diese! Sendung! Ist! Echt! AUFREGEND!!!

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Was in etwa das Äquivalent zu Menschen ist, die von sich selbst behaupten, witzig zu sein. Und es dann ganz bestimmt nicht sind. Ein wenig so ist es auch mit der zwei Stunden langen neuen ProSieben-Show "Die! Herz! Schlag! Show!", die das schwere Erbe des Sendeplatzes am Montagabend in zunächst vier Ausgaben antreten muss. Also jener Position, an der "The Big Bang Theory" in endlosen Wiederholungen für Top-Quoten sorgte. Und davor "How I Met Your Mother". Und davor "Die Simpsons".

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Die Fußstapfen sind also groß, zumindest wenn es um die Zuschauerzahlen geht. Die Rezeptur mit der das gelingen soll, ist simpel: Man nehme ein wenig "Schlag den Raab", die entschärften Partyspielchen von Joko und Klaas und ein paar Promis. Fertig ist die Show mit den vier Ausrufezeichen.

Die Promis treten in zwei Teams in neun Runden an

In neun Runden treten Promis in zwei Teams (in Folge eins: Panagiota Petridou, Paul Janke, Simon Gosejohann gegen Nico Santos, Lilly Becker und Mario Basler) gegeneinander an und versuchen, ihre Herzfrequenz zu beruhigen, zu erhöhen oder zu synchronisieren. Was spektakulärer klingt, als es in der rund zweistündigen Show dann wirklich ist.

Das Eröffnungsspiel "Atemlos durch die Schlacht" beispielsweise klingt martialisch, ist aber nur eine Art Kickern mit pusten. Die Promis stecken mit ihren Köpfen in der Tischplatte und versuchen den Ball ins gegnerische Tor zu befördern. Was Mario Basler direkt zum ersten "Blasen"-Witz veranlasst.

Glücklicherweise nimmt es Moderator Steven Gätjen gelassen. Er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Egal wie viele "Kippen, Bier und Wodka Lemon"-Sprüche Mario Basler reißt, Gätjen kontert souverän jeden der erwartbaren Sprüche des Ex-Fußballers.

Moderator Steven Gätjen ist ein Lichtblick

So liegt es vor allem an Gätjen, dass der Zuschauer sich bei der "Herz! Schlag! Show!" gut aufgehoben fühlt. Er ist einer der wenigen Moderatoren im aktuellen Fernsehen, der noch wirkliche Showmaster-Qualitäten besitzt.

Nur ist das Konzept des neuen Formats noch ein wenig unausgegoren. Zwar haben sich die Macher der Show bei den Spielen viel Mühe gegeben, nur zünden nicht alle von ihnen. Vielleicht auch, weil sie nicht jeder versteht.

Nico Santos zum Beispiel stoppt in Runde zwei laut "Cascada!" rufend Mario Basler, der auf einem überdimensionalen Plattenteller keucht. Die Antwort ist richtig, nur nicht das, was gefragt ist. Eigentlich sollen die Promis ihren Herzschlag durch Laufen an die Beats per Minute des jeweiligen Songs anpassen.

Bei Lilly Becker funktioniert das auch nicht besser. Ihr Puls beruhigt sich nicht einmal, als sie sich flach auf den Boden des Plattenspielers legt. Weswegen auch diese Runde an Panagiota Petridou und ihr Team geht.

Spektakulärer wird es in der nächsten Runde. Paul Janke und Nico Santos steigen in eine Vakuum-Wanne, deren Gummihaut sich so fest an sie schmiegt, so dass nur noch die Nase herausschaut. Wer am wenigstens Panik bekommt, gewinnt. In diesem Fall Nico Santos.

"Die! Herz! Schlag! Show!": Mario Basler schreit sich warm

Doch jede Show ist bekanntlich nur so gut wie seine Prominenten. Und das ist bei "Die! Herz! Schlag! Show!" vor allem Mario Basler. Beim rückwärts buchstabieren scheitert er ein ums andere Mal am Wort "Herzschlagfrequenz". Und quittiert jeden misslungenen Versuch mit einem immer lauter werdenden "Leck mich!".

Da das zum Basler-Gesamtpaket dazugehört, kann die Flucherei seiner Herzfrequenz aber nichts anhaben. Die bleibt konstant bei 100. Ganz im Gegensatz zu Nico Santos, der mit einem Puls von 145 startet. Was auch nicht besser wird, als ein Kinderchor hereinmarschiert und das ABC singt.

Zumindest Lilly Becker gelingt es an diesem Abend aber, noch etwas ruhiger zu werden. Sie soll wie eine Verliebte Mario Basler in die Augen schauen und den Herzschlag mit ihm synchronisieren. Was sie offensichtlich so kühl lässt, dass der Puls sofort absinkt und erst wieder auf das Niveau des Zoten-Fußballers steigt, nachdem sie ein Glas Sekt hinabstürzt. Lang hält das aber nicht an.

In der nächsten Runde dreht sie sich mit einem Puls auf Hochtouren in einer Art 360-Grad-Rhönrad um die eigene Achse und versucht Prominente zu beschreiben. Das klingt dann in etwa so: "Auf Fernsehen früher, orange Haare und sind so nach unten." Gemeint ist natürlich Pippi Langstrumpf.

Die Show entwickelt nie eine wirkliche Dramaturgie

Nach zwei Stunden findet die "Herz! Schlag! Show!" dann ein Ende, das zum Verlauf der Show passt, die nie eine wirkliche Dramaturgie entwickelt. Santos und Petridou müssen Kartenhäuschen bauen. Zeit haben sie dazu 300 Herzschläge. Nach jedem fertig gestellten Haus bekommt der Gegner einen Stromschlag.

Doch bevor so etwas wie Spannung aufkommen kann, ist es schon vorbei. Nico Santos gewinnt für sein Team mühelos die letzte Runde und damit die ganze Show. Ein doch arg unspektakuläres Finale, das einen schalen Nachgeschmack hinterlässt.

Unterhaltsame Show, aber unausgegoren

"Die Herz! Schlag! Show!" ist somit zwar unterhaltsam, aber noch etwas unausgegoren. Das Herzfrequenz-Thema wirkt oft zu erzwungen, die Promis in Folge eins sind nicht kompetitiv genug. Selbst das Dauerfrotzeln von Mario Basler in Richtung Panagiota Petridou wirkt gestellt.

Ob das für einen neuen Quotenhit reicht, ist fraglich, zumindest wenn der Sender die glorreichen Zeiten seiner Sitcom-Erfolge am Montagabend als Maßstab nimmt. Drei Ausgaben bleiben der "Herz! Schlag! Show!" noch Zeit, das Gegenteil zu beweisen. Und um sich die vielen Ausrufezeichen auch zu verdienen.

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