Am Sonntagmittag lud Moderatorin Andrea Kiewel zur neuesten Ausgabe des "ZDF-Fernsehgarten". Man wolle sich jedes Mal neu präsentieren, behauptete Kiewel da und versuchte, dieses Versprechen mit einer Mischung aus Schlager und Darts einzulösen. Das gelang überraschend gut, neu war allerdings nicht alles.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Sonntag 11:58 Uhr. Heute heben wir ab", sagt der Off-Sprecher und schaut am Sonntagmittag wieder ganz genau auf die Uhr, als er den neuesten "ZDF-Fernsehgarten" eröffnet. Was es mit dem Abheben auf sich hat, dafür braucht es allerdings keinen Blick auf die Uhr, sondern einen in die Programmzeitschrift – oder auf den Bildschirm. Denn dort sieht man zwei Helikopter, die über einer riesigen Dartscheibe kreisen. Über die Insassen verrät der Sprecher: "Sie hat Höhenangst, er saß noch nie in einem Helikopter."

Mehr News über TV-Shows

Die beiden Helikopter enthalten nämlich eine Andrea Kiewel und einen Max Hopp, einen erfolgreichen deutschen Dartspieler und das ergibt deshalb Sinn, weil man sich diesmal als Motto "SchlagerDARTEN" ausgesucht hat. "Aber eigentlich war's doch cool", findet die von Höhenangst geplagte Kiewel, als sie aus dem Helikopter steigt, was bedeutet, dass es eigentlich doch nicht so cool war. Aber immerhin konnte sich Kiewel nach dem kurzen Flug noch erholen, denn die Szene war vorab aufgezeichnet.

Jedes Mal ein anderer "Fernsehgarten"

Deshalb kann Kiewel nur Sekunden später auf der Bühne erscheinen und behaupten: "Heute ist der Mainzer Lerchenberg ein bisschen wie Ally Pally." Gemeint ist der Londoner Alexandra Palace, in dem unter anderem jährlich die Darts-Weltmeisterschaft stattfindet. Ob die Stimmung beim "Fernsehgarten" in Mainz ähnlich überdreht ist wie im Ally Pally, darüber kann man streiten, tatsächlich sind sich beide Veranstaltungen aber nicht ganz unähnlich. Bei beiden geht es laut, ausgelassen und wild zu, nur Alkohol dürfte im Ally Pally reichlicher fließen.

Seit diesem Sonntag haben die beiden Events aber noch eine Gemeinsamkeit, denn nur wenig nach Kiewel stößt Max Hopp zu seinem Einlaufsong "Hey Baby" zu Andrea Kiewel. Das konterkariert Kiewels gerade erst getätigte Behauptung, man habe den Anspruch, jedes Mal einen anderen "Fernsehgarten" zu machen, denn wenn es einen Song gibt, den man beim "Fernsehgarten" einmal zu oft gehört hat, dann ist das "Hey Baby" in der Coverversion von DJ Ötzi.

Auch Kiewels zweiter Spruch lässt Zweifel daran, dass sich die einzelnen "Fernsehgärten" wirklich so sehr voneinander unterscheiden. Denn warum man so abwechslungsreich sei, begründet Kiewel mit einem Spruch, den sie mindestens einmal pro Show klopft: "Weil wir's können." Immerhin schiebt sie diesmal noch ein "Und weil wir's wollen" hinterher. In puncto Sprüche, Lautstärke und Musik deutet also noch nicht viel darauf hin, dass der "Fernsehgarten" diesmal seinem eigenen Anspruch gerecht wird, aber da gibt es ja noch Max Hopp und das Darts-Motto und beide sorgen tatsächlich für Abwechslung.

