"Circus HalliGalli" mit Peer Steinbrück? Was sich für den SPD-Kanzlerkandidaten wie ein weiterer Hechtsprung ins Fettnäpfchen anhört, wurde am Montagabend Realität. Steinbrück fiel jedoch nicht aufgrund peinlicher Aussagen auf, sondern dadurch, dass Politik im Gespräch eher zur Nebensache wurde.

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"Alle gerade sitzen jetzt!" - denn es komme "gleich ein Erwachsener", mahnen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf gleich zu Beginn ihrer Sendung. Sie bereiten das Publikum darauf vor, dass die heutige Ausgabe von "Circus HalliGalli" eine seriösere werden soll. Sie sollten Recht behalten. Auf unangebrachte Witze wird verzichtet. Was folgt, ist ein Gespräch mit und über Peer Steinbrück - Politik bleibt dabei aber leider meist außen vor.

Steinbrück schlägt sich wacker und blamiert sich nicht, das muss man dem Mann, der sonst die Fettnäpfchen sucht wie Angela Merkel Ausweichantworten, lassen. Dennoch lässt er die Chance verstreichen, jungen Wählern das Programm seiner Partei näher zu bringen. Er möchte "eine Richtlinie" in die Politik hineinbringen, sagt er - welche, erfahren wir leider nicht.

Immer wieder Alkohol

"Warum sind Sie hier?" - fragt Klaas Heufer-Umlauf gleich zu Beginn. Die Frage stellt sich nach der Sendung leider immer noch. Denn nicht nur antwortet Steinbrück: "Weil wir beide ein nettes Bier getrunken haben, darum bin ich hier". Auch sein Auftreten in der Sendung wirkt mehr wie das eines Talk-Gastes, gar eines Freundes der Moderatoren, als das eines Politikers, der Wahlwerbung macht. Stattdessen gibt es gezwungen "coole" Antworten, die Steinbrück wohl für die Jungwählerschaft zum attraktiven Kanzler machen sollen.

Eine Anekdote, die zu diesem bemühten Auftritt maßgeblich beiträgt, ist das "Versprechen" Steinbrücks, bis zur Bundestagswahl keinen Alkohol mehr zu trinken. Das falle ihm sehr schwer, gibt er zu. Bravo, Herr Steinbrück: So holt man sich die Sympathien von komasaufenden 17-Jährigen. Auch, dass er für eine zweite Chance stehe, wenn man wie er zweimal in der Schule sitzen bleibe, spricht diese Wählergruppe an. Da ist es schon fast nicht mehr schlimm, wenn man nicht weiß, was "SWAG" ist.

In der Mitte des Gesprächs gibt es doch noch einen Lichtblick: Klaas Heufer-Umlauf spricht das Offensichtliche an: Steinbrück sei hier, um herauszufinden, was die jungen Wähler wollen. Es wächst die Hoffnung, dass nun Gründe genannt werden, warum diese die SPD wählen sollen. Doch Fehlanzeige: Es folgt ein Einspieler, in dem Betrunkene gefragt werden, was sie von der Bundestagswahl halten. Das Meiste davon hat man schon von nüchternen Befragten bei "TV Total" gesehen - schade.

Wenn Steinbrück mit seinem Auftritt aber die Botschaft vermitteln wollte "Junge Wähler interessiert man nur mit Partythemen wie Alkohol für die Politik, nicht mit Inhalten", dann steht es nicht nur kritisch um die Politik - dann muss man sich auch nicht wundern, wenn man von wirklich Politikinteressierten auch nicht gewählt wird.

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