"Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli" war nie eine Fernsehinnovation, sondern altes Raab-Fernsehen in neuen Schläuchen. Mit der neuesten Ausgabe überraschte die Show dann aber doch. Denn sie machte aus Samstagabendunterhaltungsfernsehen eine XXL-Werbekampagne.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Wir wissen jetzt schon, dass die Sendung sehr lang wird", prophezeit Moderator Elton am Samstagabend. Da ist die neueste Ausgabe von "Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli" gerade mal ein paar Minuten alt und noch ein paar Minuten später wiederholt Kommentator Frank Buschmann die Befürchtung: "Ich glaube, das wird ein sehr, sehr langer Abend."

Nun muss man kein Hellseher sein, um zu wissen, dass eine Show mit Stefan Raab gerne mal bis weit nach Mitternacht dauern kann. Dass es diesmal wieder fünf Stunden wurden, hatte aber neben konzeptionellen noch andere Gründe und Elton war einer davon. Denn der Moderator hatte sich mindestens nicht geweigert, aus "Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli" eine platte Marketingveranstaltung zu machen. Doch der Reihe nach.

Kein Kandidat mit Namen, sondern nur ein Schnulli

"Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli" ist die inzwischen nicht mehr ganz so neue RTL-Show von Stefan Raab und Michael "Bully" Herbig und mit "neu" ist lediglich gemeint, dass Raab nach seiner TV-Abstinenz im vergangenen Herbst zurückgekehrt ist, um nun bei RTL statt bei ProSieben seine Vorstellung von Fernsehunterhaltung umzusetzen. Die hat bei Ehrgeizling Raab in der Regel mit stundenlangen Wettkämpfen zu tun und so funktioniert auch "Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli".

Hier treffen Herbig und Raab zunächst auf eine Handvoll Menschen, meist Männer Anfang 30, die Sätze sagen wie "Ich bin ein ehrgeiziger Typ" und deren größtes Glück es ist, sich mit anderen zu messen. Nach drei Ausscheidungsrunden bleibt ein Kandidat übrig, der dann gegen Raab und Herbig die aus Shows wie "Schlag den Raab" bekannte Mischung aus Geschicklichkeits-, Sport- und Quiz-Spielen spielt und am Ende 250.000 Euro gewinnen kann.

Am Samstag ist das Kandidat Philipp. Der kommt aus Eisenach, arbeitet im Vertrieb und sagt über sich selbst: "Ich bin ein ehrgeiziger Typ." So eine Kurzvorstellung soll dem Kandidaten ein Gesicht verleihen, ist aber, so ehrlich muss man sein, völlig wurscht. Denn "Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli" ist genauso gemeint, wie es der Titel der Show bereits so despektierlich vermittelt. Der Kandidat agiert hier nicht auf Augenhöhe mit seinen prominenten Gegnern, wird auch in der Show zumeist nur Schnulli genannt. Wer dieser Schnulli ist, ist egal.

"Die Show des Manitu"

Raab Bully
Gruppenfoto: (hinten v.l.): Tutty Tran, Jessica Schwarz, Merlin Sandmeyer, Daniel Zillmann, Pit Bukowski, Akeem van Flodrop, (vorne v.l.) Stefan Raab, Bully Herbig, Elton, Tobias van Dieken und Schnulli Philipp. ©  RTL / Raab Entertainment / Willi Weber

Der Kandidat ist hier nämlich nur Mittel zum Zweck und das wird in der jüngsten Ausgabe am Samstagabend noch deutlicher als sonst. Denn man hat sich an diesem Samstag nicht verabredet, um den Zuschauern einen schönen Fernsehabend zu machen, sondern weil Bully Herbig vor wenigen Tagen die Forstsetzung seines "Schuh des Manitu"-Films in die Kinos gebracht hat und dafür nun eine Werbefläche braucht.

Das wäre erst einmal gar nicht so schlimm, schließlich nutzen Künstler regelmäßig ihre Anwesenheit in TV-Shows, um auf ihre neuesten Projekte und Arbeiten aufmerksam zu machen. Aber Herbig und sein Film schleichen sich nicht beiläufig in die Show, indem mal ein kleiner Einspieler gezeigt wird, wie das sonst so üblich ist. Nein, Bully und sein Film übernehmen die Show kurzerhand ganz und machen aus "Bully und Stefan gegen irgendson Schnulli" "die Show des Manitu", wie Elton an diesem Abend mehrfach erklärt.