Man wird doch wohl noch "blasen" sagen dürfen

Denn Max Hopp übernimmt die Co-Moderation an Kiewels Seite und da entpuppt sich der Darts-Profi als überraschend talentiert. Er präsentiert sich immer aufmerksam, hat das Programm und die Zeit im Griff und ist gleichzeitig locker genug fürs Spontane, etwa als er bei den Spielen mit den Promis Vincent Gross, Ella Endlich, Sonia Liebing und Benedikt Hafner alias Oimara auf Regeln, Spieler und Unterhaltung achten muss. Was ihm die Sache erleichtert, ist der Umstand, dass man diesmal bei den Spielen selbst wirklich Neues ausprobiert hat.

Mottogetreu spielt man nämlich Blasrohr-Darts, Speed-Darts und Helikopter-Darts, für das Liebing und Gross Sandsäcke aus einem Heli auf die aufgemalte Dartsscheibe werfen. Das erklärt damit auch die Eingangsszene und auch wenn das Helikopter-Darts aus ökologischer Sicht mehr als fragwürdig erscheint, zeigt die "Fernsehgarten"-Redaktion doch, dass man nicht gleich zur nächstbesten Idee gegriffen hat. Nicht ökologisch, sondern sprachlich schwierig findet Kiewel hingegen die Runde Blasrohr-Darts. Hier möchte sie unbedingt das Wort "blasen" vermeiden, denn "diesen Hate in den sogenannten Online-Medien erspare ich uns allen", erklärt Kiewel.

Was auch immer "sogenannte Online-Medien" im Gegensatz zu Online-Medien sein sollen – im sogenannten Fernsehen hätte man sich ein bisschen mehr Souveränität erwartet. Schließlich sagen Teenager-Humor-Kommentare bei X und Co. mehr über deren Verfasser aus, als über denjenigen, der das Wort "blasen" verwendet. Als dann ein wenig später der Zauberkünstler Marc Weide mit ein paar zu vielen Anspielungen immer wieder ein Ei in einem Sack verschwinden lässt, scheint Kiewel hingegen kein Problem mit Teenie-Wortwitzen zu haben und kichert kräftig mit.

Alles neu? Nicht alles

Unterm Strich bleibt vom Darts-Motto aber tatsächlich der Eindruck, dass man sich in dieser "Fernsehgarten"-Ausgabe wirklich an Neues gewagt und mit Max Hopp an Kiewels Seite einen Glücksgriff gelandet hat. Das Darts-Rahmenprogramm komplettiert dann noch ein Content Creator aus dem Nahrungsmittelbereich, der ein Rührei und Käsemakkaroni zwischen zwei Toastscheiben schmeißt. Wenn man mag, kann man das auch unter "jedes Mal was Anderes" einordnen, muss es aber nicht.

Lesen Sie auch

Was für das Darts-Motto gilt, gilt allerdings auch nur für das Darts-Motto. Denn der "ZDF-Fernsehgarten" ist eben der "ZDF-Fernsehgarten" und zu dem gehört in jeder Ausgabe ein musikalisches Remmidemmi. Hier muss es laut sein oder zum Mitklatschen, am besten aber beides. Diese Anforderungen erfüllen die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler auch, nur neu sind sie eben nicht: die Höhner, Nik P., Mountain Crew, Micha von der Rampe, Stereoact mit Lena Marie Engel, NEONLICHT, Rick Arena sowie die bereits bei den Promi-Spielen eingebundenen Ella Endlich, Sonia Liebing, Vincent Gross und Oimara bringen diesmal das Playback zum Glühen.

Ist also wirklich immer alles neu beim "Fernsehgarten", wie Andrea Kiewel behauptet? Natürlich nicht und das muss es ja gar nicht. Schließlich würden sich die Zuschauer die Augen reiben, müssten sie auf Unterhaltung verzichten, die mehr will, als nur erste Impulse, Emotionen und den Wunsch, gedanklich abzuschalten, anzusprechen. Wenn man aber all das wie an diesem Sonntag schafft, ohne allzu sehr unter Niveau zu fliegen, ist doch alles gut.