Dafür fährt die Produktion alles auf, was der Wilde Westen so zu bieten hat. Elton, Raab, Herbig, Buschmann und die Kandidaten haben sich in Cowboy-Outfits geschossen, das Studio hat man mit einer minimalinvasiven Western-Kulisse ausgestattet und natürlich sind die Spiele laut Elton "westernmäßig angehaucht". Dementsprechend spielt man "Lasso-Werfen", "drehender Marterpfahl" oder "KI-Western-Hits erkennen".

"Wollen wir wirklich mal zur Sendung kommen?"

Das kann man natürlich machen, aber was da am Samstagabend passiert, ist nicht das Ergebnis einer Redaktionskonferenz, bei der man überlegt hat, wie man den Zuschauer bestmöglich unterhält, sondern es ist der verlängerte Arm einer Film-Werbekampagne – und das ganz offensiv. Aufgrund des großartigen Filmerfolgs von Bully habe man "eine Sondersendung" gemacht, erklärt Elton und wirft sich vor dem Film und dessen Machern in den Staub: "Gerne mal reinschaun in den Film!", flötet Elton die Zuschauer ganz unverhohlen an.

So nimmt der Abend seinen Lauf und mit ihm die wohl intensivste Marketingkampagne seit es Samstagabendshows gibt. Bereits im Intro werden Bilder aus vergangenen "Stefan und Bully"-Ausgaben mit Filmszenen verwoben, Elton interviewt Bully zur Entstehung des Films, Raab darf auch seinen Senf dazu geben, schließlich hat er die Songs zum Film geschrieben und natürlich bekommen die Zuschauer auch ein paar davon an diesem Abend zu hören. Von Raab und Herbig, aber auch von Sänger Max Mutzke. Man hat sogar extra einen Tanz-Wettbewerb gestartet, dessen Gewinnerinnen mit Raab und Herbig performen dürfen.

Dazwischen tauchen immer wieder Schauspieler aus dem Film auf, von Christian Tramitz über Rick Kavanian bis zu Jessica Schwarz, um bei den Spielen irgendeinen Part zu übernehmen. Das ist mehr als nur das übliche Selbstmarketing in einer Samstagabendshow, viel mehr. So viel mehr, dass Elton zwischendurch erklären muss, wofür man sich eigentlich getroffen haben will. "Aber das ist alles nur Gelaber," hält Elton fest, nachdem er Raab und Herbig zum Film ausgefragt hat, denn es gehe ja eigentlich um 250.000 Euro. Und als nach einer Dreiviertelstunde immer noch nichts außer Filmwerbung passiert ist, mahnt Elton mit Blick auf den Kandidaten: "Wollen wir wirklich mal zur Sendung kommen? Philipp langweilt sich schon."

Ein Selfie für Raab, ein feuchter Händedruck für Philipp

Da wirkt es schon fast bescheiden, dass Raab nur ganz kurz darauf aufmerksam macht, dass er und Elton auch bald mit einer neuen Quizshow bei RTL zu sehen sein werden, der Rest des Abends gehört dann aber wieder Bully Herbig und seinem Film. Aber was ist schlimm daran? Schlimm ist das deshalb, weil es den Kandidaten, noch mehr als sonst, zum bloßen Statisten degradiert und damit die Show wertlos macht. Wenn den Machern schon wurscht ist, dass sie hier eigentlich eine Unterhaltungs- und keine Werbeshow produzieren sollen – warum sollte die Show dann den Zuschauer jucken?

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Am deutlichsten sieht man diese Wurschtigkeit, als Raab zwischendrin die Gelegenheit nutzt, um ein Gruppenselfie mit den Schauspielern des Films zu machen. Nicht als Erinnerung für Kandidat Philipp, sondern für sich selbst. Philipp darf immerhin auch mit drauf. Sollte Raab das Bild an ihn weiterleiten, nimmt er damit wenigstens noch etwas aus der Show mit, denn an diesem Abend gewinnt er kein einziges der Spiele und damit auch nicht die Viertelmillion. Aber darum ging es ja ohnehin nicht.